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Impfen Welcher Schutz ist sinnvoll?

Es ist ein immer wieder engagiert diskutiertes Thema: Wer sollte sich wann wogegen impfen lassen? Die Zahl derjenigen wächst, die (zumindest einige) Impfungen kritisch betrachten. Tatsächlich kann man im unübersichtlichen Dschungel der Impf-Möglichkeiten schon mal unsicher werden und den Überblick verlieren. Hier ist der Überblick.

Stand: 21.03.2022

Ein Arzt impft eine Person gegen Grippe. | Bild: picture-alliance/dpa

Wer sollte sich wann wogegen impfen lassen? Die Zahl derjenigen wächst, die (zumindest einige) Impfungen kritisch betrachten.

Experte:

Prof. Jörg Schelling, Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Ärztlicher Leiter einer Gemeinschaftspraxis, ehemaliger Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Klinikum der Universität München und Mitglied der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen.

Tatsächlich kann man im unübersichtlichen Dschungel der Impf-Möglichkeiten schon mal unsicher werden und den Überblick verlieren. Deshalb sollte man sich auch möglichst frühzeitig informieren, welcher Schutz in welcher Lebenssituation besonders wichtig ist. Das gilt speziell im Kindesalter. Denn auch Kinderkrankheiten sind durchaus nicht immer harmlos, und allzu große Nachlässigkeit kann hier schwerwiegende Konsequenzen haben!

Der Text beruht auf einem Gespräch mit Prof. Jörg Schelling, ehemaliger Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der LMU München und Mitglied der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen.

Beim Impfen werden Teile eines Krankheitserregers bzw. abgeschwächte oder abgetötete Erreger in den Körper gegeben. Unser Immunsystem erkennt dann diese Erreger und bildet Antikörper gegen sie.

Trifft der Körper dann später auf den wirklichen Erreger, kann unsere Immunabwehr entsprechend reagieren und ihn abtöten. Die Krankheit bricht dann entweder nicht aus oder verläuft zumindest sehr viel schwächer.

Warum Impfen nötig ist

Natürlich könnte unser Körper diesen 'Lernprozess' auch vollziehen, indem er die Erkrankung durchmacht. Da Krankheiten, gegen die geimpft wird, aber häufig sehr schwer verlaufen, heftige Folgeschäden verursachen oder gar tödlich enden können, ist das ein sehr riskanter Weg.

Der Impfpass

Jeder sollte von frühester Kindheit an einen Impfpass besitzen. Auf den vorderen Seiten dieses Dokumentes finden sich in der Regel international relevante Impfungen wie etwa Gelbfieber oder Pocken. Weiter hinten stehen dann in modernen Impfpässen alle Impfungen, die im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter durchgeführt wurden. Alle empfohlenen Impfungen sind bereits vorgegeben und müssen quasi nur noch abgehakt werden, nachdem sie durchgeführt wurden. So sollte der Impfpass möglichst lückenlos den Impfstatus eines Menschen dokumentieren. Das kann insbesondere auch bei Antritt einer Reise oder einer neuen Arbeitsstelle von Bedeutung sein. In absehbarer Zukunft soll ein elektronischer Impfpass (e-Impfpass) das Dokument aus Papier ersetzen.

Der Beginn der Impfhistorie

Die Impfhistorie eines Menschen beginnt bereits im Säuglingsalter. Die ersten Impfungen werden im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen mit etwa acht Wochen durchgeführt. Gerade in diesem frühen Lebensalter sollte auch ein relativ strikter Zeitplan eingehalten werden, damit das kindliche Immunsystem möglichst optimal reagieren kann.

Die erste Impfung im Leben eines Menschen ist in der Regel die sogenannte 'Sechsfach-Impfung' im Alter von etwa zwei Monaten. Mit dieser Kombinationsimpfung werden sechs Krankheitsbilder gleichzeitig abgedeckt: Tetanus (Wundstarrkrampf), Diphterie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B (Gelbsucht) und Hämophilus Influenza B (verursacht die lebensbedrohliche Kehldeckelentzündung). Zusätzlich werden die Kinder in diesem Alter noch gegen Pneumokokken geimpft. Sie lösen neben Lungenentzündungen auch Hirnhautentzündungen und schwere Mittelohrentzündungen aus.

