Olé Olé Fanbetreuer bei bayerischen Fußballclubs
An Wochenenden finden in Bayern bis zu 13.000 Fußballspiele statt. Hunderttausende Fans sind unterwegs. Dabei drohen oft Konflikte. Die großen Clubs setzen deshalb auf Fanbetreuer.
Das Stadion gleicht einem Hexenkessel. Sprechchöre und Gesänge schallen von Block zu Block, perfekt und synchron angestimmt von vielen 100 Fans. Riesige Banner werden entrollt, bunte Fahnen tauchen die Stehplätze in ein Farbenmeer. Ein rauschhaftes Erlebnis.
Fanbetreuer – Schnittstelle zwischen Fans, Veranstalter und Polizei
Leider gibt es dabei auch immer wieder Ausschreitungen. Ordnungsdienst und Sicherheitsabteilungen, der Veranstaltungsleiter und auch die Polizei versuchen die Kontrolle zu behalten. Und dann gibt es noch die Fanbeauftragten. Sie sind Angestellte eines jeweiligen Vereins und bilden die Schnittstelle zwischen Fans, Veranstalter und Polizei. Das Konzept der Fanbetreuung wurde im Jahr 1992 in den DFB-Richtlinien und im "Nationalen Konzept Sport und Sicherheit" festgehalten.
Fans, die sich ernstgenommen fühlen
Doch welche Betreuung brauchen die Fans eigentlich? Wie tickt der Fan zuhause? Beim 1. FC Nürnberg-Fanclub "Max Morlock" kann man das bunte und fröhliche Völkchen kennen lernen. Heute ist Sommerfest. Doch wie kommt man eigentlich zu so einem Fan-Club? Beim Ehepaar Georg und Heike Lennart ging das so:
"Wir wollten auswärts zum Spiel vom Club und sind dann durch einen Arbeitskollegen von mir zum Max Morlock Club gekommen und haben dann gleich die Anmeldung ausgefüllt, weil's uns gut gefallen hat. Es sind mehr Gesetztere, es ist ruhiger. Es muss nicht unbedingt getrunken werden bis zum Umfallen. Das hat uns sehr gut gefallen und darum haben wir das gleich gemacht."
Heike Lennart
Erster Ansprechpartner für die Mitglieder natürlich ist der Fanclub-Vorstand "Schubi". Aber sie nehmen auch die Arbeit der Fanbetreuer vom 1. FCN wahr. Fanbetreuung ist ganz wichtig für die Clubs, sagen die Lennarts.
Beim Fanclub geht es nicht nur um Fußball. Man hilft sich gerne mal aus, wenn ein Handwerker gebraucht wird. Hier wird auch Diversität gelebt, ob jung ob alt, Homosexuelle oder Behinderte, jeder ist willkommen, solang er sich an die Regeln hält. Die Fanbetreuer sorgen auch dafür, dass Spieler und Leute vom Vorstand des 1. FCN zu den Fanclubfeiern kommen. Als Fan fühlt man sich so vom 1. FCN ernstgenommen. So geht es auch Betty und Hermann Berdami, 74 und 65 Jahre alt. Sie sind schon lange Glubberer. Ihnen geht es um das Sporterlebnis. Für das, was in den Fankurven manchmal passiert, an Raufereien und Beleidigungen, haben sie kein Verständnis.
"Die Bezeichnung Fan ist schon eine gefährliche Bezeichnung. Denn die, die rumstänkern, Schlägereien veranstalten und sonstiges, die sind für mich keine Fans. Ein echter Fan hält zu seinem Club, wenn's ihm auch mal schlecht geht, und zettelt nicht irgendeinen Müll an. Das sind die echten Fans, und die muss man von den anderen Nicht-Fans unterscheiden. Bei uns ist ein eisernes Gesetz: Wer Schlägereien anzettelt, wer Pyros durch die Gegend schießt, schmeißt, oder sonst was, der fliegt raus."
Hermann Berdami
Strafen für solch "Unsportliches Verhalten der Fans", die der DFB gegen die Vereine verhängt, kosten schon mal mehrere hunderttausend Euro, oder es gibt Geisterspiele vor leeren Rängen. Das trifft aber auch die 95 Prozent Fans, die sich nicht danebenbenommen haben.
