Luft und Liebe - die Orgel Über die Faszination von Pfeifen und Tasten
Auch Pfeifen können es zu Weltruhm bringen. In Passau halten 15.000 Pfeifen einen unerreichten Rekord. Im Dom Sankt Stephan steht die größte spielbare Kirchenorgel der Welt. Zu Ehren der Königin der Instrumente ernannten die Deutschen Landesmusikräte 2021 zum Jahr der Orgel.
Freunde des Orgelbaus und der -musik kommen an Bayern nicht vorbei. Hier befindet sich neben der größten Kirchenorgel auch das größte Orgelmuseum der Welt. Gründer und Eigentümer ist der frühere Oberkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege Dr. Sixtus Lampl.
1980 bekam er den Auftrag, sich um die historischen Orgeln in Bayern zu kümmern. Damals ging es gerade um die Frage, ob die große Romantikorgel im Martinsmünster in Landshut erhalten werden kann. Aber niemand wollte sie haben. Wohin also mit dem mords Trumm? Sixtus Lampl kaufte die Orgel schließlich selbst und legte damit den Grundstein für sein Orgelmuseum.
Ein Schloss für die Königin der Instrumente
Orgeln zu sammeln ist ein raumgreifendes Hobby. Da traf es sich gut, dass im Landkreis Miesbach das alte Schloss Valley zum Verkauf stand. Zuletzt hatte dort der Schriftsteller Michael Ende gewohnt und seine "Unendliche Geschichte" geschrieben. Aber nach seinem Auszug 1971 fand sich kein Interessent mehr für das teure Denkmal. Schloss Valley war dem Verfall preisgegeben, bis nach 18 Jahren Leerstand der Musikwissenschaftler Sixtus Lampl kam.
"Meine Frau … wäre beinah in Ohnmacht gefallen. Kein Boden mehr, nur noch Kies, keine Türen, die waren offenbar verheizt, und die Decken waren durchbrochen."
Sixtus Lampl, Schlossherr in Valley, Besitzer des Orgelmuseums
Lampl erwarb das heruntergekommene Anwesen, investierte sehr viel Geld und schuf Platz für die Rieseninstrumente. Heute beherbergen das Schloss und seine Nebengebäude über 60 Orgeln, darunter die Münchner Domorgel, die Orgel der fränkischen Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen und auch eine Heidelberger Kinoorgel aus dem Jahr 1927.
Faszination des Orgelspiels
Hans Maier hatte in seinem Leben viele Berufe. Er war Politikprofessor in München, arbeitete als Publizist, Abgeordneter und war bayerischer Kultusminister. Das ist lange her. Doch eines ist der heute 90jährige immer noch: Organist.
"Es ist mein ältester Beruf. Ich bin zur Orgel hingezogen worden durch unseren Pfarrer in Mariahilf in Freiburg. Da war das Jahr 1941, der Krieg in Russland, der Organist wurde eingezogen und das große, viermanualige Werk stand ohne einen Spieler da."
Hans Maier, bayerischer Kultusminister von 1970 - 1986
Damals war Hans Maier 10 Jahr alt. Er bezeichnet sich gern als Organist im Nebenberuf, auch wenn er nur noch selten auf der Orgelbank sitzt. Die Begeisterung für dieses Instrument, für seinen Klang, die Pfeifen aus Holz und Metall, für die komplizierte Mechanik und das Spiel mit dem Wind, der Luft, hat Maier neben vielen anderen Veröffentlichungen auch dazu gebracht, ein persönliches und doch grundlegendes Buch über Orgel, Orgelbau und Orgelgeschichte zu schreiben: "Kleine Geschichte eines großen Instruments". Und darin beschreibt er die ganz unkirchlichen Anfänge der Orgel vor rund 2000 Jahren.
"Das war ursprünglich ein kaiserliches Instrument, ein Palastinstrument. Kaiser Nero spielte Orgel und es ist nicht auszuschließen, dass sogar Christen in der Christenverfolgung, während sie gemartert wurden, Orgelklänge hören mussten. Die Orgel war nicht nur ein weltliches, sondern ein von den Christen ganz gegnerisch empfundenes Instrument."
Hans Maier, Organist aus Leidenschaft
Wenn der Nachwuchs noch zu kurze Beine hat
In den kommenden Jahren werden deutschlandweit mehrere hundert Organistenstellen zu besetzen sein. Die alten Hasen gehen in Rente, der Nachwuchs ist spärlich. 2021 hat die Evangelische Landeskirche in Bayern eine großangelegte Aktion gestartet, um junge Menschen für die Orgel zu begeistern. Auch beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" gibt es ein eigenes Fach Orgel.
Die diesjährige Preisträgerin ist die 13-jährige Wiebke Thaller aus der Oberpfalz. In der dritten Klasse hat sie mit dem Orgelunterricht begonnen. Aber es gab ein anatomisches Problem: Wiebke war noch zu klein, um mit den Füßen an die Pedale zu kommen.
"Meine Eltern waren ganz kreativ und haben die Füße der Orgelbank abgesägt. Und dann, als ich gewachsen bin, haben sie sie wieder drangebaut."
Wiebke Thaller, beste Orgelspielerin beim Musikwettbewerb 'Jugend musiziert' 2021
Inzwischen spielt sie regelmäßig die Gottesdienste in einer Nachbargemeinde und tritt bei Konzerten auf. Dass sie ihr Talent zum Beruf macht ist für Wiebke Thaller keine Option. Sie mag sich nicht vorstellen, jeden Sonntag in aller Herrgottsfrüh schon auf der Orgelbank zu sitzen.