Zündfunk extra Lieblinge der Zündfunk-Redaktion: Die Sopranos

Passionsspiele
Legendäre Typen und Lieblingsklassiker der Zündfunk-Redaktion
Heute: Die Sopranos
Von Katja Huber
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk

In der Zündfunk-Reihe "Passionsspiele" zwischen den Jahren beleuchten wir Klassiker und Legendäre Typen der Popkultur neu.
Kommt ein Mann zum Psychiater. Was am 10. Januar 1999 auf diesen nicht unbedingt spektakulären Einstieg folgt, ist weder ein Witz noch eine erfolgreiche Therapie, sondern: der Beginn einer neuen Zeitrechnung im amerikanischen Fernsehen, die Neuerfindung von Genres wie "Mafiafilm" und "Familienkomödie". Mit "The Sopranos", der ersten und erfolgreichsten unter den neuen amerikanischen Qualitätsserien, konnten Zuschauer sich in acht Jahren, sechs Staffeln und 86 Episoden an ein Fernsehen gewöhnen, das den Regelbruch kultivierte: Statt Spannungsbogen, Haupt- und Nebenhandlung präsentierte "The Sopranos" fünf Handlungsstränge, Schlüsselszenen, die keine waren, Hauptfiguren, die aus der Serie verschwanden als wären sie Statisten und – einen verantwortungsvollen Familienvater, der seine Sippe nicht ohne Panikattacken und Verbrechen durchs Leben bringt. Sopranos-Regisseur David Chase hat ein Herz für die Familie und für die "familiy", die Mafia. Er hat ein Herz für Amerika und für die Mittelschicht. Und weil er all diese Institutionen ernst nimmt, beschönigt er auch nichts, sondern zelebriert den Niedergang: Den Niedergang der Familie, der Mittelklasse und der Kultur - herzzerreißend, sarkastisch und unterhaltsam. Höchste Zeit, auch im Zündfunk das zu zelebrieren, was gerade noch rechtzeitig zur Jahrtausendwende die US-amerikanische Fernsehgeschichte revolutionierte.