Weitere Impfungen im Kleinkindalter

Nach und nach folgen dann Impfungen etwa gegen den Rotavirus (schwerer Magen-Darm-Erreger, sollte ebenfalls zeitnah als Schluckimpfung gegeben werden) oder gegen Meningokokken (Auslöser der Hirnhautentzündung). Mit etwa einem Jahr kommen dann die Impfungen gegen die klassischen Kinderkrankheiten (Masern, Mumps, Röteln, Windpocken) dazu. Mit ca. zwei Jahren ist dann der größte Teil der Impfarbeit abgeschlossen.

Manche Eltern sorgen sich, sie könnten ihrem Kind schaden, wenn sie es in einer einzigen Spritze gleich gegen mehrere Erkrankungen impfen lassen. Aber das Verfahren hat ganz entscheidende Vorteile: Erstens bedeutet eine Spritze immer weniger Stress und Aufregung für Eltern und Kind als mehrere. Zweitens wird dadurch auch die Gefahr lokaler Irritationen (Rötung, Schwellung, leichte Entzündung) durch die Injektion verringert. Das Wichtigste aber ist: Studien belegen, dass Mehrfachimpfungen das kindliche Immunsystem NICHT übermäßig belasten, sondern sogar deutlich weniger als der normale Kontakte mit anderen Menschen (etwa in der U-Bahn).

Impfungen bei Schulkindern

Im Kindergartenalter, aber spätestens bei der Einschulungs-Untersuchung werden dann in der Regel die Impfungen nochmal aufgefrischt bzw. fehlende Impfungen entsprechend nachgeholt. Zusätzlich werden noch Impfungen durchgeführt, die vor allem lokal wichtig sind. In Bayern ist das etwa die Frühsommer-Meningoenzephalitis (Hirnhautentzündung durch Zecken). Mit der Volljährigkeit sollte dann der Impfstatus erneut überprüft werden.

Ab etwa neun Jahren können Kinder und Jugendliche auch gegen die humanen Papillomviren geimpft werden. Sie verursachen Gebärmutterhalskrebs, aber auch andere Krebsarten im Anal- und Halsbereich. Seit Juni 2018 empfiehlt die Ständige Impfkommission die Impfung auch für Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren. Gefordert haben Experten das schon lange. Auch bis zum 18.Geburtstag (und teilweise darüber hinaus) wird die Impfung noch als Nachholimpfung übernommen.

"Denn meist sind die Jungen die Überträger dieser Viren. Sie sitzen in der Schleimhaut des Penis und werden dann durch Geschlechtsverkehr übertragen – nicht einmal Kondome bieten hier vollständigen Schutz. Außerdem können sich auch Männer über Analverkehr infizieren."

Prof. Jörg Schelling, ehemaliger Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der LMU München und Mitglied der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen

Schwere Nebenwirkungen der HPV-Impfung?

"Einzelfallberichte und eine umstrittene Studie zur HPV-Impfung, die in Japan für Aufsehen sorgte aber inzwischen zurückgezogen wurde, stellten mögliche schwere Nebenwirkungen der HPV-Impfung in den Raum. Sicherlich müssen jede Impfung und jedes Medikament und die möglichen Nebenwirkungen auch nach der Zulassung beobachtet werden, und grundsätzlich ist kritische Aufmerksamkeit nicht zu beanstanden. Die genannten Nebenwirkungen und Berichte sind jedoch so nicht nachvollziehbar und stellen die grundsätzliche Sinnhaftigkeit dieser Impfung nicht in Frage."

