radioWissen Franz Schubert und Winterreisen

Die Winterreise
Ein literarisches Motiv
Autorin: Hanna Dragon / Regie: Frank Halbach

Franz Schubert
Ein Winterkind
Autorin: Katharina Neuschäfer / Regie: Petra Herrmann

Das Kalenderblatt
4.2.1943
Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" in Zürich
Autorin: Isabella Arcucci

Die Darstellung frostiger, erstarrter Landstriche in der Literatur unterstreicht häufig die existenzielle Krise des Reisenden, wie bei dem von Todessehnsucht erfüllten Hans Castorp in "Zauberberg" von Thomas Mann. Doch spiegelt die Winterreise nicht zwangsläufig einen Verfallsprozess des Protagonisten wider. In Goethes Hymne "Harzreise im Winter" gelangt das lyrische Ich zu neuem Selbstbewusstsein, indem es den schneebedeckten Brocken erklimmt und sich damit gegen die erhabene Natur behauptet. Das Motiv ist eine Metapher für Ambivalenzen: Heinrich Heine drückt in seinem satirischen Versepos "Deutschland. Ein Wintermärchen" nicht nur seine Kritik an der Politik der Restaurationszeit, sondern auch die Liebe zu seiner Heimat aus. Zudem ist das Reisen durch winterliche Landschaften stets mit einer Reflexion über eigene dichterische Tätigkeit verbunden. Diese wird in "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" von Italo Calvino zum zentralen Thema - wobei die Winterreise gar nicht unternommen wird.
Franz Schubert (1797-1828) ist ein Winterkind. Durch die wenigen Strophen seines Lebens ziehen sich der Winter und die Kälte wie ein immer wiederkehrender Refrain. In 31 wechselhaften Jahren durcheilt Schubert Freundschaft und Einsamkeit, Erfolge und Niederlagen, Glück und Enttäuschungen. 31 Jahre, in denen unzählige Kompositionen entstehen, Symphonien und Opern, Kammermusikwerke und Messen, Streichquartette und Lieder. Klingende Zeugnisse eines zutiefst empfundenen Daseins, voller Tiefe und Sehnsucht, aber auch voller Gewissheit eines immer existierenden Glücks. Eine gespaltene Künstlerpersönlichkeit, die durch die Unverwechselbarkeit ihres Personalstils die Musikgeschichte geprägt hat.

Redaktion: Petra Herrmann
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