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Ruhmeshalle Die Fantastischen Vier - Lauschgift

Sie haben den deutschen HipHop in die Charts gebracht und wurden oft dafür belächelt. Mit ihrem vierten Album "Lauschgift" zeigten die Fantas im Jahr 1995, dass sie mehr können als Faxen für Bravo-Leser.

Stand: 17.07.2009 | Archiv

Bandfoto "Die Fantastischen Vier" | Bild: Four Music

Drei Jahre sind vergangen seit "Die Da!". Drei Jahre, in denen sich Die Fantastischen Vier ausprobieren und austoben: Dem Bravo-Hype von 1992 folgt eine über weite Strecken wabernd- psychedelische Platte "Die vierte Dimension", eine gleichnamige, völlig sinnfreie Fernsehshow auf Premiere und ein Crossover-Ausflug als Megavier mit Metalband. Im Herbst 1995 veröffentlichen die Fantas schließlich "Lauschgift", ihr viertes Album. Es ist der größte Schritt nach vorn in der Geschichte der Band.

Smudo, Thomas D und Deejot Hausmarke setzen in ihren Texten auf "Lauschgift" nicht mehr nur auf Albern- und Verschrobenheit. Wo immer es geht, machen sie klar: Die Fantastischen Vier wollen nicht nur spaßige Musik verkaufen sondern auch als Künstler ernst genommen werden. Eine deutliche Ansage an alle Kritiker.

Rödelheim vs. Stuttgart

Mitte der Neunziger ist die deutsche HipHop-Szene noch überschaubar – zumindest für die breitere Öffentlichkeit: Neben den Fantas machen vor allem Advanced Chemistry, die "Zulu-Queen" Cora E. und das Rödelheim Hartreim Projekt auf sich aufmerksam. Mit seinem RHP schickt Moses Pelham auch den ersten prominenten deutschen Diss nach Stuttgart – "spastisch" statt "fantastisch" – und kassiert dafür die direkte Antwort in dem Song "Was Geht":

"Schau zurück Mann, schon ein paar Jahre her
da war das Plattenfach mit Rap in deiner Sprache noch leer
jetzt sag mir wer stand da als erstes drin
wer hatte Recht als er behauptete Vier gewinnt
das waren wir mein Kind und jetzt spitz dein Ohr
und setz dich hin wir singen dir ein Lied vor
über Schweine - denn wir machen Reime um die sie uns beneiden
- und damit auch noch Scheine das können die nicht leiden"

Die Fantastischen Vier - Was Geht

An die Spitze der Charts

Die Fantastischen Vier - Lauschgift (Cover)

"Lauschgift" geht bis auf Platz zwei der deutschen Albumcharts - bis dato unerforschte Gefilde für Rap in Heimatsprache. Die erste Singleauskopplung klettert bis ganz an die Spitze: "Sie ist Weg" ist bis heute die einzige Nummer Eins der Fantastischen Vier. Mit diesem Song schafft es Deejot Hausmarke auch endgültig, die Plattenteller hinten stehen zu lassen und als Michi Beck in einer Reihe neben Smudo und Thomas D zu stehen.

"Sie ist weg" ist wohl der perfekteste Popsong der Fantastischen Vier. Obwohl die Fantas mit "Lauschgift" ein Album abliefern, dass insgesamt HipHop ist: Die Samples und Beats, die And.Ypsilon darauf zusammen verbastelt, klingen noch nicht nach Computer-Hochglanz-Studio, wie bei den folgenden Fanta-Platten, sondern nach echten Hardware-Samplegerätschaften. Der Ritterschlag für die Fantastischen Vier kommt auf "Lauschgift" vom "Godfather of Noise" Razehl. Das ehemalige Mitglied der Roots spendiert für "Immer Locker Bleiben" die Beat-Box.

Aushängeschild für den deutschen HipHop

Nach einer ausgedehnten "Lauschgift"-Tour mit Liveband machen die Fantastischen Vier erst mal Pause. Jeder schraubt an seinem eigenen Soloprojekt. Aber gemeinsames Business wird weiter betrieben: Mit "Four Music" entsteht ein eigenes Label. Bis zum nächsten Fanta 4-Album verpassen dann schon Bands wie Fettes Brot, Die Absoluten Beginner und Blumentopf der deutschen HipHop-Szene ein anderes Gesicht. Bis heute ist "Lauschgift" unterm Strich das beste Album der Fantastischen Vier, 1995 war es das prominente Aushängeschild für den deutschen HipHop.


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