Prof. Jörg Schelling

Im Erwachsenenalter nimmt die Zahl der nötigen Impfungen deutlich ab. Auf jeden Fall sichergestellt sein sollte aber, dass der Schutz gegen die klassischen Kinderkrankheiten (Masern, Mumps, Röteln, Windpocken) gegeben ist, entweder durch zwei dokumentierte Impfungen oder dadurch, dass die Erkrankung als Kind durchgemacht wurde.

Ist dies nicht der Fall, sollte zumindest der Schutz gegen Masern nachgeholt werden. Junge Frauen sollten zudem auch unbedingt gegen Röteln und Windpocken geschützt sein, da eine Infektion in der Schwangerschaft katastrophale Folgen für Mutter und Kind haben kann. Neu seit 2020 ist die Impfung gegen Keuchhusten in der Schwangerschaft. Gegen Influenza (Grippe) wird schon seit 2010 bei Schwangeren ab dem 2. Trimenon geimpft.

Impfungen regelmäßig auffrischen

Auch die Impfungen gegen Tetanus, Diphterie und Keuchhusten sollten bei Erwachsenen regelmäßig (alle zehn Jahre) aufgefrischt werden. Ebenso die Impfungen gegen Kinderlähmung, falls sie noch nicht vollständig durchgeführt wurden. Hinzukommen können Impfungen aufgrund beruflicher Risiken (z.B. Hepatitis) und Reiseimpfungen.

Durch eine Impfung während der Schwangerschaft kommt es zur Bildung von Antikörpern, die sowohl die werdende Mutter als auch das Neugeborene vor dieser Krankheit schützen. Säuglinge sind besonders gefährdet. Bei ihnen kann eine Infektion zu Apnoen (Atemstillstand), Pneumonien (Lungenentzündungen), Otitiden (Ohrenentzündungen), Enzephalopathien (Funktionsstörungen des Gehirns) und auch zu Lungenhochdruck führen. Eine Impfung bei Säuglingen ist erst ab dem Alter von zwei Monaten möglich und erst nach zwei bis drei Impfstoffdosen wird ein ausreichender Schutz aufgebaut. Ein Nestschutz für den Säugling in den ersten Lebensmonaten durch eine Übertragung von mütterlichen Antikörpern vor der Geburt ist sehr unwahrscheinlich. Eine Impfung während der Schwangerschaft führt dagegen zu hohen Antikörperkonzentrationen bei der werdenden Mutter und dem Neugeborenen. Um ihr neugeborenes Kind in den ersten Lebensmonaten zuverlässig zu schützen, sollen schwangere Frauen sich möglichst früh im dritten Trimenon gegen Keuchhusten impfen lassen.

Seit 2021 gibt es verschiedene Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus. Mit der Impfung soll die Corona-Pandemie möglichst schnell beendet werden. Einen Überblick über die einzelnen Impfstoffe gegen SARS-CoV-2, die in Deutschland zugelassen sind, finden Sie auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts.

Auffrischungen der Corona-Impfung

Um einen möglichst effektiven Impfschutz zu erhalten, muss nach derzeitigem Stand die Corona-Impfung mindestens zwei Mal aufgefrischt werden (bei der dritten Impfung spricht man vom "Booster"). Seit Mitte Februar eine zweite Auffrischimpfung (also insgesamt vierte Impfung) für folgende Personengruppen empfohlen:

  • Menschen ab einem Alter von 70 Jahren
  • Bewohner und Betreute in Pflegeeinrichtungen und Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe
  • Menschen mit einer Immundefizienz ab 5 Jahren
  • Tätige über 16 Jahre in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen, insbesondere solche mit direktem Patienten- bzw. Bewohnerkontakt

Die zweite Auffrischimpfung sollte dabei in der Regel mit einem mRNA-Impfstoff erfolgen - einer, der bereits beim Aufbau des Grundschutzes (die ersten zwei Impfungen) oder der ersten Auffrischimpfung zum Einsatz kam.

