Die Quellen sprechen (14) Hörspiel
Freitag, 28.06.2019
21:05
bis 22:30 Uhr
BAYERN 2
Die Quellen sprechen
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden
durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945
Eine dokumentarische Höredition
Teil 14: Besetztes Südosteuropa und Italien
Bearbeitung: Sara Berger, Erwin Lewin, Sanela Schmid und Maria Vassilikou
Manuskript: Christian Lösch
Regie: Ulrich Lampen
BR in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitgeschichte/Edition "Judenverfolgung 1933-1945", 2019
Ursendung
www.die-quellen-sprechen.de
Südosteuropa spielte lange Zeit eine sekundäre Rolle in der Strategie der NS-Führung. Es galt ihr eher als agrarisches Hinterland des Deutschen Reiches und als Einflusssphäre seines wichtigsten Verbündeten Italien. Das änderte sich schlagartig mit dem militärischen Debakel der Italiener in Griechenland im Winter 1940/41, als die vermeintlich unterlegene griechische Armee die Angreifer zurückschlug. Hitler, schon ganz mit den Vorbereitungen für das Unternehmen Barbarossa beschäftigt, sah sich gezwungen, seinem Achsenpartner und einstigem Vorbild Mussolini zu helfen. Im April 1941 griff die Wehrmacht Jugoslawien und Griechenland an, mit fürchterlichen Folgen für die jüdische Bevölkerung auf dem Balkan. Denn wo immer die Deutschen auftauchten, bedeutete das eine beschleunigte und schärfere Verfolgung der Juden.
Teil 14 dokumentiert die Verfolgung und Ermordung der Juden in den von den Achsenmächten besetzten Ländern Jugoslawien, Griechenland und Albanien, aber auch Italien, das nach dem Sturz Mussolinis selbst von der deutschen Wehrmacht besetzt wurde. Die deutsche Vernichtungspolitik in Südosteuropa widerspricht der These, dass es strategische, politische oder wirtschaftliche Motive waren, die zum Mord an den Juden führten, weder galten die Juden auf dem Balkan als besonders einflussreich und begütert, noch gab es hier eine nennenswerte kommunistische Bewegung. Letztere entwickelte sich erst allmählich durch die deutsche Terrorpolitik in Serbien 1941. Der Verlauf des Holocaust in Südosteuropa zeigt, mit welcher kriminellen Energie deutsche Stellen den Massenmord vorantrieben und wie eng verschiedene Institutionen hier zusammenarbeiteten. Die Wehrmacht war maßgeblich am Holocaust in den Militärverwaltungsgebieten Serbien und im Raum Saloniki beteiligt, das Auswärtige Amt übte erheblichen Druck auf die Verbündeten aus, Juden aus deren Machtbereich auszuliefern; im Fall Kroatien war dieser Druck kaum vonnöten. Von den 71 000 jüdischen Einwohnern Jugoslawiens 1941 starben etwa 60 000, ebenso von 78 000 jüdischen Einwohnern in Griechenland etwa 60 000. Die Ermordung von annähernd 85 Prozent der jüdischen Bevölkerung im südlichen Balkan entsprach damit fast jener Dimension, die die deutsche Vernichtungspolitik in Polen, im Baltikum oder in der Sowjetunion erreichte.