Neurologie Was ist das Geheimnis der Nerven?
Kopfschmerzen, Parkinson, Multiple Sklerose und Bandscheibenvorfall - Nervenzellen sind an vielen Krankheiten beteiligt. Doch auf den ersten Blick ist das nur schwer zu erkennen.
"Ich bin genervt!" oder "Das geht mir auf die Nerven!" - alltägliche Stoßseufzer. Doch was hat das mit dem Nervensystem zu tun?
Experte:
Prof. Dr. med. Andreas Straube, Leiter des oberbayerischen Kopfschmerzzentrums an der Neurologie des Universitätsklinikums Großhadern, LMU.
Erst einmal gar nichts, sagt Prof. Straube. Mit diesen typischen Befindlichkeitsstörungen wie Niedergeschlagenheit und Stress beschäftigen sich Psychologen und Psychiater. Zum Neurologen werden dagegen Patienten geschickt, die Nervenschmerzen, Lähmungen oder Gefühlsstörungen haben, aber auch schnell vergessen oder Bewegungen nur schlecht koordinieren können. Dann vermuten die Ärzte eine Entzündung oder Störung der Nerven im Körper oder der Nervenverbindungen im Gehirn.
Dem Text liegt ein Interview mit Prof. Dr. med. Andreas Straube, zugrunde, dem Leiter des oberbayerischen Kopfschmerzzentrums an der Neurologie des Universitätsklinikums Großhadern, LMU.
Mehrere Milliarden Nervenzellen enthält das menschliche Gehirn, wobei etwa die Hälfte davon im Großhirn und die andere Hälfte im Kleinhirn lokalisiert sind, Millionen weitere sind im ganzen Körper verstreut, unter anderem auch im Darm. Letztlich beruhen alle Empfindungen und Bewegungen auf der koordinierten Aktivität von Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark.
Aufbau eines Neurons
Die Nervenzelle besteht aus dem Zellkörper und verschiedenen Arten von Zellfortsätzen: vielfach verzweigte Dendriten (vergleichbar mit Antennen) und dem Axon (vergleichbar einem Sender) zur Weiterleitung von Information. Am Ende geht das Axon in Synapsen über, die den Kontakt zu anderen Nervenzellen, aber auch den Muskelzellen herstellen. Die Synapsen haben jedoch keine direkte Verbindung mit den anderen Zellen, sondern es besteht ein feiner Spalt zu den anderen Zellen, der sogenannte synaptische Spalt. Die Nervenzellen schütten nun bei Aktivierung in diesen Spalt Substanzen aus, die sogenannten Neurotransmitter, die dann auf der anderen Seite des Spaltes an der Zellwand der nächsten Zelle einen Prozess starten. Man kann sich das wie einen Schlüssel und ein genau dafür passendes Schloss vorstellen. Manche Synapsen schütten nicht nur einen Transmitter sondern auch andere weitere Stoffe aus, die ebenfalls einen Einfluss auf die nachgeschaltete Zelle ausüben.
Nervenzelle ist nicht gleich Nervenzelle
Die Nervenzellen lassen sich auf dem Boden ihrer Form und Funktion in verschiedene Unterformen unterscheiden. Sensorische Zellen tragen bzw. bilden Kontakt aus mit spezifischen Rezeptoren, die zum Beispiel auf Druck, Schmerzreize, Licht oder Bewegung reagieren und so zum Beispiel den Schall wahrnehmen können.
Was in den Nervenzellen los ist
Untersucht man das Innere einer Nervenzelle, so findet man dort eine andere Konzentration von Salzen (Ionen) als in der Umgebung. So sind im Zellinneren relativ viele Kaliumionen und weniger Natriumionen. Nach außen ist die Nervenzelle durch eine Isolierschicht begrenzt, die durch Ionenkanäle durchbrochen wird. Diese Kanäle können sich auf ein Signal (elektrisch oder chemisch) kurzzeitig öffnen, sodass dann Ionen aus- und eintreten.
Wird nun durch die Neurotransmitter im synaptischen Spalt ein Prozess gestartet, so kann es zum Beispiel zu einer Öffnung von Poren (Ionenkanälen) in der Zellwand kommen und Natriumionen strömen in die Zelle und Kaliumionen strömen nach draußen. Dieses führt dann zu einer Änderung des elektrischen Potentials zwischen Zellinneren und der Zellaußenwand (Depolarisation), welches dann weitere Prozesse in der Zelle triggert. Solche Prozesse können die Aktivierung von Eiweißstoffen in der Zelle, aber auch das vermehrte Ablesen von genetischer Information im Zellkern sein. Das elektrische Potential kann sich darüber hinaus am Axon entlang weiter fortpflanzen und wiederum zu der Ausschüttung von Transmittern an der Synapse des erregten Neurons führen.
Nervenzellen sind etwas ganz besonderes
Nervenzellen zeichnen sich durch schnelle Ionenströme, also schnellem Austausch von Ionen vom Zellaußen nach -innen und umgekehrt, aus. Überall im menschlichen Körper befinden sich Nervenzellen; in den inneren Organen sind nur relativ wenige, im Gehirn natürlich ganz viele. Im Gehirn gibt es auch die sogenannten Gliazellen in der Funktion von Stützzellen.
"Man kann auch sagen, Gliazellen sind das Bindegewebe des Gehirns. Früher dachte man, dass sie nur Struktur geben, aber mittlerweile weiß man, dass sie auch an der Informationsübertragung beteiligt sind und bei vielen Krankheiten eine Rolle spielen. Gliazellen sind auch wesentlich an der Steuerung des Abbaus von Neurotransmittern und auch von Abbauprodukten des Zellstoffwechsels beteiligt. Relativ neu ist auch die Beobachtung, dass auch Immunzellen mit Nervenzellen in Kontakt treten, was z.B. erklärt, warum bei schweren systemischen entzündlichen Erkrankungen auch die Hirnfunktion beeinträchtigt sein kann."
Prof. Andreas Straube
Was Nervenzellen verändert
Viele Medikamente nehmen Einfluss auf die Ionenkanäle, indem sie diese Ionenkanäle in ihrer Funktion beeinflussen. Zum Beispiel funktioniert "Valium", ein Benzidiazepin, als Beruhigungsmittel, indem es den Chloridkanal eher offen hält. Lokalanästhetika hingegen sind Natriumkanalblocker, in deren Folge die Nervenzellen stumm bleiben und keine Informationen weitergeben. Auch die meisten gegen epileptische Anfälle eingesetzten Medikamente beeinflussen so Ionenkanäle und somit die Erregbarkeit von Nervenzellen.
Wie bleiben Nervenzellen belastbar?
"Neuronen lassen sich nicht durch Ernährung oder Übungen 'dopen'. Wir wissen jedoch, dass anhaltende geistige Tätigkeit die Gesamtleistung des Gehirns verbessert und auch ein Schutz vor der Alzheimererkrankung sein kann. Aber ehrlich gesagt, wissen wir nicht, warum das so ist. Wer viel neues Wissen aufnimmt, schafft wahrscheinlich auch viele neue Verbindungen (Synapsen) und begünstigt möglicherweise die Neuentstehung von Nervenzellen (Neuroneogenese), die in begrenztem Umfang auch in Erwachsenengehirn vorkommt. Durch spezielle Bildgebungsuntersuchungen konnte man nachweisen, dass das Trainieren von motorischen Funktionen aber auch wiederholte Schmerzreize zu Veränderungen der grauen Substanz führen, die sich beim Weglassen der Auslöser auch wieder zurückbilden können. Darüber gibt es Hinweise, dass körperliche Bewegung auch direkt zu der Neubildung von Nervenzellen in spezifischen Hirnarealen beitragen kann. Auch bei Erkrankungen wie einer Depression scheint es zu einer veränderten Zellneogenese im Hippocampus, einem Hirnareal in der Schläfenregion, zu kommen."
Prof. Andreas Straube
Wenn die Information nicht mehr fließt
Nervenzellen brauchen zur Aufrechterhaltung der Differenz der Ionenkonzentration zwischen Innen und Außen viel Energie. Alles, was diese Energiebereitstellung stört, führt zu einer Störung der Nervenzellfunktion. Wenn die Störung des Energiehaushaltes zu stark ist, können beispielweise zu viele Kalziumionen einfließen und damit die Nervenzelle durch Aktivierung von Abbauprozessen zum Absterben bringen.