Bei über 70-Jährigen, Menschen in Pflegeeinrichtungen und solchen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf sollte die zweite Auffrischimpfung frühestens drei Monate nach der ersten erfolgen. Bei Mitarbeitenden in der Pflege und im medizinischen Bereich frühestens nach sechs Monaten, weil davon ausgegangen wird, dass der Immunschutz bei gesunden Menschen länger anhält. In Ausnahmefällen kann der Abstand hier aber auch auf drei Monate verkürzt werden.

Gerade in der sogenannten Omikron-Welle haben sich viele Menschen mit Corona infiziert, die bereits den vollen Grundschutz, also zwei Impfdosen, oder sogar geboostert waren, also bereits drei Impfungen bekommen haben. Für solche - auch aus den oben genannten Gruppen - wird derzeit keine zweite Auffrischimpfung empfohlen, wenn sie vor der Erkrankung bereits die erste Booster-Impfung bekommen haben.

Warum ist eine vierte Impfung gegen Covid-19 notwendig?

Die STIKO begründet ihre Empfehlung damit, dass aktuelle Daten einen schwindenden Infektionsschutz nach der ersten Auffrischimpfung gegen die Omikron-Variante innerhalb weniger Monate zeigten. Das sei besonders für Menschen ab 70 Jahren und Menschen mit Immunschwäche, die am gefährdetsten für einen schweren Verlauf bei einer Infektion seien, ein Risiko.

Der zweite Booster solle nun den Schutz verbessern. Zwar schützt der erste Booster sehr gut vor schweren Verläufen und dem Tod generell, eine zweiter Booster-Impfung könne die Immunreaktion aber nochmal breiter machen. Einen hundertprozentigen Schutz bietet keine der Auffrischimpfungen.

Ab etwa dem sechzigsten Lebensjahr wird dann auch die Impfung gegen Pneumokokken (Erreger der Lungenentzündung) wieder als Standardimpfung relevant. Hinzukommen sollte dann auch noch die regelmäßige Grippeimpfung und die Impfung gegen Herpes Zoster (Gürtelrose).

In Bayern ist die Grippeimpfung eine sogenannte 'Satzungsimpfung', d.h. jeder kann sich in jedem Lebensalter kostenlos impfen lassen. Und jeder, der regelmäßig in Kontakt mit vielen Menschen – gerade mit Risikogruppen - kommt und andere anstecken könnte (etwa Ärzte oder Pflegepersonal), sollte dies unbedingt tun. Auf jeden Fall gegen Grippe geimpft sein sollten auch ältere Menschen etwa ab 60 und chronisch Kranke (Diabetes, chronische Bronchitis, Herzerkrankungen), da sich ihre Grunderkrankung sonst rapide verschlechtern könnte.

Gürtelrose (medizinisch Herpes Zoster) ist eine Erkrankung der Haut, die sich in der Regel durch eine Rötung äußert, innerhalb der sich Bläschen bilden. Auslöser für Herpes Zoster ist das Varizella-Zoster-Virus, das auch die Windpocken hervorruft. Die Gürtelrose kann nur ausbrechen, wenn man als Kind an den Windpocken erkrankt ist oder eine Windpocken-Impfung erhalten hat. Dann ist das Risiko allerdings um ein Vielfaches geringer.

Die Impfung wird als Standardimpfung ab dem 60. Lebensjahr (wie Influenza und Pneumokokken) empfohlen. Sie kann auch mit der Influenzaimpfung parallel verabreicht werden. Bei bestimmten Grunderkrankungen (z.B. Immunschwäche oder Diabetes) kann sie bereits ab dem 50. Lebensjahr verwendet werden. Die Krankenkassen erstatten in beiden Fällen.

Der Impfstoff gegen die Gürtelrose, der jetzt vorliegt, ist ein sog. Totimpfstoff. Das bedeutet, dass die Impfreaktionen, wie z.B. Abgeschlagenheit oder sogar Fieber weitaus seltener auftreten, als das beim Lebensimpfstoff, der bislang verwendet wurde, der Fall war.
Auch bei den Inhaltsstoffen gibt es eine Neuerung. Um die Wirkung des eigentlichen Impfstoffes zu verstärken werden sog. Adjuvantien verwendet, wie z.B. Aluminium (Quecksilber kommt nicht mehr vor). Das Adjuvans im Gürtelroseimpfstoff setzt sich aus einem Bestandteil der Zellwände eines Salmonellenbakteriums und aus der Rinde des südamerikanischen Seifenrindenbaumes zusammen. Somit werden keine möglicherweise schädlichen Metalle verwendet.

