Herzinfarkt Prävention und Behandlung eines Herzinfarkts
Mittlerweile trifft ein Herzinfarkt nicht nur ältere Menschen, sondern auch immer mehr zwischen 30 und 50 Jahren, weil gerade sie sich den Risikofaktoren aussetzen.
Was passiert bei einem Herzinfarkt?
Generell gilt: Beim Herzinfarkt reißt nicht das Herzkranzgefäß als Ganzes ein, sondern eine Ablagerung im Inneren. Diese Ablagerung oder der Plaque hat sich dort im Zuge einer Arterienverkalkung gebildet.
Expertin:
Dr. med. Christa Bongarth, Ärztliche Direktorin der Klinik Höhenried, Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie, Internistische Intensivmedizin, Sportmedizin, Ernährungsmedizin, Kardiovaskuläre Präventivmedizinerin DGPR
Einriss einer Ablagerung
Solch eine Ablagerung oder ein Plaque engt das Gefäß ein, das oft nur ein paar Millimeter Durchmesser hat. Dadurch beschleunigt sich der Blutfluss und der Druck auf die Gefäßinnenwand wächst. Alles zusammen kann zu einer so starken Belastung führen, dass die Ablagerung einreißt.
Auf diesen Riss im Inneren eines Herzkranzgefäßes setzt der Körper ein Blutgerinnsel - quasi um die Stelle zu reparieren. Doch was bei einer Schnittverletzung der Haut außen gut funktioniert, führt hier dazu, dass das Gefäß schnell komplett dicht ist. Die Folge: Das Blut kann nicht mehr durch das Gefäß fließen und daraufhin werden Teile des Herzens nicht mehr versorgt.
Wird das Herzmuskelgewebe nicht mehr mit Blut versorgt, dann ist das vergleichbar mit einer verstopften Benzinleitung, durch die kein Benzin zum Motor gelangt, bis der streikt. Ähnlich liefert im menschlichen Körper das Blut dem Herzmuskelgewebe den Sauerstoff, den es zum Überleben braucht. Fehlt der Nachschub, dann ist das Herzmuskelgewebe anfangs nur „beleidigt“, wird der Blutzufluss aber nicht wieder hergestellt, stirbt das Gewebe ab.
Grundlage für einen Herzinfarkt ist meistens eine Ablagerung oder ein Plaque im Herzkranzgefäß, er besteht aus Cholesterin, Muskelzellen und Entzündungszellen. Für die Entstehung gibt es verschiedene Auslöser.
Wichtige Faktoren
Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin und Diabetes (Zuckerkrankheit). Riskant ist auch, wenn Patienten familiär vorbelastet sind, das heißt, bei Familienmitgliedern sind bereits vor dem 60. Lebensjahr Gefäßerkrankungen aufgetreten. Eine große Rolle spielt auch das Übergewicht: Dabei kommt es auf die Fettverteilung an, denn riskant ist vor allem das tiefe Bauchfett.
Rauchen macht Gefäße unelastisch
Rauchen ist deswegen so gefährlich, weil es auf die innere Schicht der Herzkranzgefäße wirkt. Diese innere Schicht sorgt für die Elastizität des Gefäßes (Endothel) und bildet dafür Stickstoffmonoxyd. Rauchen wirkt dem entgegen und macht die Gefäße unelastisch.
Körperliche Inaktivität
Wer zwar ein paar Kilo Übergewicht hat, aber körperlich aktiv ist, hat größere Chancen, einem Herzinfarkt zu entgehen. So gilt die Regel: Man kann viele Risikofaktoren dadurch abmildern, dass man körperlich aktiv ist.
"Der Tipp lautet also, Hintern hoch, inneren Schweinehund an die Leine nehmen und regelmäßig vor die Tür gehen." Dr. med. Christa Bongarth, Chefärztin Kardiologie der Klinik Höhenried
Alter und Geschlecht
Generell gilt: Je älter man wird, desto höher ist das Risiko für einen Herzinfarkt. Die Ursache dafür ist der normale Alterungsprozess der Gefäße. Allerdings sind Männer häufiger betroffen als Frauen, weil sie früher Arteriosklerose bekommen. Dafür gibt es zwei Ursachen:
- Einmal haben Männer generell mehr der Risikofaktoren und
- zweitens sind Frauen bis zum Eintritt in die Wechseljahre durch Hormone (Östrogene) in gewisser Weise geschützt.
Psychosoziale Belastungsfaktoren
Depression und Depressivität haben mittlerweile den gleichen Stellenwert wie die anderen Risikofaktoren erreicht. Stress als Auslöser eines Herzinfarktes ist ein sogenannter mittelbarer Faktor: Ausschlaggebend ist, wie man mit ihm umgeht und ob man ihn sehr negativ bewertet oder nicht. Wer dazu neigt, sich oft und über Vieles zu ärgern, ist eher gefährdet als andere.