Ohne Fanbetreuer: das reine Chaos
Herman Berdami erinnert sich, dass es früher nicht so zur Sache ging. Damals brauchte es offenbar noch keine Fanbetreuer. Die Anhänger haben sich selbst organisiert. Auf das "friedliche Miteinander heute" ist der "Schubi", der 1. Vorstand des Fanclubs, Andreas Schubart, stolz. Wenn es ins Stadion geht, weiß er es aber sehr zu schätzen, dass die Fanbetreuer des 1. FCN vor Ort sind. Ohne die wäre es das reine Chaos!
"Wir sind ja stellenweise mit 60 Bussen auswärts. Und irgendeiner von denen hat immer Probleme, dass da Leute fehlen oder sie müssen einfach vom Parkplatz runterfahren, weil die Polizei sagt, die Busse müssen weg. Da rufst du einfach den Fanbetreuer an und das regeln die halt und die bleiben auch bis zuletzt da, bis alle weg ist."
Andreas Schubart, 1. Vorstand des Fanclubs Max Morlock
Die praktische Zusammenarbeit klappt reibungslos, auch mit der Polizei. Man kennt sich seit Jahren.
"Also das gab es auch schon oft, dass die Polizei abends bei mir zuhause angerufen hat, weil sie mich auf dem Schirm haben, als 1. Vorstand, und gerade wenn so Hochrisikospiele sind, da fragen sie mich halt, wie wir mit dem Bus fahren, wo wir vorhaben anzuhalten, oder sie geben uns auch Ratschläge wie 'haltet nicht auf dem Parkplatz, weil genau auf dem Parkplatz kommt Bayern München auch gefahren, und das braucht man ja echt nicht'."
Andreas Schubart, 1. Vorstand des Fanclubs Max Morlock
Der Fanclub-Vorstand fühlt sich verantwortlich für seine Mitglieder. Schließlich sollen alle wieder gesund und fröhlich nachhause kommen. Dank der Fanbetreuer klappt die An- und Abreise auch meistens. Der finanzielle Aufwand, den die Bundesligaklubs damit für ihre Fans treiben ist immens.
Doch wie sieht die Arbeit von einer Fanbetreuung im Detail aus? Jürgen Bergmann ist Leiter der Fanabteilung, Fan-Zuschauerservice beim 1. FC Nürnberg, und das schon seit über 20 Jahren. Aber er ist nicht allein!
"Zuständig für Fans sind wir beim 1. FC Nürnberg grundsätzlich alle, weil alles was wir machen, machen wir letztlich für die Fans, und ohne Fans wäre alles was wir tun die Hälfte wert. Fußball ohne Zuschauer, das ist wie eine Suppe ohne Salz, das Wichtigste fehlt einfach. In der Fanabteilung speziell hab ich den Johannes Wolf als Kollegen. Er kümmert sich schwerpunktmäßig um die Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt um die Ultra-Gruppierungen. Wir haben den Vittel Maul, der auch schon ein bissl älterer Jahrgang ist, der sich um den Supporters-Club kümmert, um die Heimfans bei den Spielen. Wir sind bei Heim- und auch bei Auswärtsspielen immer vertreten, und ich bin der, der das ganze steuert und schaut, dass das einigermaßen vernünftig läuft."
Jürgen Bergmann, Leiter der Fanabteilung des 1. FC Nürnberg
Hinzu kommen einige ehrenamtliche Helfer. "Hauptamtlicher Fanbetreuer" – dafür gibt es noch keine Ausbildung. Wichtig sei, "die Leute in der Kurve" und deren Sorgen und Anliegen zu kennen, sagt Jürgen Bergmann. Seine Aufgaben sind so vielfältig, wie die Fans selber.
"Wir sind Organisator, Reiseleiter, Psychologen, Kindermädchen, Übersetzer, wir sind Diplomaten, … Hier passieren Dinge, die würde man gar nicht glauben, wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Ich mache das jetzt seit über 20 Jahren, und immer noch gibt es Situationen, in denen du dastehst und guckst und sagst: Das hab ich jetzt auch noch nicht gehabt."
