Zündfunk extra Decolonizing Pop Music
Sonntag, 02.01.2022
19:05
bis 20:00 Uhr
BAYERN 2
Decolonizing Pop Music: Wie wir uns immer weiter von der angloamerikanischen Musikdominanz entfernen
Von Ann-Kathrin Mittelstraß
Diese Sendung zum Nachhören unter: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast und in der neuen Bayern 2 App verfügbar
Für Melissa Kolukisagil ist der Schlüsselmoment das Fusion Festival 2018. Sie steht im Publikum, als die Amsterdamer Band Altin Gün alte türkische Lieder im neuen psychedelischen Synth-Pop Gewand auf das Publikum loslässt - und alle rasten aus.
Alle - das sind vor allem weiße Indie-Kids, die auf einmal die Songs feiern, die Melissa Kolukisagil seit ihrer Kindheit kennt. Sie ist Gastarbeiterkind, hat lange mit ihrer türkischen Herkunft gehadert, alles Türkische abgelehnt. Und auf einmal muss sie Übersetzerin auf dem Dancefloor spielen. Jetzt, wenige Jahre später, organisiert sie das İç İçe-Festival., das Festival für Anatolische Musik in Berlin. “So, jetzt endlich sind wir auch dran!” sagt sie, die zu ihren Wurzeln zurückgefunden hat.
Was Melissa Kolukisagil erlebt, dass sich eine breitere, weiße Öffentlichkeit für Musik von den Rändern interessiert und nicht mehr nur die immer schon Nischen-orientierten und informierten MusikhörerInnen, lässt sich auch in anderen Bereichen beobachten: Künstler aus Afrika wie Burna Boy, Wiz-kid oder Mr. Eazi sind in den westlichen Mainstream-Charts. Der puertorikanische Reggaeton-Künstler Bad Bunny konnte 2020 das erste komplett spanischsprachige Album auf Platz 1 der Billboard-Charts landen. Der Latin-Hype ist ungebrochen. Tuareg Wüstenrocker Mdou Moctar veröffentlicht nicht mehr auf dem kleinen Sahel-Sound Nischenlabel, sondern inmitten von etablierten US-Indierockern bei Matador Records.
Dieser Generator geht der Frage nach, ob wir uns immer mehr von der anglo-amerikanischen Musikdominanz entfernen und der Global Pop endgültig in der Mitte angekommen ist und was die Gründe dafür sind. Wir sprechen mit Veranstalterin Melissa Kolukisagil, Rapperin Ebow, der deutsch-türkischen Sängerin Derya Yıldırım, dem Musikchef der Global Pop-Welle WDR Cosmo und dem arabischen Musiker und Musikforscher Khyam Allami, der eine Software entwickelt hat, um die westlichen Tendenzen in den gängigen Musikproduktionssoftware abzuschaffen.
Wiederholung vom 27. Juni 2021