Abt Jeremias Schröder Gedanken zur Fastenzeit
Vor ein paar Wochen habe ich ein altes Kloster in Südtirol besucht. In der Schatzkammer zeigte mir der Abt einen Totenschädel, der mit schimmernden Perlen und goldenen Bordüren verziert war.

08. April
Dienstag, 08. April 2025
Vor ein paar Wochen habe ich ein altes Kloster in Südtirol besucht. In der Schatzkammer zeigte mir der Abt einen Totenschädel, der mit schimmernden Perlen und goldenen Bordüren verziert war, und zwar so eindrucksvoll, dass der ohnehin abschreckende Märtyrerschädel eher noch grusliger wirkte. Ich verstehe zwar, warum man das vor 300 Jahren so gemacht hat, aber ich bin ziemlich froh, dass dieser Art von Knochenkult nicht mehr besonders ernst genommen wird.
In meinem Elternhaus gab es nur eine einzige Reliquie, mit der wir ziemlich ehrfurchtsvoll umgegangen sind. Das war die alte Konfirmationsbibel meiner protestantischen Oma. Das war ein mächtiger Band mit Goldschnitt. Der Pfarrer hatte – recht früh im vorigen Jahrhundert - einen Bibelspruch hineingeschrieben, den ich bis heute hersagen kann.
Die meisten Menschen haben heute eher zu viele als zu wenig Gegenstände im Haus. . Aber dass man sich auch mit ein oder zwei Dingen umgibt, durch die uns verstorbene Menschen und das, was ihnen wichtig war, nahe bleiben, ist eine sehr schöne Art, unsere kleine enge Welt etwas weiter zu machen. Es müssen wirklich nicht die alten Knochen sein.
Abt Jeremias Schröder / unveröffentlichter Text