radioTexte am Dienstag Eva Menasse: Lieber aufgeregt als abgeklärt
Dienstag, 04.06.2019
21:05
bis 22:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Unter Piefkes läuft die österreichische Schriftstellerin zur Hochform auf. In ihren Essays über den Berliner Humor, Bürohunde und Künstlerdissidenten verbindet Eva Menasse Poetisches mit Polemischem. Für ihr publizistisches Werk erhält sie den diesjährigen Ludwig-Börne-Preis.
Autorenlesung und Gespräch
Heinrich Böll, Imre Kertész und Georg Kreisler, geschätzte, geliebte gleichzeitig unbequeme, zu Lebzeiten kritisierte Autoren, scheinen bei der Entstehung von Eva Menasses Essays "Lieber aufgeregt als abgeklärt" Pate gestanden zu haben. Aber auch Günter Grass und Martin Walser. Wer diese Schriftsteller, ihren Lebenslauf, ihr politisches Engagement und ihre Werke kennt, weiß, wie wortgewaltig sie sich an gesellschaftsrelevanten, demokratischen Debatten beteiligt haben, um den politischen Diskurs mitzubestimmen und - ohne Rücksicht auf Verluste - an die öffentliche Rolle des Schriftstellers zu erinnern. Der in Deutschland, wie Eva Menasse meint, fast alles falsch machen kann. Unvergessen die Attacken gegen Böll während des Deutschen Herbstes, Walsers Provokation durch seine "Moralkeule". Für sie alle gilt: Wer den Mund aufmacht, macht sich angreifbar. Hat die Wiener Schriftstellerin Angst vor Angriffen? Mitnichten. Diese Erkenntnis hindert sie keineswegs, sich zu Wort zu melden, ihr Gesicht zu zeigen und sich angreifbar zu machen. "Das Erbe Böll scheint nicht ganz verloren zu sein", schreibt die seit mehreren Jahren in Deutschland lebende Heinrich-Böll-Preisträgerin, die gerne ihren Kölner Gewährsmann zitiert: "Herr Oberst, wir gefährden die Demokratie nicht, wir machen Gebrauch von ihr." Daher ihre Maxime: Liebe eine aufgeregte Autorin als eine abgeklärte Nichtwählerin. Aber auch über ihr Leben unter Piefkes, die Unterschiede zwischen Berlin und ihrer Geburtsstadt Wien weiß Eva Menasse präzis und packend, eloquent und elegant zu erzählen. Für ihr publizistisches Werk erhält sie den renommierten Ludwig-Börne-Preis.