Jürgen Bergmann, Leiter der Fanabteilung des 1. FC Nürnberg
Ein Fan klettert aufs Stadiondach – um Handyempfang zu haben
"Bei einer Besprechung bei Union Berlin kam über Funk die Meldung, dass sich eine Person auf dem Stadiondach befindet. Es war ein Nürnberger. Der hat zwei Absperrungen überwunden, ist oben auf diesem Dach rum gestolpert, wo es 10 bis 12 Meter runtergeht, wo kaum eine Absicherung da ist. Was war der Grund? Er wollte seine Freundin erreichen und hat im Block keinen vernünftigen Handy-Empfang gehabt."
Jürgen Bergmann, Leiter der Fanabteilung des 1. FC Nürnberg
Die meiste Arbeit passiert aber schon lange vor dem Spiel. Die Fanbetreuer informieren die Fans, ob es noch Tickets gibt und was bei der Anreise zu beachten ist. Kurz vor dem Spiel gibt es dann die "Spieltags-Besprechung", an der bei Risikospielen auch Polizei und Feuerwehr teilnehmen. Wenn dann endlich die Busse zum Match anrollen, könnte Jürgen Bergmann gefühlt 100 Mitarbeiter brauchen, denn es wollen 5000 bis 7000 FCN-Fans betreut werden. In großen Stadien, wie Dortmund, dauert es ewig bis er von unten auf den Oberrang gelaufen ist. Kein Wunder, dass er oft vom Spiel der Mannschaft gar nichts mitbekommt. Vom System Fanbetreuung ist er aber völlig überzeugt.
"Grundsätzlich glaube ich, dass das System sehr etabliert ist in Deutschland, ist ja mittlerweile auch auf die UEFA übertragen worden, auch die anderen Länder sehen das, bekommen das mit. Und ich denke, dass Deutschland auch der Vorreiter ist, gerade mit diesem Zwei Säulen-System: die Fanabteilung mit den Fanbetreuern auf der einen Seite, die ja auch Bestandteil der Vereine sind, und die von den Vereinen unabhängigen Fanprojekte, die es ja auch an jedem Bundesligastandort gibt. Darum beneiden uns sehr viele andere Länder."
Jürgen Bergmann, Leiter der Fanabteilung des 1. FC Nürnberg
Man könnte den Eindruck bekommen, dass Fußballfans in Deutschland fast überversorgt sind! Alles scheint sich um sie zu drehen. Aber das ist auch nötig, denn kaum sonst kommen so viele Menschen zu einer Veranstaltung zusammen, einige davon mit deutlich erhöhtem Alkoholpegel.
Zunehmende Gewalt – auch im Amateurbereich
Außerhalb des Stadions endet allerdings die Zuständigkeit der Fanbetreuer. Dort ist die Polizei im Einsatz. Zu was gewaltbereite Fans fähig sind, zeigte sich in aller Traurigkeit am 21. Juni 1998, als der französische Polizist Daniel Nivel bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Lens von mehreren deutschen Hooligans angegriffen und ins Koma geprügelt wurde.
Zunehmende Gewalt ist aber kein reines Fußball-Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Bedenklich ist allerdings, dass es schon bei den Amateuren recht rauh zugeht.
Schlagzeilen
26. Juli 2017
Schwabhausen in Bayern: Beim Jugendfußballturnier der E-Jugend (Kinder zwischen 8 und 10 Jahren) prügelten sich am Spielfeldrand mehrere Eltern. Ein Vater biss dem Schiedsrichter in die Hand
20. Oktober 2022
Der DFB meldet eine deutliche Steigerung an Spielabbrüchen. In der Saison 21/22 hätten 911 Amateurspiele abgebrochen werden müssen, so viele wie nie vorher.
25. Oktober 2022
Amateure verprügeln Schiri. Brutale Attacke in Bochum: Ein Betreuer, der Trainer und ein Fan der Gastmannschaft schlugen und traten auf den Unparteiischen ein.
Fanbetreuung in Bayern
Fabian Frühwirth ist Pressesprecher des Bayerischen Fußballverbandes. Der BFV stellt den Spielbetrieb für 4500 Vereine mit 1,6 Millionen Mitgliedern in Bayern sicher. An heißen Wochenenden finden bis zu 13.000 Spiele statt, von den Kleinsten bis zu den Senioren. Eine reguläre Fanbetreuung gibt es aber erst in der Regionalliga Bayern. Bei Gewalt allerdings fährt der Verband seit Jahren eine Null-Toleranz Politik. Wenn es doch dazu kommt, werden Strafen verhängt – bis zum Verbandsausschluss. Aber es geht nicht nur ums Bestrafen, sondern um das Vermeiden solcher Vorfälle. Dafür gibt es in allen bayerischen Bezirken entsprechende Konfliktmanager.
