radioTexte am Donnerstag Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras (4/4)
Donnerstag, 17.03.2016
21:05
bis 22:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
"Atempause auf einem verdammten Schlachtfeld“ - Koeppens Roman spiegelt einen Nachkriegstag in München, viel alter Schutt, viele kaputte Geschichten, viele Hoffnungen
Gelesen von Achim Höppner
Moderation: Judith Heitkamp
Ein Schriftsteller mit Schreibblockade, eine Frau, die Geld auftreiben muss, ein hungriger Arzt, bildungsbeflissene amerikanische Lehrerinnen, ein schwarzer GI, eine Schwangere zwischen schwarz und weiß, ein koffertragender Dienstmann, ein jüdisches Kind, ein nicht-jüdisches Kind. Wolfgang Koeppens 1951 erschienener Roman "Tauben im Gras" beschreibt Menschen in München, ein paar Jahre nach dem Weltkrieg - und zugleich beschreibt er ganz Nachkriegsdeutschland. Ein Tag steht für alles. Die Experten streiten darum, ob 1949 gemeint ist oder 1951 oder eben kein konkreter historischer Tag. Auch München ist zwar erkennbar, aber eher angedeutet, es bleibt verallgemeinerbar. Die Zeit stockt noch immer, der Kalte Krieg hat begonnen, es ist eine "Atempause auf einem verdammten Schlachtfeld", so heißt es zum Schluss. "Alles in den Tauben im Gras war ungewöhnlich", schrieb Marcel Reich-Ranicki seinerzeit in einem ersten Rückblick - aus den 60er Jahren auf die 50er: "… die Technik, die sprachliche Kraft und nicht zuletzt die Aggressivität der gesellschaftskritischen Anklage." Anlässlich von Koeppens 20. Todestag sind in der klassischen Lesung auf Bayern 2 vier Folgen aus diesem Sprachkunstwerk zu hören, das in der Interpretation von Achim Höppner seine ganze Kraft entfaltet. Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp.