Tsitsi Dangarembga "Überleben" Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels
Außerdem im Büchermagazin: Nominiert für den Deutschen Buchpreis: Sasha Marianna Salzmann und neuer Roman über Mütter, Töchter und Migranten. "Terra Alta": Erfolgsautor Javier Cercas' Kriminalgeschichte über Schatten des Spanischen Bürgerkriegs und eine Rache heute. "Nastjas Tränen": Natascha Wodin erzählt ein Frauenleben aus Osteuropa im Spiegel der eigenen Familie. "Tschefuren raus!": Der Kultroman des Slowenen Goran Vojnovic über jugendliche Migranten in Ljubljana.
Am 24. Oktober erhält Tsitsi Dangarembga den renommierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Seit über 30 Jahren setzt sich die Schriftstellerin und Filmemacherin in Simbabwe für Frieden, Demokratie und Frauen ein. Neu auf Deutsch: "Überleben", der dritte Roman ihrer Trilogie über eine junge schwarze Frau vom Land, die um ein selbstbestimmtes Leben ringt.
Als im Juni bekannt wurde, dass der Friedenspreis des deutschen Buchhandels, mit dem die Frankfurter Buchmesse immer endet, in diesem Jahr an Tsitsi Dangarembga geht, waren viele ratlos. Höchste Zeit, sie kennenzulernen. Tsitsi Dangarembga ist eine couragierte Schriftstellerin und Filmemacherin in Zimbawe, die in Berlin Filmregie studierte, nach Simbawe zurückkehrte, dort als Künstlerin arbeitet und für die Rechte von Frauen eintritt. Nun ist sie als Aktivistin in Simbabwe angeklagt, weil sie gegen Korruption und für Reformen protestierte. Die Regierung unter Emmerson Dambudzo Mnangagwa mißbrauche die Pandemie, um legitime Demonstrationen zu unterbinden, sagt Tsitsi Dangarembga.
"Überleben" heißt der dritte Band ihrer bemerkenswerten Trilogie über Tambudzai, ein junges Mädchen, das zur Frau wird und um ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Sie baut Mais an, um Geld für die Schule zu verdienen, darf aber erst zur Missionsschule, als der Bruder stirbt, der Vorrang hatte. Sie hat Erfolg als Werbetexterin, kündigt aber, weil weiße Männer ihre Ideen stehlen. Als ihr seelisches Gepäck von Rassismus, und Repression als schwarze Frau im Patriarchat Zimbawes zu schwer wird, geht's abwärts: Tambudzai verläßt die Familie, das Wohnheim, lebt in einem schmutzigen Zimmer, ist arbeitslos, depressiv, wird Lehrerin, attackiert eine Schülerin, landet in der Psychiatrie, beginnt von Neuem und sucht lange ihren Weg. Das klingt düster, aber Tsitsi Dangarembga zieht ihr Publikum so geschickt ins Geschehen, daß sich Leser und Leserinnen dem Sog der Geschichte nicht entziehen können. In Gedanken spricht Tambudzai zu sich selbst, im Du, das schaffe Intimität und Distanz zugleich, sagte Tsitsi Dangarembga im Exklusiv-Interview mit Cornelia Zetzsche.
"Ich habe mich in meiner Arbeit auf Frauen konzentriert, denn meine Erfahrung war, daß Frauen in dieser Region zum Schweigen gebracht worden waren, daß ihre Geschichten nicht erzählt wurden, während es viele kulturelle Ausdrucksformen gab, die sie glauben machten, sie seien minderwertig und könnten nicht viel fordern. - Mir war es wichtig, einen Raum zu schaffen, in dem Frauen zusammen kommen und darüber sprechen konnten, was sie über die Welt dachten und beitragen konnten zu einer besseren Welt für uns alle."
Tsitsi Dangarembga
"Überleben". Aus dem Englischen von Anette Grube. Für 24 € neu im Berliner Orlanda Verlag, der seit vier Jahren unter dem Motto „Frauen, Weltkultur und Bewegung“ arbeitet.