"Das größte Energiedefizit kann durch die Blutminderversorgung wie bei einem Schlaganfall oder dem Herzstillstand entstehen. Aber auch Alterungsprozesse spielen eine Rolle: Beispielsweise Ablagerungen an den Nervenzellen, wie bei der Alzheimererkrankung, die toxisch auf die Zelle wirken. Außerdem können Situationen auftreten, in denen die Zellen zu viel Energie verbrauchen und sich erschöpfen, wie bei lang andauernden epileptischen Anfällen."
Prof. Andreas Straube
Kranke Kraftwerke
Eine besondere Gruppe von Erkrankungen umfasst Störungen der Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, die recht typisch dann auch zu einer Störung von sensorischen Zellen, Muskelzellen und Nervenzellen des Gehirns führen.
Tipp: Wie man Nervenzellen frisch hält
Alles, was das Herzkreislaufsystem stärkt, ist auch gut für Nervenzellen, weil sie so gut durchblutet bleiben: viel Bewegung, normale Blutdruckwerte, geistig rege bleiben und nicht rauchen - sind laut Prof. Straube die wichtigsten Faktoren und:
"Alkohol in hohen Dosierungen führt zu vermehrten Gefäßschäden, in normalen, niedrigen Dosierungen wirkt es jedoch eher Gefäßprotektiv. Möglicherweise wirkt Vitamin B12 und Folsäure auch schützend. Wegen seiner immun-modulatorischen Eigenschaften ist auch das Vitamin D zuletzt vermehrt in den Fokus gerückt."
Prof. Andreas Straube
Im Grunde ist das Gehirn eine einzige große Informationszentrale, so Prof. Straube. Zum Beispiel besteht das Großhirn aus einem Netzwerk von mehr als zehn Milliarden Nervenzellen, die mit ihren Ausläufern, den Nervenfasern, miteinander verflochten sind. Fortlaufend erreichen Informationen über die Nervenbahnen aus dem Rückenmark und den Hirnnerven das Gehirn, das Gehirn wiederum schickt Informationen und Befehle weiter, ebenfalls über das Rückenmark und die Nerven.
Nervenzellen gibt es überall
"Nervenzellen spielen im gesamten Körper eine Rolle, sie steuern auch innere Organe wie Herz oder Darm."
Prof. Andreas Straube
Deshalb können Nervenstörungen Symptome und Krankheiten verursachen, die auf den ersten Blick nicht einer Nervenkrankheit entsprechen. Herzrasen beispielsweise kann durch den Ausfall eines sogenannten vegetativen Nervs – dem Parasympathikus, der das Herz bremst - verursacht werden. Auch Durchfälle, zum Beispiel im Rahmen einer Zuckerkrankheit, entstehen manchmal durch den Ausfall dieses Nervs bzw. einer Störung der Nervenzellen in der Darmwand. Daneben unterliegen auch die Blase und die Sexualorgane der Steuerung durch sogenannte vegetative Nervenfasern und ein Ausfall dieser Nerven führt zu einer Störung dieser Funktionen. Die vegetativen Nervenfasern bilden in den inneren Organen (aber auch in der Nähe der Wirbelsäule) ein Geflecht, welches auch das kleine Gehirn des Darmes genannt wird. Möglicherweise ist dieses auch der Ort, an dem pathogene Proteine in den Körper gelangen und durch diese Nerven zum Gehirn transportiert werden und dort Erkrankungen wie den Morbus Parkinson oder die Creutzfeld-Jakob-Erkrankung („Rinder-Wahnsin“) verursachen bzw. Stoffe aus den Darmbakterien die Funktion des Gehirnes beeinflussen.
Periphere Nerven können durch die unterschiedlichsten Krankheiten und Stoffe geschädigt werden und dadurch schmerzen.
Zu den häufigsten Ursachen Prof. Straube:
- Zuckerkrankheit
- Alkoholismus
- Medikamente wie Zytostatika und Virustatika
- Infektionskrankheiten wie Gürtelrose (Varizella zoster Virus), Borreliose (durch Zeckenübertragen) und AIDS (HI-Virus)
- In den Entwicklungsländern führt aber auch zum Beispiel die Lepra zu schmerzhaften Nervenschäden.