Um einen Herzinfarkt zu diagnostizieren, fragen Mediziner zuerst nach den Beschwerden, machen Blutuntersuchungen und ein EKG. Nach einem Herzinfarkt ist auf dem Ultraschallbild häufig eine Bewegungsstörung des Herzens zu erkennen, da sich das nicht durchblutete Herzareal nicht mehr ausreichend bewegt.
Charakteristische Beschwerden: Bezeichnend für einen Herzinfarkt ist ein extremer und mit nichts zu vergleichender Vernichtungsschmerz hinter dem Brustbein, der alarmierend ist. Oft lässt er nicht wieder nach, manchmal aber kommt und geht er auch. Gelegentlich strahlt dieser Schmerz in den linken oder auch rechten Arm aus, in Rücken, Hals, Kiefer oder Oberbauch.
Wichtig: Keine Zeit verlieren!
Wer extreme Schmerzen hat, die sich nicht zuordnen lassen, sollte sofort die 112 anrufen und 'Verdacht auf Herzinfarkt' sagen. Innerhalb von 15 Minuten sollte dann der Rettungsdienst da sein, die den Patienten in die Klinik bringt.
Schmerzen im Brustkorb
Viele Patienten beschreiben den Schmerz so,
- als würde ein Gürtel um ihren Brustkorb immer enger zusammen gezogen werden, oder,
- als würde ein Elefant auf dem Brustkorb stehen.
Also entweder ein großes Engegefühl oder ein enormes Gewicht, wie ein Vernichtungsschmerz. Stechende Schmerzen sind dagegen beim Herzinfarkt eher selten.
Untypische Beschwerden
Untypische Beschwerden können - z.B. im Falle eines Hinterwandinfarktes - im Oberbauch oder zwischen den Schulterblättern auftreten. Das betrifft sowohl Männer als Frauen, letztere allerdings häufiger. Manche Patienten haben extreme Kieferschmerzen, andere Luftnot. Vor allem ältere Patienten berichten aber häufig gar nicht über Schmerzen, sie sind jedoch vielleicht verwirrt.
Frauen und Männer reagieren verschieden
Frauen informieren häufig deutlich später den Arzt bei einem Herzinfarkt als Männer, oft deswegen, weil sie niemandem zur Last fallen wollen. Männer denken eher, das Problem löst sich von alleine und warten oft auch zu lang. Das trifft auch auf ältere Menschen zu, die nicht wahrhaben wollen, dass sie ernsthaft krank sind und Hilfe brauchen.
Manchmal treten Warnzeichen auf
Manche Patienten berichten den Medizinern im Nachhinein, sie hätten zwar extreme Schmerzen gehabt, diese aber nicht dem Herzen zugeordnet.
"Extrem häufig ist es so, dass sich aber der Herzinfarkt nicht ankündigt, sondern einfach kommt, wie mit dem Lichtschalter angeknipst. Denn der Einriss ist plötzlich da und in dem Moment reagiert der Körper."
Dr. med. Christa Bongarth, Chefärztin Kardiologie der Klinik Höhenried
Ernst nehmen sollte man auch Beschwerden bei körperlicher Belastung, wie z.B. Luftnot oder plötzlich nachlassende Leistungsfähigkeit. Das sind zwar nicht zwangsläufig Anzeichen eines drohenden Herzinfarktes, aber sie können darauf deuten, dass mit dem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Ein Hinweis kann z.B. auch sein, dass man beim Wandern plötzlich keine Luft mehr bekommt, was davor nie der Fall war, oder einen leichten Druck auf der Brust verspürt, der wieder nachlässt, wenn man sich ausruht.
Bei einem Herzinfarkt ist der Patient weniger dadurch akut gefährdet, dass das Herzkranzgefäß zugegangen ist. Primär stirbt man, weil in der Folge bestimmte Teile des Herzens nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden und das zu Herzrhythmusstörungen führen kann.
Herzrhythmusstörungen
Auf fehlenden Sauerstoff reagiert das Herzgewebe zuerst quasi beleidigt, das heißt, es bildet saure Abfallprodukte. Hält der Zustand an, dann sind im Laufe der Zeit der ganze Säure-Basen-Haushalt und das Mineralstoffgleichgewicht gestört. Daraufhin entstehen Herzrhythmusstörungen, die machen den Herzinfarkt so gefährlich. Wird ein Patient bewusstlos, sollte man mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen.
Gefährliches Kammerflimmern
Ist bei einem Patienten ein großes Herzkranzgefäß wie der Hauptstamm zugegangen, dann hat er nur sehr geringe Überlebenschancen, denn der fehlende Sauerstoff führt dazu, dass die elektrische Erregung des Herzens komplett durcheinander gerät. Er bekommt häufig sofort Herzrhythmusstörungen und stirbt möglicherweise. Rund ein Drittel aller Patienten mit einem Herzinfarkt sind davon betroffen, sie erreichen das Krankenhaus nicht mehr lebend.
Zuerst Herzkatheter legen
Erreicht ein Patient das Krankenhaus mit der Diagnose Herzinfarkt, dann wird er als Erstes sofort auf den Kathetertisch gebracht, wo Mediziner das verschlossene Herzkranzgefäß wieder öffnen. Früher hat man zuerst Medikamente gespritzt, die das Blutgerinnsel aufgelöst haben, heute öffnet man den Verschluss mit Hilfe eines Drahtes, eines Ballons und meist mit dem Einsetzen einer Gefäßstütze. Die Wiederherstellung des Blutflusses ist die effektivste Prophylaxe gegen Herzrhythmusstörungen.
Schnell Gefäß öffnen
Bei Patienten mit Herzinfarkt wird unter Durchleuchtungskontrolle ein Katheter gelegt, entweder geht man durch die Leiste zum Herzen oder durch den Arm, an der Stelle, an der man den Puls tastet. Von dort aus schieben Mediziner einen Draht zum Herzen. Mit Hilfe eines Ballons, den man aufblasen kann, kann der Blutfluss dann wieder hergestellt werden. Zusätzlich kann das Gefäß möglicherweise entweder durch eine Gefäßstütze (Stent) geöffnet werden oder es ist eine Bypass-Operation nötig.
"Zeit ist Muskel"
Ist das verstopfte Gefäß eher kleiner oder wird bereits in den ersten dreißig Minuten wieder geöffnet, kann sich das Herz in der Regel regenerieren. Die Chancen dafür sind bei kleineren Gefäßen und Seitenästen höher als bei größeren. Häufig kann sich das Herz auch noch erholen, wenn es innerhalb der ersten Stunden behandelt wird, dauert es länger, bleibt aber oft ein Schaden zurück.
Alle Herzinfarktpatienten werden nach dem Öffnen des Herzkranzgefäßes auf der Intensivstation mit Hilfe eines Monitors überwacht, um eine Herzrhythmusstörung zu erkennen, auch wenn sie keine Schmerzen mehr haben. Denn vor allem in den ersten 48 Stunden ist die Gefahr für Rhythmusstörungen sehr hoch. Je länger der Infarkt zurück liegt, desto geringer ist die Gefahr einer Herzrhythmusstörung.
Regeneration
Nach einem Herzinfarkt brauchen alle Patienten Medikamente, die das Herz dabei unterstützen, sich wieder komplett zu regenerieren. Auch wenn der Blutdruck normal ist, müssen sie diese Medikamente nehmen. Die Vorstellung dahinter ist, dass sich das Herz wieder erholen kann, man spricht von „reverse-remodelling“.
Eingeschränkte Herzleistung
Ist bei einem Herzinfarkt ein großes Gefäß betroffen, dann kann anschließend die Pumpkraft des Herzens eventuell so eingeschränkt sein, dass dauerhaft eine Leistungsminderung verbleibt. Dies macht die lebenslange und engmaschige Therapie der Herzschwäche nötig.
Viele Patienten denken nach ihrem Krankenhausaufenthalt, jetzt sei alles wieder in Ordnung, sie seien gesund. Die chronische Erkrankung des Herzens bleibt jedoch bestehen, die Patienten müssen ihr Leben lang Medikamente nehmen, die Blutgerinnsel verhindern. Und um einem erneuten Herzinfarkt vorzubeugen, müssen sie die Risikofaktoren meiden.
In der Reha haben Patienten drei Wochen lang die Möglichkeit, sehr viele Informationen über die Krankheit zu bekommen. Auch werden sie angeleitet, ihren Lebensstil (z.B. Rauchen aufhören) zu ändern, das ist alleine häufig schwierig. Das Programm in der Reha für Herzinfarktpatienten umfasst unter anderem Sport und Bewegung, Ernährungsberatung und psychologische Beratung. Ein ganzes Team unterstützt den Patienten, wieder in seinen Alltag und Beruf zurückkehren zu können.
Nach der Reha sollten Patienten sich eine Herzsportgruppe in ihrer Nähe suchen, der Hausarzt gibt Auskunft über die Herzgruppe in der Nähe des Wohnortes und Krankenkassen übernehmen in der Regel die Teilnahmekosten. Das Besondere solcher Gruppen ist, dass das Training unter ärztlicher Aufsicht erfolgt, ein- bis zweimal in der Woche rund 60 bis 90 Minuten lang.
Sport auf Rezept
Wer vorbeugend etwas für sich und gegen einen möglichen Herzinfarkt tun möchte, kann die Risikofaktoren meiden und sich einer Präventionsgruppe für Herzinfarkt-Gefährdete anschließen. Besucht man die regelmäßig, ersetzen manche Krankenkassen die Teilnahmegebühren.