Wie begegnet man "übereifrigen Eltern"?
Und der BFV setzt schon viel früher an: bei den kleinsten Fußballern und bei deren Eltern. "Gerade in den jüngsten Jahrgängen, wo die Kinder das erste Mal mit einem Spiel in Berührung kommen, steht der Leistungsgedanke hinten an. Es muss Spaß und Freude am Spiel da sein, und entsprechend eingebunden wird auch das Umfeld. Eltern haben auf dem Platz nichts verloren, die stehen hinter der Bande mit Abständen", sagt Fabian Frühwirth.
"Es gibt keinen Schiedsrichter, die Kinder regeln das selbst, und das funktioniert! Probleme gibt es immer dann, wenn sich Eltern aktiv mit einbringen, dann strahlt das auf die Kinder ab. Übereifrige Eltern sind in vielerlei Hinsicht schwierig. Sie setzen Kinder unter Druck. Da reicht oftmals ein blöder Spruch. Das wollen wir auf dem Fußballplatz nicht sehen. Die Kinder sollen mit Freude und Begeisterung dabei sein, sie sollen ihr Erfolgserlebnis haben, aber Eltern haben sich da rauszuhalten."
Fabian Frühwirth, Pressesprecher des Bayerischen Fußballverbandes
Bei "Aktions-Spieltagen" wird an den "Elternfanblock" appelliert.
"Im Vorfeld gibt’s diese Regeln, die bekannt sind, dass sich Eltern in einem bestimmten Bereich aufzuhalten haben, dass sie Abstand zu halten haben, dass sie sich so benehmen wie man sich eigentlich auf der Straße begegnet, also sehr anständig. Am Aktionsspieltag laufen die Kinder ein und haben dann symbolische Gelbe Karten dabei und rennen dann raus in den Zuschauerbereich und verteilen diese gelben Karten, wo auch nochmal diese 5 Regeln dabei sind. Das mag jetzt auf den ersten Blick vielleicht komisch anmuten, aber das funktioniert in der Tat. Das ist ganz entscheidend, vorher zu sagen, was geht und was nicht geht. Und da sind die Kinder die Starken. Die sagen nämlich den Eltern: Das sind unsere Regeln, nach denen spielen wir, und ihr habt euch einfach dran zu halten."
Fabian Frühwirth, Pressesprecher des Bayerischen Fußballverbandes
In der Regionalliga arbeitet auch der Bayerische Fußballverband eng mit der Polizei zusammen. Weit im Vorfeld prüft die LIS, die Leitstelle innere Sicherheit, sämtliche Fanbewegungen an den Wochenenden, in ganz Deutschland. Kollisionen sollen vermieden werden. Eine extreme Planung, eine Sisyphos-Arbeit.
"Unser Spielplan wird erst dann veröffentlicht, wenn er im Kontext mit den Profiligen passt, also 1. Liga, 2. Liga, 3. Liga, da geht’s ja um Fan-Wege. Auch wir sind da an diese LIS angekoppelt, die letztendlich den Spielplan freigibt und sagt, naja, das Spiel lieber am Sonntag und das Spiel am Freitagabend. Diese Lis hat schon auch eine Macht. Das ist auch okay, weil die dafür verantwortlich sind, wenn's Scherereien außerhalb des Stadions gibt."
Fabian Frühwirth, Pressesprecher des Bayerischen Fußballverbandes
Wie umgehen mit den Ultras?
Doch es braucht keine gegnerischen Fans damit es im Stadion zu Zwischenfällen kommt. Mit Pyrotechnik werden auch die Leute im eigenen Fanblock gefährdet. Da hört der Spaß für den BFV in jedem Fall auf - bei aller Fanbegeisterung.