- In vielen Fällen führt aber auch direkter Druck auf diese peripheren Nerven im Rahmen einer Verletzung (z.B. Oberarmbruch, Gipsschalen am Knie) zu einer Störung.
Die Nervenbahnen laufen vom Gehirn durch das Rückenmark in der Wirbelsäule. Zwischen zwei Wirbeln treten jeweils Nervenbündel aus, die einen bestimmten Bereich des Körpers mit Informationen versorgen, aber auch Informationen aus dem Körper ans Gehirn weitergeben. Daher gibt es unterschiedliche Nerven: Manche Nerven registrieren Berührungen, Druck und Schmerzen und leiten diese Impulse ans Rückenmark weiter, die sogenannten sensorischen Nerven. Andere Nerven ziehen vom Rückenmark zu den Muskeln. Dadurch werden Bewegungen veranlasst und gesteuert (sogenannte motorische Nerven).
Vor der körperlichen Untersuchung befragt der Neurologe den Patienten ausgiebig: Seit wann hat er Probleme? Sind sie schlimmer geworden? Haben sich die Symptome ausgeweitet?
"Das ist zwar zeitaufwendig, aber allein dadurch lässt sich schon sehr viel klären. Man nennt ein solches Gespräch Anamneseerhebung."
Prof. Andreas Straube
Körperliche Untersuchung
Anschließend werden die Reflexe, das Fühlen, die Muskelkraft, die Koordination der Extremitäten, die Motorik im Stehen und Gehen und mögliche Lähmungserscheinungen getestet.
Beispiel: Schmerz-Reflexe
Bevor man noch "Au!" schreien kann, hat man die Hand schon von der glühend heißen Herdplatte weggezogen. Was passiert dabei? Die Nerven haben das Schmerzsignal („Achtung Hitze“) schnellstmöglich ans Rückenmark weitergeleitet. Doch bevor das Gehirn den Befehl "Wegziehen!" geben kann, hat das Rückenmark schon die Notbremse gezogen und ein motorisches Signal in umgekehrte Richtung zur Hand geschickt.
Untersuchungen mit Geräten
Beispielsweise das Elektroenzephalogramm (EEG), das die elektrische Tätigkeit von Hirnzellen registriert und bei der Suche nach der Ursache für epileptische Anfälle eingesetzt wird. Die Nerven- und Muskelströme werden durch die Elektroneurographie und Myographie abgeleitet, um so Störungen des peripheren Nervensystems zu finden. Die Registrierung von Augenbewegungen kann bei der Diagnose von Schwindelursachen hilfreich sein.
Moderne bildgebende Verfahren wie die Computer- und Kernspintomographie werden ebenfalls gerne eingesetzt; durch die schichtweise Aufnahmetechnik lassen sich die Strukturen des Gehirns und des Rückenmarks optimal darstellen.
Durch die Gabe von radioaktiv-markierten Stoffen, die sich z.B. gezielt an bestimmte Ionenkanäle/Rezeptoren/Proteine anlegen, kann auch der Zentralstoffwechsel oder die Ablagerung von schädlichen Eiweißstoffen im Gehirn untersucht werden (sogenannte Liganden-PET-Untersuchungen).
Eine Fortentwicklung dieser Technik lässt sogar die Bestimmung der lokalen Hirntätigkeit zu (z.B. in der funktionellen Kernspintomographie).
Um das Nervenwasser zu untersuchen, schiebt der Neurologe eine schmale Kanüle zwischen die Rückenwirbel hindurch bis zu dem Rückenmarkskanal. Das Rückenmark wird dabei nicht gefährdet, da die Punktion an einer Stelle erfolgt, an der sich kein Rückenmark befindet.
"Aus der Zusammensetzung des Nervenwassers - auch Rückenmarksflüssigkeit genannt - lassen sich Entzündungen des Rückenmarks oder des Gehirns ablesen. In den letzten Jahren hat man auch begonnen Proteine, die im Hirn bei verschiedenen Erkrankungen abgelagert werden, zu bestimmen, genauso wie die DNS von Tumorzellen. Die Untersuchung ist zwar unangenehm, aber meist nicht schmerzhaft und ungefährlich."
