Bayern 2-Radio Revue: Hörspiel "Meister und Margarita" (8/12) von Michail Bulgakow
Sonntag, 01.01.2023
21:05
bis 22:00 Uhr
BAYERN 2
Meister und Margarita (8/12)
Aus dem Russischen von Alexander Nitzberg
Erzähler 1 - Michael Rotschopf
Margarita - Valery Tscheplanowa
Korowjew - Wolfram Berger
Azazello - Werner Wölbern
Ferner: Thomas Thieme, Gottfried Breitfuß, Caroline Ebner, Jacqueline Macauly und Christiane Roßbach
Bearbeitung, Komposition und Regie: Klaus Buhlert
BR 2014
Als Podcast verfügbar
Folge 8 von 12
In der Wohnung Nr. 50 in der Moskauer Gartenstraße wird Margarita eröffnet, dass sie auserwählt wurde, auf Wolands großem Satansball als Gastgeberin aufzutreten und macht zum ersten Mal die Bekanntschaft des Teufels. Der Ball ist ein rauschendes Fest, die Gäste sind Selbstmörder, Giftmischerinnen, Gehängte.
"Meister und Margarita": Eine fantastische Abenteuergeschichte, eine Liebesgeschichte, eine philosophische Parabel über Gut und Böse sowie über die Macht und Ohnmacht der Kunst, eine Groteske über die russische Bürokratie - ein "russischer Faust". Viele lasen den Roman von Michail Bulgakow (1891- 1940) nach seinem Erscheinen 1966/67 in der Sowjetunion und lernten ihn auswendig. Der zentrale Handlungsort, die Wohnung Nr. 50 in der Sadowaja 302 b, in der Bulgakow selbst von 1921 bis 1924 lebte, wurde zur Pilgerstätte. Im Roman haust dort der schwarze Magier Woland, der die Stadt Moskau auf den Kopf stellt. In dieser grotesken Moskauer Teufelsgeschichte liegen Wahn und Wirklichkeit nah beieinander. Bulgakow zeichnet eine Gesellschaft, die haltlos und ohne Orientierung ist. Der Moskauer Handlungsstrang wird durch einen zweiten Strang unterbrochen, in dem es um die Verurteilung des Jeschua Ha-Nozri durch den römischen Prokurator Pontius Pilatus geht. Pilatus leidet an Migräne, misstraut den Menschen, liebt nur seinen Hund, hasst das schwül-heiße Jerschalajim und denkt daran, sich das Leben zu nehmen. Dass er diesen gutmütigen, aber auch unterhaltsamen jungen Mann zum Tod am Kreuz verurteilen soll, missfällt ihm. Er ist jedoch dazu verpflichtet - und so wird Jeschua auf den "Kahlen Berg" gebracht - in der russischen Literatur der Ort für Hexensabbat und Teufelstanz. Diese Erzählstränge unterscheiden sich sprachlich sehr deutlich und werden von Romanbeginn an miteinander verschränkt. Nach etwa zweihundert Seiten tritt der Urheber des Romans im Roman auf: der Meister, ein Ende dreißigjähriger, ehemaliger Schriftsteller. Einst hatte er als hochgebildeter Historiker in einem Moskauer Museum gearbeitet, jetzt aber sitzt er in der Irrenanstalt. Die Veröffentlichung einiger Kapitel seines Meisterwerks erregte jedoch so viel öffentliches Ärgernis, dass er in Wahnsinn verfiel. Seine Geliebte, die verheiratete wohlhabende Margarita, hat er seitdem nicht wiedergesehen. Sie vermissen einander - und so lässt sich die an Abenteuern interessierte Margarita auf einen faustischen Vertrag mit einem Assistenten Wolands ein. "Meister und Margarita" zeigt das Diabolische im Alltag der Diktatur, wobei sich Bulgakows Kritik weniger gegen den Diktator Stalin richtete als gegen das bürokratische System der Sowjetunion, in dem er als Schriftsteller durch Zensur erniedrigt wurde. Bulgakow beschreibt diesen Kampf des Individuums als einen Hexentanz, der sich ausdrückt durch verfemte Literatur und menschliche Liebe, die den Tod zu überwinden vermag.