"Der Vergleich hinkt vielleicht, aber in der Oper kommt auch niemand auf die Idee bengalische Feuer zu zünden. Oder beim Tennis. Das ist in den Stadien so, und das beanspruchen die Ultras für sich, als Teil des Erlebnisses. Das mag man so teilen, aber in letzter Konsequenz ist das einfach gefährlich. Und da kann extrem viel passieren, wenn da Temperaturen von mehreren 100 Grad neben mir einschlagen. Das Stadion ist kein rechtsfreier Raum. Die Gesetzeslage ist so wie sie ist. Auch Kinder sind Fußballfans. Und der Fußball muss für alle da sein, da gibt’s Regeln. Der Aufschrei wird dann groß sein, wenn wieder etwas passiert, und da gibt’s glaub ich auch Gesprächsbereitschaft von beiden Seiten, aber der Fußball ist das große Ganze und das ist eben nicht nur eine Ultra Gruppierung."
Fabian Frühwirth, Pressesprecher des Bayerischen Fußballverbandes
Die Ultras, also die Hardcore-Fans, führen ein gewisses "Eigenleben". Trotzdem suchen die Bundesliga-Vereine über die Fanbetreuer einen Dialog mit ihnen - bemühen sich, sie zu integrieren. Schließlich tragen die Ultras mit den einstudierten Fangesängen, den bunten Fahnen, Choreographien und riesigen Bannern zum Gesamterlebnis bei. Einer, der auch bei den Ultras dabei ist – nennen wir ihn Manni, 30 Jahre alt – hat eine eindeutige Haltung zu Pyrotechnik. Auch wenn sie verboten ist.
"Also zu Bengalos sag ich nie nein, da bin ich ehrlich. Das wird in Block 7, 9 und 11 gemacht. Und wer in diese Blöcke geht, sollte sich dessen bewusst sein, dass das durchaus vorkommt, und jeder der was dagegen sagt, soll halt nicht in die Blöcke gehen, das ist meine Meinung dazu."
ein Ultra
Wie die verbotene Pyrotechnik ins Stadion gelangt - trotz der rigorosen Einlasskontrollen - bleibt ein Rätsel. Das „Katz-und-Maus-Spiel“ mit den Sicherheitsleuten gehört hier wohl auch zum Spielerlebnis der Ultras.
Fanbetreuung im Ausland
Auch Bayerns größter Verein, der FC Bayern München, kennt Ultras. Es gibt sogar einen Fanclub „Ultras Bayern in Egypt“. 720 der insgesamt 4500 offiziellen FC Bayern Fanclubs sitzen im Ausland: in China, auf den Philippinen, in Indien, den USA und in vielen anderen Ländern. Aber nicht alle sind Ultras! Der FC Bayern hat sogar drei Offices, je eines in New York, in Shanghai und in Bangkok eröffnet, die sich um die Fanclubs vor Ort kümmern. Markus Meindl ist Abteilungsleiter Fan- und Fanclubbetreuung, nun schon seit 13 Jahren, und kennt viele Auslandsfans. Doch wer trifft sich da eigentlich, z. B. in den USA?
"Der Ursprung dieser Fanclubs waren glaube ich Amerikaner mit deutschen Wurzeln, die sich im Rahmen dieses Fanclubs darauf besinnen wollten. Aber mittlerweile haben wir's geschafft, auch durch die clubübergreifende Strategie, die wir haben, dass wir das auch für viele Amerikaner attraktiv gemacht haben. Die haben mittlerweile wirklich Gefallen gefunden an so einem Fanclubleben, oder auch an dem Sport Fußball, und die gucken auch leidenschaftlich, teilweise zu den schwierigsten Uhrzeiten vor Ort gemeinsam Bayernspiele."
Markus Meindl, Abteilungsleiter Fan- und Clubbetreuung des FC Bayern München
Für die weltweiten Fans wird einiges von der Fanbetreuung des FC Bayern getan.
"Wir gehen einmal im Sommer mit der Mannschaft auf große Tour. Letzten Sommer waren wir in den USA, da organisieren wir ganz coole Veranstaltungen für die Fanclubs. Ein ganz großer Fanclub von uns in den USA, der kommt aus Washington D. C., der hat knapp 800 Mitglieder. Der hat sich jetzt gemeldet bei uns. Er würde eine Fanclub-Fahrt machen mit 50 Leuten für eine Woche im März nach München kommen. Zwei Heimspiele besuchen, gegen Augsburg und gegen Paris glaub ich, und in der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen können wir da was richtig Cooles auf die Beine stellen."
