Interview mit Heimatforscherin Simone Egger Wie rechte Gruppen den Heimathype für ihre Zwecke nutzen
Mundart-Rap, Dialekt-Comedians, Provinzkrimis: Heimat ist hip. Das machen sich auch rechte Gruppen wie die Identitäre Bewegung zunutze. Und dann wird es gefährlich. Kulturwissenschaftlerin Dr. Simone Egger erklärt, wie sie den Heimatbegriff für sich nutzen.
PULS: Heimatliebe ist ja erstmal nichts Problematisches. Wenn rechte Gruppen von Heimat sprechen - reden die dann anders darüber?
Simone Egger: Rechte Gruppierungen setzen Heimat mit einer ganz bestimmten Region oder Nation gleich. Damit hat Heimat dann auf einmal eine Grenze. Und Heimat ist gleich Kultur. Kultur ist aber als etwas, das immer in Bewegung ist. Wir handeln zum Beispiel aus, was wir zu Mittag essen. Vor 30 Jahren war es topmodern, Chinesisch essen zu gehen. Heute essen alle Thailändisch. Das sind kulturelle Elemente, die sich entwickeln.
Durch die Flüchtlinge, die nach Deutschland gekommen sind, steigt bei manchen Leuten die Angst vor "Überfremdung" - dass also die eigene Kultur verloren gehen könnte, wenn viele Leute aus anderen Ländern dazukommen. Was ist dran an dieser Angst?
Wenn es keine Mobilität gäbe, würde hier in Deutschland oder in Bayern überhaupt keiner leben, weil dann hätte sich niemals jemand vom afrikanischen Kontinent aufgemacht, das ist relativ einfach (lacht). Menschen waren auch im 19. Jahrhundert in Bewegung und auch schon davor.
Würden sie sagen, dass es so etwas wie einen gesunden und einen ungesunden Umgang mit Heimat gibt? Und ab wann wird's ungesund?
Ein extrem unwohles Gefühl überkommt mich, wenn man die Heimat als Bollwerk benutzt. Wenn man mit der Heimat oder der Rede von der Heimat Ängste weckt und schürt und die Heimat im Sinne eines Abwehrmechanismusses und eines Ausschlusses begreift. Das finde ich extrem ungesund. Und es wird auch künftig zu nichts führen, außer dass die Leute noch verrückter und noch panischer werden.
Warum eignet sich "Heimat" denn so gut, um Politik zu machen? Warum reden rechte Gruppen so gerne von Heimat?
Heimat funktioniert auf einer sehr emotionalen Ebene. Der Begriff kommt erstmal ganz hip, ganz locker und unbedarft daher - das ist ja das Ergebnis der letzten zehn bis fünfzehn Jahre. Wenn ich also Böses will, kann ich da ganz gut anknüpfen und die Menschen auch ganz tief innen treffen und ganz tief innen Ängste wecken.
Man könnte ja auch umgekehrt argumentieren und sagen: Wenn ich so viel Heimat habe wie in Bayern und ich mich so sicher und so gut fühle, dann kann ich mich auch großzügig öffnen und diese Heimat mit anderen teilen. Und das ist ja auch sehr häufig passiert im letzten Jahr.