Bayern 2

     

Bayern 2 Salon Sophie Hunger: Walzer für Niemand

Sophie Hunger: Walzer für Niemand | Bild: BR

Samstag, 05.04.2025
14:05 bis 15:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Ein Roman wie ein Song, ein Song wie ein Roman. Viel Musik, eine Freundschaft, eine Katastrophe, die sich anbahnt. Und ein besonderes Konzert. Das erste Buch der Musikerin. Sophie Hunger im Gespräch. Lesung mit Xenia Tiling.

„Dein Lieblingslied war Abel Meeropols „Strange Fruit“, gesungen von Billie Holiday. Du sagtest, wir dürften es immer nur am Ende eines Tages hören, wenn wir entkleidet im Bett lagen und kein Bus mehr am Fenster vorbeifuhr. Es erinnerte uns an ein Gebet. Dieses Stück sollte das letzte Wort haben. Sein letztes Wort war crop. Wir wussten nicht, was crop bedeutete.“ (aus: „Walzer für Niemand“ von Sophie Hunger)


Sie sind gemeinsam aufgewachsen: die Erzählerin in Sophie Hungers Roman „Walzer für Niemand“ und derjenige, zu dem sie - in der Erinnerung - spricht. Er ist der Niemand. Und beide sind Kinder von Militär-Diplomaten aus der Schweiz. Also: alle paar Jahre eine neue Heimat auf Zeit, immer wieder eine neue Schule, Außenseiter, Einsamkeit. Sie sind fortwährend füreinander da. Und sie haben die Musik. Songs von Nina Simone und Billie Holiday, von Lou Reed oder Radiohead (und auch von Sophie Hunger). Sie hören Schallplatten. Und Niemand begleitet die Erzählerin auf ihrem langen Weg in die Musik, bis zu ihrem ersten großen Konzert im Pariser Bataclan. Sie steht auf der Bühne, spielt Gitarre und singt. Er aber verschwindet.

In ihrem literarischen Debüt „Walzer für Niemand“ entfaltet Sophie Hunger - eine der großartigen Musikerinnen unserer Zeit - ein ganzes Bündel an Geschichten. Da ist die vom Weg ins Leben, das Erwachsenwerden und der Abschied von der Kindheit. Dort ist die eines Paares, das sich verliert. Da schließlich die von der Entdeckung der Musik und dem Wunsch, ganz für sie und von ihr zu leben. Und nicht zu vergessen, die der Walserinnen, einer alten Kultur in den hohen Schweizer Bergen. Man könnte sagen: der „Walzer für niemand“ hat viele Strophen. Es gibt ein frühes, gleichnamiges Lied von Sophie Hunger, still, nur vom Klavier begleitet. „Das ist nur eine mögliche Interpretation dieses Inhaltes“, erzählt die Musikerin im Gespräch. „Würde man sie als Roman interpretieren, was wäre das für eine Geschichte?“ Für sie ein erster Schneeball. Ihm folgte der Roman.

Sophie Hungers „Walzer für Niemand“ ist im Verlag Kiepenheuer und Witsch erschienen - ein leises und gleichzeitig auch lautes Buch, melancholisch und ebenso voller Musik. Im Bayern 2-Podcast „Buchgefühl - Gespräch und Lesung“ erzählt die Musikerin über ihre Neuinterpretation eines Songs, über das Schreiben und die Faszination einer kreisenden Schallplatte. Die bei München lebende Schauspielerin Xenia Tiling liest aus „Walzer für Niemand“. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages präsentieren wir Gespräch und Lesung im Podcast „Buchgefühl“, zu finden in der ARD Audiothek. Redaktion und Moderation: Niels Beintker