Markus Meindl, Abteilungsleiter Fan- und Clubbetreuung des FC Bayern München
Und wenn deutsche Fans zu Champions-League-Spielen des Clubs ins Ausland fahren, ist die Fanbetreuung auch vor Ort. Nächste Woche fliegt Markus Meindl mit dem Team zur Vorbesichtigung nach Paris, zum "Site-Visit".
"Wir betreiben da mittlerweile einen sehr großen Aufwand, auch im Vorfeld. Wenn wir so ein Los bekommen, beginnt quasi am Tag der Auslosung die Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Clubs. Es ist mittlerweile fast Usus, dass es eine Vorabreise gibt, ein sogenannter Site-Visit, bei dem man sich die Gegebenheiten anschaut."
Markus Meindl, Abteilungsleiter Fan- und Clubbetreuung des FC Bayern München
Der Fanbetreuer ist schon um die ganze Welt gejettet, 2017 hat er auch die Ku-Bayern auf Kuba besucht. Im Ausland kann sich Markus Meindl vorwiegend auf den Gästebereich beschränken. Zuhause, in der Allianzarena mit ihren 75.000 Plätzen, sind die FC Bayern-Fans überall im Stadion. Aber trotz der Internationalisierungs-Strategie des Clubs: der FC Bayern ist sich mit seinen 300.000 Mitgliedern seiner Heimat sehr bewusst: die ist und bleibt Bayern, meint der Fanbetreuer.
Und die Spieler? Was kriegen die eigentlich von den Fanbetreuern mit?
"Wir haben eine unfassbar tolle Veranstaltung, um die uns viele andere Clubs beneiden, diese traditionelle Fanclub-Weihnachtsbesuche. Sonst kommen die Fans aus ganz Deutschland und ganz Europa zu uns ins Stadion, und dann haben wir immer einen definierten Tag, vor der Pandemie war's in der Regel immer der 1. Adventsonntag, wo unsere gesamte Profimannschaft einzeln, jeder zu einem Fanclub rausgegangen ist, und den Fanclub bei seiner Weihnachtsfeier besucht hat, um zu sehen, wo kommen die Leute her, die immer ins Stadion gehen, wie sind die so. Das ist eine sehr persönliche Veranstaltung gewesen."
Markus Meindl, Abteilungsleiter Fan- und Clubbetreuung des FC Bayern München
Manchmal hängt aber auch beim FC Bayern und seinen Fans der Haussegen schief. Es gab schon mal wütende Sprechchöre gegen den Vorstand bei einer Hauptversammlung. Auch hier sucht die Fanbetreuung im Vorfeld immer wieder das Gespräch mit den Mitgliedern, sodass sich nicht alles aufstaut und dann blitzartig entlädt.
Der FC Bayern, auch als "FC Hollywood" bekannt, gilt als Verein mit dem großen Geld. Aber man ist sich seiner sozialen Verantwortung durchaus bewusst. Die vielen Stehplätze in den beiden Kurven sind für 15 oder 19 Euro zu haben, was durch die teuren Plätze gegenfinanziert wird.
"Die Intention dabei ist, es allen zu ermöglichen, auch denen, die nicht viel Geld haben, ins Stadion und zu Bayern gehen zu können. Ich glaube das ist ein ganz wichtiger Faktor. Aber genauso wichtig ist es eben, andere Bereiche anzubieten im professionellen Sport. Ob das jetzt die Loge ist, der VIP Bereich oder die Sponsorenbereiche. Und der Wunsch ist eben, das miteinander zu verbinden. Dass man sich akzeptiert und respektiert. Dass der Ultra in der Kurve versteht, warum wir den in der Loge brauchen, und das ein Stück weit auch zu schätzen weiß, dass es den auch gibt. Aber genauso andersherum, dass der in der Loge nicht denkt, ach ja, die da unten, die sollen jetzt mal singen, damit ich gut unterhalten werde. Sondern dass die diesen Leuten und ihrer Leidenschaft gegenüber dem Club auch Respekt entgegenbringen."
Markus Meindl, Abteilungsleiter Fan- und Clubbetreuung des FC Bayern München
Ein großes Fest, ein großes Miteinander, klassenübergreifend. Fairness, trotz aller sportlicher Rivalität. So sollte Fußball sein! Die Fanbetreuer in Bayern arbeiten weiter an der Verwirklichung dieser Vision!