Interview zum Welterschöpfungstag Dem Raumschiff Erde gehen die Vorräte aus
Das war's: Für dieses Jahr haben wir die weltweiten Ressourcen der Natur aufgebraucht, bis Jahresende leben wir quasi auf Pump. Wolfgang Pekny von Footprint-consult e.U erklärt, ab wann uns die Natur keinen Kredit mehr geben wird.
PULS: Herr Pekny, erklären Sie uns bitte mal den Welterschöpfungstag. Müssen wir uns Sorgen machen?
Wolfgang Pekny: Das ist nicht das Ende der Welt, da braucht man keine Angst zu haben. Die Welt gibt’s zum Glück noch. Stellen wir uns die Welt als Raumschiff vor. In dem Raumschiff gäbe es Maschinen, die immer wieder ein bisschen was erzeugen und einen Garten, wo immer wieder etwas wächst und Sauerstoff regeneriert wird. Und alles, was uns dieses Raumschiff in einem Jahr bereitstellen kann – an Material, an Säuberung von Luft, an Sauerstoff – all das haben wir am 8. August schon aufgebraucht.
Aber wir leben ja trotzdem so weiter – auch nach dem 8. August.
Zum Glück gibt es ja noch Vorräte. In einem Raumschiff wären das Sauerstoffflaschen, Wassertanks und Tiefkühltruhen voll mit Nahrung. Nachhaltig ist das aber nicht. Ich kann nicht ständig von Vorräten leben.
Das heißt also, wir leben den Rest des Jahres über sozusagen auf ökologischem Kredit.
Nur wenn man’s über das Jahr rechnet. In Wirklichkeit leben wir als Menschheit schon seit den siebziger Jahren auf ökologischem Kredit, weil wir ja bisher noch nie etwas zurückgezahlt haben. Seit damals haben wir – grob hochgerechnet – ungefähr zehn Jahre an Naturleistung der Erde entzogen, die wir nicht zurückgegeben haben. Das heißt, wir müssten jetzt theoretisch zehn Jahre nichts mehr aus der Natur entnehmen, dass sie sich wieder erholt. Das geht natürlich nicht, weil wir ja etwas essen müssen. Wenn wir aber vier Prozent pro Jahr weniger verbrauchen, dann könnten wir’s bis zur Mitte des Jahrhunderts schaffen.
Und wenn wir jetzt nicht anfangen, weniger zu verbrauchen: Wie lange gibt uns die Natur noch Kredit?
Unsere Natur ist ein gutmütiger Kreditgeber, gutmütiger, als man vermuten würde. Das Ökosystem hält schon einiges aus. Aber das ist für uns keine Ausrede. Denn wenn die Trends so weitergehen, hätten wir um das Jahr 2050 herum schon über 30 Jahre ökologische Schuld angehäuft. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Ökosystem so viel aushalten kann. Das heißt für uns: In etwa der Mitte des Jahrhunderts muss der Trend umgekehrt sein.
Jetzt verbraucht ja nicht jedes Land gleich viel. Wo stehen wir denn im Erschöpfungskalender?
Für Österreich – und Bayern kann man mit Österreich gleichsetzen – waren schon am 17. April dieses Jahres alle Ressourcen dieses Jahres aufgebraucht. Also alle Ressourcen, die dem Österreicher fairerweise global zugestanden wären.
Was meinen Sie mit "fairerweise"?
Dass der Welterschöpfungstag "erst" auf den 8. August fällt, verdanken wir den vielen Armen auf der Welt, weil die ja noch gar nichts oder sehr wenig nutzen. Auch wenn die das natürlich nicht freiwillig machen. Milliarden Menschen leben gegenwärtig mit einem Fußabdruck, der kleiner ist, als ihnen rechnerisch zustünde. Und nur deshalb kann uns im reichen Europa mehr bleiben. Jetzt kann man das aber auch umdrehen und sagen: Wir nehmen es denen weg. Wir leben auf Kosten anderer.
Was können wir tun, um Ressourcen zu sparen?
Wir haben dafür die fünf Fs, oder auch Fünf-Finger-Regel entwickelt. Das erste F: weniger Fliegen. Schon ein Flug nach Amerika haut dir deine Ökobilanz zusammen – da kannst du noch so viel Mülltrennen oder Recyclingpapier verwenden. So einen Flug kannst du ressourcentechnisch nicht mehr einsparen. Dann Fleisch und tierische Produkte deutlich reduzieren. Es reicht schon, so zu essen wie unsere Großeltern - also nur einmal in der Woche ein Stück Fleisch. Ein weiterer Punkt ist: Weniger mit dem Auto fahren. Das vierte F ist eine kleine Eselsbrücke: Wohnen wie im Fass. Das heißt gut isoliert, aber auch kleiner. Und: Schon die Studierenden in den Wohngemeinschaften nutzen eine Waschmaschine gemeinsam, weil das Ressourcen spart. Als fünften Punkt sehe ich die Freude: Die Freude an einem zukunftsfähigen Lebensstil. Das Wissen darüber: Ich lebe weniger auf Kosten anderer.