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Kommentar Bundes-CDU ohne Führung

Über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent hat sich in der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt ein Streit entwickelt, der sich längst auf die Bundespartei ausgeweitet hat. Dabei geht es im Kern um die Frage, wie man sich gegenüber der AfD positioniert. Für Susanne Betz ein klarer Beweis für die aktuelle Führungslosigkeit der CDU und einen Mangel an politischen Visionen.

Von: Susanne Betz

Stand: 08.12.2020

CDU-Logo | Bild: Bayerischer Rundfunk 2020

Im bevorstehenden Bundestagswahlkampf hat die Union als wählerstärkste Partei zwei denkbar unterschiedliche Hauptgegner: im Westen die bürgerlichen Grünen und im Osten die dort häufig rechtsextrem und völkisch gesinnte AfD. Letztere steckt gerade mitten in einer gründlichen Selbstzerfleischung und möglicherweise offiziellen Spaltung. Zudem droht der Gesamtpartei die Beobachtung durch den Verfassungsschutz.

Angst auf Führungsebene

Das zusammen wäre eigentlich eine Steilvorlage, die AfD abtropfen und schrumpfen zu lassen. Dass sich die CDU in Sachsen-Anhalt dagegen wegen monatlich 86 Cent mehr Rundfunkgebühren zerstreitet und einen Koalitionsbruch riskiert, ist schlichtweg dumm und brandgefährlich für die gesamte CDU. Tragisch für Deutschland ist die Ohnmacht auf Bundesebene angesichts des Magdeburger Chaos. Partei-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer riskiert aber nichts und hat Angst, dass, wenn sie die Parteifreunde energisch vom Flirten mit der AfD zurückpfeift, diese noch störrischer würden. Trotzdem wäre es ihre Pflicht, auf Schärfste vor einem Paktieren mit den Alternativen zu warnen. Die offenen Fragen gehen allerdings weit über den Rundfunkbeitrag und Sachsen-Anhalt hinaus.

Es fehlt an einer klaren Vision

Die CDU, in der Dämmerung von Kanzlerin Merkel, ist nicht nur eine führungslose Partei, sondern auch eine Partei ohne pulsierenden Markenkern. Die Christdemokraten in Sachsen-Anhalt und Thüringen, aber auch die in Baden-Württemberg, wo bald ein neuer Landtag gewählt wird, wollen wissen, was konservativ ist, vielleicht auch, was deftig konservativ ist. Sie müssen ihrer Basis verständlich machen, welche Antworten sie bei gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Themen jenseits der „Wünsch-dir-was“-Visionen ihrer Mitbewerber geben. Solange es aber so viele weiße Flecken gibt, muss die CDU damit rechnen, dass manche Landesverbände hohl drehen. Im Osten ist das innerhalb von elf Monaten bereits zweimal passiert. Im Westen funktioniert die Parteidisziplin noch. Fragt sich nur, wie lange.


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