Prof. Andreas Straube
Manche Krankheiten und Nervenstörungen werden von Psychiatern und Neurologen begutachtet. Denn auch seelisches Erleben sei ein Resultat von Prozessen im Gehirn, so Prof. Straube, folglich könne natürlich jede Störung des Gehirns zu einer seelischen Störung führen. Beispielsweise kann ein Hirntumor, der die vorderen Anteile des Gehirns umfasst, Veränderungen ähnlich einer Depression und Beschwerden ähnlich einer Schizophrenie hervorrufen. Ein Fall für den Neurologen sind dabei immer entzündliche Erkrankungen oder Durchblutungsstörungen im Gehirn und Entzündungen des Nervensystems. Gerade in den letzten Jahren ist eine ganze Reihe von Erkrankungen gefunden worden, bei den es auch zu psychiatrischen Symptomen auf dem Boden von Entzündungen, die durch spezifische Antikörper hervorgerufen werden, die sich gegen Bestandteile von Nervenzellen richten.
Schwindel kann durch die unterschiedlichsten Störungen verursacht werden. Entweder liegt es am Innen-Ohr - dann ist der HNO-Arzt zuständig. Eine andere Ursache sind Sehstörungen - der Augenarzt kann Abhilfe schaffen. Manche Schwindelarten werden durch Angsterkrankungen hervorgerufen, dann hilft der Psychiater oder Psychologe. Aber Schwindel kann auch durch Störungen im Kleinhirn und Hirnstamm entstehen - darüber weiß der Neurologe Bescheid. Im Grunde müsste ein Arzt all diese Gebiete kennen, um erfolgreich behandeln zu können. Daher hat das Klinikum Großhadern eine Schwindelambulanz eingerichtet, in der alle möglichen Ursachen nacheinander untersucht werden.
Bandscheibenvorfälle, Kopfschmerzen und Parkinson - all das sind auch neurologische Krankheitsbilder. Die Therapiemöglichkeiten sind zahlreich. Oft führen Medikamente oder eine Hirnstimulation ebenso zum Erfolg wie eine Operation.
Eine wesentliche Therapieform ist aber auch ein gezieltes Training der gestörten Funktionen wie es z.B. in der Neuro-Rehabilitation erfolgt. Typische neurologische Erkrankungen und Störungen des Gehirns sind unter anderem Schlaganfall, Kopfschmerzen und Parkinson.
Die Therapiemöglichkeiten sind dabei abhängig von dem Zeitpunkt der Diagnose, so haben sich in den letzten Jahren in der Akutbehandlung eines Schlaganfalles neue Möglichkeiten ergeben, wie z.B. die Widereröffnung eines verschlossenen Hirngefäßes durch einen Katheder, der in dieses Gefäß vorgebracht wird, oder das Auflösen eines Blutgerinnsels durch Medikamente. In der Therapie von Kopfschmerzen werden neben verschiedenen Medikamenten auch die Stimulation von Nerven bzw. Antikörper gegen einen der Transmitter, der in der Migräne wesentlich ist, und beim Morbus Parkinson die Stimulation von Hirnarealen eingesetzt.
"Zum Glück geben sich Rückenschmerzen relativ häufig spontan. Der normale Rückenschmerz verschwindet in der Regel nach sieben bis 14 Tagen mehr oder weniger von alleine."
Prof. Andreas Straube
Wenn nicht, dann verordnet Prof. Straube beispielsweise eine Kombination aus Schmerzmitteln (wie den Entzündungshemmstoffen Diclofenac oder Ibuprofen) und gezielte Krankengymnastik.
Die Bandscheibenoperation
Bestehen deutliche Lähmungen oder kommt es zu keiner Besserung der Schmerzen und der Therapie, kommt eine Operation in Betracht: Dabei entfernt der Neurochirurg das Bandscheibengewebe bzw. sorgt dafür, dass dieses Gewebe nicht mehr auf die Nervenwurzel drückt. Im Bereich des Wirbelbogens macht er eine mikroskopisch kleine Erweiterung und saugt entweder das störende Gewebe ab oder beseitigt es mit einer schmalen Zange.
