Ungarische Neonazis in Bayern Was ihr über "Blood and Honour" wissen müsst
Ungarische Neonazis planen gerade eine Tour mit dem Bus durch Bayern. Aber was ist das für eine Gruppe und warum kann man denen die Einreise nicht einfach verweigern? Wir haben den Rechtsextremismus-Experten Thies Marsen gefragt.
Eine Gruppe ungarischer Neonazis, die zu dem verbotenen internationalen Neonazi-Netzwerk "Blood and Honor" gehören, machen gerade eine "Bildungsreise" der besonders gruseligen Art mit einem Reisebus durch Bayern. Die Gruppe ist in Österreich gestartet, hat in Hitlers Geburtsort Braunau übernachtet und will auch in Bayern auf den Spuren der Nazis unterwegs sein - inkl. Obersalzberg und Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Thies Marsen, der Rechtsextremismus-Experte des Bayerischen Rundfunks, erklärt, was das für Typen sind.
Was ist das für eine Gruppe?
Thies Marsen: Das ist eine Gruppe, die in den 80er Jahren in England gegründet wurde. Der Name "Blood and Honour" - also Blut und Ehre - ist eine Parole, die die Gruppe von Nazis übernommen hat. Ihren Ursprung hat sie in der Punkszene bei der Band Screwdriver. Die hat sich in die rechte Ecke bewegt und nach einem Streit innerhalb der Gruppe hat der Sänger der Band "Screw Driver" Ian Stuart Donaldson dann "Blood and Honour" gegründet, explizit als Musik- und Propagandanetzwerk.
Dieses Netzwerk hat sich dann sehr schnell erweitert und radikalisiert - und auf die ganze Welt ausgeweitet. In Ungarn sind "Blood and Honour" relativ stark, weil sie dort weitgehend frei agieren können. Sie können zum Beispiel Konzerte veranstalten, obwohl sie eigentlich verboten sind. Vor einigen Jahren war ich vor Ort und hab mir Veranstaltungen in Budapest einmal angesehen - da waren schon einige hundert Leute da.
Gibt es "Blood and Honour" auch in Deutschland?
Offiziell nicht mehr, denn seit 2000 ist die Organisation verboten. Aber wir wissen, dass damit weder die Einzelpersonen noch die Netzwerke und Verbindungen weg sind. Im gleichen Jahr hat die Gruppe auch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) unterstützt. Wir wissen, dass in Chemnitz, im Umfeld von "Blood and Honour", die drei Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe untergetaucht sind. Die Aktivisten haben ihnen zum Beispiel Wohnungen organisiert, wollten ihnen Waffen und Sprengstoff besorgen und haben auf Neonazi-Konzerten Geld gesammelt. Wir wissen, dass in Bayern nach dem Verbot noch "Blood and Honour"-Konzerte stattgefunden haben, veranstaltet von dem Münchner Neonazi-Anführer Norman Bordin.
Angeblich sind nur sieben Neonazis aus Ungarn bei der Bustour dabei - könnte man denen nicht einfach die Einreise verbieten - oder zumindest den Zugang zu den Nazi-Orten?
Es gibt solche Forderungen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter hat im Namen der SPD-Landtagsfraktion eine solche an das bayerische Innenministerium gestellt. Dort sagt man aber: Ungarn gehört zur EU und hat das Schengen-Abkommen unterzeichnet, deswegen sei das rechtlich schwierig. Ich gehe allerdings davon aus: Wenn man wollte, dann könnte man das schon. Das haben wir schon öfter gesehen, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel in Elmau.
Werden die hier von bayerischen Neonazis unterstützt?
Da kann man nur mutmaßen. Sicher ist: Es gibt ganz enge Beziehungen zwischen bayerischen Neonazis und "Blood and Honour" in Ungarn. Jedes Jahr im Februar treffen sich "Blood and Honour"-Leute aus ganz Europa in Budapest, um dort einen gemeinsamen Gedenktag an die letzten Tage des zweiten Weltkriegs zu begehen. Da sind immer bayerische Neonazis dabei. Es gibt auch auf der ungarischen Homepage einen Link zur deutschen Rechts-Partei "Der Dritte Weg".
Gibt es auch Aktionen gegen die Bustour?
In Wien gab es schon Gegendemonstrationen. In Nürnberg wird noch vor dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände und vor dem Memorium Nürnberger Prozesse, also dort, wo die Hauptkriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg verurteilt worden sind, demonstriert. Auch in München gibt es Demos gegen die angekündigte Demonstration des Dritten Wegs. In Landshut wollen die Neonazis wohl eine Kirche besuchen, weil dort ein Buntglasfenster ist, auf dem Hitler, Göring und Göbbels als Folterknechte dargestellt sind. Doch es heißt, dass der Pfarrer die Kirche zu diesem Zeitpunkt einfach zusperren möchte.