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"Plug-in"-Hybridautos Mogelpackung für das Klima

Hybridautos haben zwei Antriebe an Bord: Einen klassischen Verbrennungsmotor und einen Elektromotor mit Batterie. Der Akku wird an der Steckdose geladen. Für die Deutsche Automobil-Industrie gelten die Plug-in-Hybride als Ideale, klimafreundliche Übergangstechnik zur reinen E-Mobilität. Doch wenn man genau hinsieht, erweisen sich viele der Zwitter-Autos als gar nicht so klimafreundlich, wie zuerst gedacht.

Von: Christian Schaaf | Onlinefassung: René Gröger

Stand: 06.12.2019

Ein elektrisch angetriebener BMW i3 lädt am Abend an einer Ladesäule in der Innenstadt von Leipzig (Sachsen).  | Bild: picture-alliance/dpa

Viele Autobauer preisen ihre sogenannten Plug-in-Hybrid Modelle derzeit besonders an. Als "aufregend" und "dynamisch" wird die Technologie, die zwei Kräfte vereint, beworben. Die Message: Keine Angst beim E-Autokauf vor zu wenig Reichweite oder zu wenig Fahrspaß. Denn unter der Haube steckt auch noch ein herkömmlicher Benzinmotor. Das verspricht Power beim Fahren und gleichzeitig kann man etwas fürs Klima tun. Verlockend sind da auch die Verbrauchsangaben der Werbung: Nur ein bis zweieinhalb Liter Benzin pro hundert Kilometer sollen große Plug-in-Fahrzeuge verbrauchen. Und das bei einem Leergewicht um die zwei Tonnen.

Der Idealverbrauch wird nur selten erreicht

Die Akkus der Plug-in-Hybride müssen häufig geladen werden. Noch gibt es nicht flächendeckend Stationen dafür.

"Die Plug-in-Hybridfahrzeuge sind mit zwei Litern zu fahren, wenn man alle zwanzig oder alle dreißig Kilometer an die Steckdose fährt. Solange man vermeidet, dass das Fahrzeug in den Verbrenner-Modus geht, schafft man auch diese Verbrauchswerte. Aber die Realität sieht anders aus.", sagt der Verkehrsexperte des BUND Jens Hilgenberg und benennt das Problem der Plug-in-Hybride: Wenn deren Akku nicht ständig aufgeladen wird, muss der bordeigene Benzinmotor wesentlich mehr Arbeit leisten. So steigt der Verbrauch deutlich an. Automobilexperte Prof. Stefan Bratzel hält deshalb Angaben von zwei Litern Sprit pro hundert Kilometer für Phantasiewerte: "Wir haben eine Diskrepanz um das Zwei- oder Dreifache, das ein Plug-In-Hybrid mehr verbraucht als das, was auf dem Papier steht."

Hohe Prämien für die Hybriden

Besonders als Firmenwagen sind Plug-in-Hybride derzeit besonders gefragt. Denn sie sind stark steuerbegünstigt und bei der Anschaffung wird die kürzlich erhöhte E-Auto-Prämie von künftig 4500 Euro gleich mitgenommen. Ob die Fahrzeuge dann aber auch regelmäßig eine Steckdose sehen, kontrolliert niemand. Viele Firmen versorgen ihre Dienstwagenfahrer außerdem mit Tankkarten. Sprit an der Tankstelle ist also für sie oft kostenlos, der Strom fürs Aufladen in der heimischen Garage kostet dagegen. Nicht zuletzt wegen solcher Fehl-Anreize fahren viele Plug-In Hybride fast ausschließlich mit dem Verbrennungsmotor herum und stoßen so mehr CO2 aus, als herkömmliche Diesel- oder Benzinautos.

"Wir haben eine Diskrepanz um das Zwei- oder Dreifache, das ein Plug-In-Hybrid mehr verbraucht als das, was auf dem Papier steht."

Stefan Bratzel

Andere EU-Länder haben Prämien gestrichen

Autoexperte Stefan Bratzel ist deshalb dafür, die steuerliche Förderung von Plug-in-Hybriden in Frage zu stellen. Großbritannien und die Niederlande haben den Autos schon den Stecker gezogen. Hier gibt es keine Förderung mehr: "Das bedeutet, dass eine Förderung nur dann Sinn macht, wenn sie wirklich einen Klimabeitrag bringen und nicht nur auf dem Papier. Deshalb plädiere ich dafür, dass die steuerrechtlichen Förderungen angepasst werden, sonst hat das Klima überhaupt nichts davon und der Steuerzahler zahlt die Zeche."

Maßnahmen gegen zu hohen CO2-Ausstoß

Als Anreiz für den Kauf von Hybrid- und E-Fahrzeugen, gibt es hohe Prämien. So soll der CO2-Ausstroß verringert werden.

Es gibt noch einen Grund, warum die Autobauer gerade besonders gerne Plug-in-Hybride verkaufen: Ab 2021 darf der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Auto nur noch bei 95 Gramm pro hundert Kilometer liegen. Große SUVs, die Verkaufsschlager der deutschen Premiumhersteller, liegen alle deutlich darüber. Es drohen empfindliche Strafen von Seiten der EU. Die auf dem Papier so sparsamen Plug-in Hybride sollen helfen, den Emission-Durchschnitt pro Auto zu senken und die Strafen zu umgehen. Für den Verkehrsexperten Jens Hilgenberg vom BUND ein durchschaubares, brenzliges Spiel: "2021 müssen Strafzahlungen gezahlt werden, wenn man diese 95 Gramm überschreitet. Und um die zu vermeiden und die deutschen Konzerne zu schützen, werden Plug-in-Hybride und elektrische Fahrzeuge massiv gefördert."

EU fordert Reduzierung des CO2-Ausstoßes

Für EU-Staaten gibt es verbindliche Reduktionsziele für CO2-Emissionen. In insgesamt sechs Sektoren, darunter Verkehr, schreibt das Umweltministerium vor, wie viel Treibhausgase bis 2030 eingespart werden müssen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer muss dafür sorgen, dass im kommenden Jahrzehnt rund 50 Millionen Tonnen Klimagase eingespart werden. Das entspricht einer Senkung des CO2-Ausstoßes von 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990. Wenn die aktuellen Klimaschutzziele nicht erreicht werden, können Strafzahlungen an die EU fällig werden: Laut einer Studie im Auftrag von Greenpeace könnten auf die Steuerzahler Kosten von bis zu 36 Milliarden Euro zukommen. Um das zu verhindern, werden Anreize für die Verbraucher geschaffen, wie etwa Prämien beim Kauf von klimafeundlicheren E-Autos.


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