Medikamente gegen Kopfschmerzen
Bei chronischen Kopfschmerzen empfiehlt Prof. Straube eine Kombination aus psychologischen Maßnahmen (z.B. Entspannungstraining), Bewegungstherapie und Medikamenten, die z.T. prophylaktisch über einen längeren Zeitraum genommen werden müssen. Außerdem verschreibt er je nach Kopfschmerz-Typ vorbeugend Antidepressiva, Beta-Blocker, Antikonvulsiva oder setzt Antikörper gegen CGRP ein. In der Kopfschmerzattacke kommen nicht-steroidale Antirheumatika und Triptane zum Einsatz. In Einzelfällen (chronische Migräne) spritzt man Botulinumtoxin in die Muskulatur am Nacken, Stirn und Schläfe. Für Patienten, die durch Medikamente nicht beschwerdefrei werden, kann eine Stimulation des Nervus vagus bzw. Äste des Nervus trigeminus helfen.
Erfolgreich gegen Kopfschmerz:
"Abhängig von der vorliegenden Kopfschmerzerkrankung können wir 40 bis 80 Prozent der Patienten helfen - wobei es wichtig ist, nicht nur Medikamente einzusetzen, sondern auch den Lebensstil zu ändern, regelmäßig Sport zu treiben, Entspannungsübungen zu erlernen."
Prof. Andreas Straube
Tipp:
Ein Schmerztagebuch kann dabei helfen, Auslöser zu finden (z.B. Stress) und den Therapieerfolg zu überwachen.
Behandlungsmöglichkeiten bei Parkinson
Bei der häufigsten Form der Parkinson-Krankheit kommt es zu einem beschleunigten Absterben von Gehirnzellen an einer spezifischen Stelle im Gehirn. Dadurch leiden abhängige Bereiche an einem Mangel an Dopamin, einem wichtigen Botenstoff. Alle Therapiestrategien zielen deshalb darauf ab, mit täglicher Tabletten-Einnahme das Dopamin im Gehirn zu erhöhen.
"Die anfängliche Behandlung ist sehr einfach; wenn die Krankheit über Jahrzehnte hinweg andauert, wird die Behandlung immer schwieriger."
Prof. Andreas Straube
Daher wurde auch versucht, Patienten Dopamin-produzierende Gehirnzellen aus menschlichen Embryonen zu transplantieren - eine äußerst umstrittene Methode.
Neueste Forschung: Hirnstimulation - ein neuer Therapieversuch
Bei der tiefen Hirnstimulation werden Elektroden gezielt ins Gehirn implantiert. Die Elektroden sind mit einer Art Schrittmacher - ähnlich dem Herzschrittmacher - verbunden und schalten durch die Stimulation bestimmte Bereiche des Gehirns aus. Dadurch wird ein neues Gleichgewicht im Hirn hergestellt, sodass die Bewegungen wieder flüssiger werden. Diese Technik kommt vor allem Patienten zugute, bei denen andere Behandlungsmethoden nicht mehr anschlagen und die keine Störungen der Kognition zeigen. Neure Entwicklungen versuchen diese Effekte auch durch eine gezielte Bestrahlung oder eine Verödung dieser Areale durch Ultraschall zu erzielen.
Neue Forschung für Parkinson-Patienten
Zunehmend erkennt man, dass es bei der Parkinson-Erkrankung aber auch der Alzheimer-Erkrankung zu pathologischen Ablagerungen von Eiweißstoffen in bzw. an den Nervenzellen kommt. Es wird nun versucht, durch die Impfung gegen diese krankhaften Eiweißstoffe oder durch spezifische Medikamente (Antikörper gegen Amyloid) den Abbau dieser zu beschleunigen und so die kausale Ursache der Erkrankung anzugehen. Diese Ablagerungen von Protein entstehen entweder durch genetische Veränderungen der normalerweise im Gehirn vorkommenden Proteine oder durch sekundär ins Gehirn gelangte andere Proteine (Prionen). Mittlerweile unterscheidet man eine Reihe von neuro-degenerativen Erkrankungen, die auf dem ersten Blick ähnlich dem Morbus Parkinson bzw. dem Morbus Alzheimer sind, sich aber in den beteiligten Nervenzellen unterscheiden. Es ist daraus zu erhoffen, dass sich dadurch neue Therapieoptionen in der Zukunft ergeben. In den USA wurde eine erste Antikörpertherapie gegen den Morbus-Alzheimer zugelassen, wobei die zu Grunde liegenden Daten noch widersprüchlich sind.