Auch die Zeckenschutzimpfung ist in Bayern eine Satzungsimpfung. Aktive Menschen, die viel unterwegs sind, reisen und in die Natur gehen, sollten diese Impfung in jedem Fall haben. Denn auch wer außerhalb der Risikogebiete lebt (etwa um München herum), kann ja dennoch jederzeit in eines fahren.

Wer eine Fernreise macht, sollte sich vorher gut informieren und ausführlich beraten lassen, welche Impfungen er braucht. Das hängt nämlich nicht nur vom Zielland ab, sondern auch z.B. von Vorerkrankungen, die man hat oder von Medikamenten, die man einnehmen muss. Für die meisten Länder sind Impfungen gegen Hepatitis A und B Standard, für viele Gebiete braucht man auch eine Gelbfieberimpfung (muss von speziellen Impfstellen gemacht werden). Auch die Standardimpfungen sollten vor einer längeren Reise aufgefrischt werden. All das kann vom Hausarzt gemacht werden, sofern dieser eine reisemedizinische Zusatzausbildung hat.

Exotische Ziele

Wer unter sehr einfachen Bedingungen (Rucksacktourismus) reist, sollte sich auch gegen Cholera, Typhus und gegebenenfalls Tollwut (speziell Südostasien und Indien) schützen. Für längere Reisen nach Südostasien ist eine Impfung gegen die Japanische Enzephalitis (Hirnhautentzündung) zu empfehlen. In Zukunft wird es wohl auch Impfungen gegen Dengue-Fieber und Chikungunya geben.

Wer zum Impfen geht, sollte gesund sein, sich wohlfühlen und vielleicht nicht für die nächsten Tage größere sportliche Wettkämpfe planen. Im Prinzip kann aber jeder, der nicht gerade einen schweren Infekt mit mehr als 38,5 Grad Fieber und entsprechenden Begleitsymptomen hat, eine Impfung durchführen lassen.

Liegt nur ein leichter Infekt vor und die Impfung muss nicht unbedingt gemacht werden, kann sie auch sicherheitshalber verschoben werden. Ist die Impfung dringend notwendig (etwa weil eine Reise bevorsteht), kann aber auch in einem solchen Fall durchaus geimpft werden.

Auf eine Lebendimpfung verzichtet werden sollte, wenn Allergien gegen Bestandteile des Impfstoffes vorliegen oder wenn Patienten krankheitsbedingt ihr Immunsystem unterdrücken müssen (Immunsuppression). Dies ist häufig bei HIV, schweren Darmerkrankungen, akuter Nierenfunktionsstörung oder rheumatischen Erkrankungen der Fall. Außerdem dürfen in der Schwangerschaft keine Lebendimpfungen durchgeführt werden. In Deutschland wird in der Schwangerschaft gegen Grippe und neuerdings auch gegen Keuchhusten geimpft.

Wichtig: Heute sind nur noch sehr wenige Impfungen überhaupt Lebendimpfungen.

Viele Impfungen müssen nach einer bestimmten Zeitspanne einmal wiederholt werden, damit sie wirksam sind (Masern, Mumps, Röteln, HPV). Eine Ausnahme ist die Gelbfieberimpfung, die laut WHO nur ein einziges Mal im Leben gemacht werden muss. Andere Impfungen werden dreimal durchgeführt, Tetanus beispielsweise alle zehn Jahre aufgefrischt.

Manche Erkrankungen (z.B. Tetanus) werden nur von einem einzigen Erreger ausgelöst, bei der Kinderlähmung sind es schon drei verschiedene Arten eines Erregers, bei HPV über 150 (von denen gegen neun geimpft werden kann). Ob gegen einen Erreger ein wirksames Serum entwickelt werden kann, hängt vor allem davon ab, ob ein charakteristischer Bestandteil herausgeschnitten werden kann, den das Immunsystem im Ernstfall auch erkennt, so dass er in einem Impfstoff wirken kann. Auch die Form der Einbringung in den Körper und die verwendeten Zusatzstoffe spielen dabei eine Rolle. All diese Faktoren machen die Entwicklung eines Impfstoffes zur äußerst komplexen und langwierigen Angelegenheit.

Wie jeder Eingriff in unseren Organismus ist auch eine Impfung nicht völlig ohne Risiko. Aber: Die Krankheit ist immer schlimmer als die Impfung!

Wird jemand gegen einen Erreger geimpft, den er bereits im Körper trägt, verstärkt die Impfung die Reaktion der Immunabwehr. Dies ist kein Hindernis für eine Impfung (Ausnahme: wenn jemand einen Zeckenbiss hatte und vorher noch nie geimpft wurde). Manchmal wird daher auch gezielt geimpft, nachdem jemand mit einem Erkrankten Kontakt hatte. Natürlich besteht dann jedoch das Risiko, dass die Krankheit trotz Impfung ausbricht.

Echte Impfgegner lehnen häufig nicht nur Impfungen, sondern das komplette Gesundheitswesen oder die gesamte Hochschulmedizin ab und sind oft auch für keine Beratung mehr zugänglich. Hier handelt es sich aber nur um ein bis zwei Prozent der Bevölkerung. Daneben gibt es aber noch eine wachsende Zahl von Impfskeptikern, die durch die Vielzahl der angebotenen Impfungen einfach nur verunsichert sind und den Sinn der einen oder anderen Impfung, ihren Zeitpunkt oder auch die Inhaltsstoffe der Seren kritisch hinterfragen.

"Diese Sorgen sollte man ernst nehmen und versuchen, sie mit Fakten zu widerlegen. Noch viel wichtiger ist jedoch, dass der impfende Arzt einer Impfung, die er empfiehlt, auch selbst wirklich vertraut. Denn: Die Krankheit ist IMMER schlimmer als die Impfung! Und: Es geht auch immer um den Schutz anderer!"

Prof. Jörg Schelling, ehemaliger Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der LMU München und Mitglied der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen

Die zunehmende Impfmüdigkeit hierzulande hat auch globale Auswirkungen. Denn durch den weltweiten Reiseverkehr und globale Wanderungsbewegungen von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, können sogar bei uns ausgerottet geglaubte Krankheiten wieder auftauchen.

Das äußerst geringe Risikopotenzial einer Impfung im Vergleich zu den möglichen Folgen einer Erkrankung lässt sich am Beispiel der Masern besonders anschaulich darstellen. Das Risiko einer Impfkomplikation liegt hier bei etwa 1:1.000.000, während die Gefahr einer schweren Hirnhautentzündung mit Lähmungen und anderen gravierenden Folgen bis hin zum Tod bei ca. 1:1.000 liegt.

"Ein englisches Sprichwort sagt: 'If you don't like the vaccine, try the disease – 'Wenn Du den Impfstoff nicht magst, dann versuch erstmal die Krankheit!'"

Prof. Jörg Schelling, ehemaliger Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der LMU München und Mitglied der bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen

Schwerwiegende sogenannte unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach Impfungen sind sehr selten. Sollte aber der Verdacht bestehen, dass eine Impfung eine über das übliche Maß hinausgehende Reaktion mit sich bringt, ist der Arzt dazu verpflichtet, dies dem Gesundheitsamt zu melden. Die Gesundheitsämter wiederum leiten dies an das Paul-Ehrlich-Institut weiter. Unabhängig davon besteht die Möglichkeit, sich direkt an den Hersteller oder das Robert-Koch-Institut zu wenden.

Auch auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts finden Sie Informationen rund um die Themen Impfungen und Impfstoffen.