Bayern 2

     

radioFeature Radiophone Erkundungen

Fischmarkt in Wladiwostok. | Bild: BR/Christine Hamel

Samstag, 12.01.2013
13:05 bis 14:00 Uhr

BAYERN 2

Wenn die Chinesen kommen…
Erkundungen an der längsten Grenze der Welt
Von Christine Hamel
Wiederholung am Sonntag, 21.03 Uhr

"Sie werden in kleinen Gruppen von fünf Millionen die Grenze überschreiten", prophezeite vor einiger Zeit Russlands Nato-Botschafter Dmitrij Rogosin. Und die "Iswestija" fragte: „Sind die Chinesen noch Gäste oder schon Hausherren?“ Moskau wähnt Gefahr im Osten: Hunderttausende Chinesen sind in den vergangenen 20 Jahren aus den bevölkerungsreichen Nordprovinzen Chinas ins benachbarte, menschenleere Sibirien geströmt. An Amur und Ussurij herrscht hochtouriges Hin und Her.
Jahrzehntelang war die russische Ostgrenze genauso abgeriegelt wie die Westgrenze; in Sibirien stießen Maoisten und Sowjets aufeinander, tief zerstritten in ideologische Richtungskämpfe. 3645 Kilometer Grenze teilen sich Russland und China - es ist eine der längsten der Welt. Hier dürfte sich einer der wichtigsten Machtpoker der kommenden Jahrzehnte abspielen.
Schließen sich Russland und China zu einem wirtschaftspolitischen Bündnis zusammen, an dem alle amerikanischen Hegemonialansprüche abprallen? Oder übernimmt Russland die Rolle eines letzten europäischen Bollwerks gegenüber einer autoritären asiatischen Großmacht? Gibt es künftig einen Aufsteiger China und einen Absteiger Russland? Oder wird Sibirien womöglich einfach chinesisch? Am Amur findet nicht nur reger Handel statt, es bilden sich auch immer mehr gemischte Paare. Erfolgsorientierte Russen lernen Mandarin, denn China gibt in der Grenzregion den Ton an. Entsprechend groß ist das russische Misstrauen. In schwindelerregendem Tempo entstehen in Chinas nordöstlichen Provinzen hypermoderne Städte, unterfüttert mit dem Reichtum Sibiriens. In Russisch-Fernost stoßen zwei autoritäre Großreiche aufeinander, ein Spitzentreffen, das es lohnt, genauer unter die Lupe genommen zu werden.
(WH vom 12.5.2012)