Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. Juli 1935 VW Käfer beginnt zu rollen

Runde Scheinwerferaugen zum Liebhaben, knubbelige Kotflügel, wahlweise mit Winker oder Brezelfenster - keiner hat so nachhaltig in unseren Herzen geparkt wie der VW Käfer. Zwar rollt er erstmals unter widrigen Umständen vom Band, aber er rollt ja weiter. Und weiter. Autorin: Regina Fanderl

Stand: 03.07.2017 | Archiv

03.07.1935: VW Käfer beginnt zu rollen

03 Juli

Montag, 03. Juli 2017

Autor(in): Regina Fanderl

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Eigentlich ist der Käfer ja ein Porsche! So geht’s schon mal los. Den ersten VW-Käfer -  am 3. Juli 1935 der neugierigen Öffentlichkeit präsentiert - konstruiert hat nämlich der böhmische Spengler-Sohn mit dem schneidigen Schnurrbart, Ferdinand Porsche. Zur Freude von Abermillionen von Käferbesitzern, und das über fast sieben Jahrzehnte hinweg!!! Toll!!!

Die Hintergründe sind leider nicht so trallala. Die Idee zum, in der Planungsphase tatsächlich "Porsche" genannten Automobil, ist nämlich auf dem Gedankengut-Misthaufen der Nazis gewachsen. Ähnlich dem "Volksempfänger" sollte der "Volksgemeinschaft" nun der "Volkswagen" beschert werden. Dabei ging‘s den "feinen" Herren in der Führerriege um nichts anderes als ums Renommee!

Dem Volk sein Wagen

Reichsdeutschland war nämlich im europäischen Vergleich völlig untermotorisiert! Während hierzulande um 1930 rund 500.000 Kraftfahrzeuge über die Straßen rollten, waren es in Frankreich mehr als eineinhalb Millionen! Von den USA gar nicht zu reden! Und was sollten die kreuz und quer durchs Land gebauten Reichs-Autobahnen, wenn darauf nur alle paar Stunden mal ein Fahrzeug kurvte?

Hitler blies zur Motorisierung der Massen und beauftragte die Lustbarkeitsvereinigung "Kraft durch Freude", bei dem Projekt die Feder zu führen. Den Namen der Volksmassenorganisation sollte auch das Automobil tragen, das zu bauen die Machthaber - die ihrerseits nicht vorhatten, auf ihren komfortablen Daimler zu verzichten - dem oben genannten Porsche Ferdl aus dem böhmischen Maffersdorf  übertrugen. Robust sollte es sein, verlässlich, preiswert und sparsam im Verbrauch - ein Fahrvergnügen für jedermann.

Porsche griff bei der Umsetzung teilweise auf Fremdentwürfe zurück, was seine VW- Urheberschaft später etwas verblassen ließ.

Die ersten drei Wagen, in Porsches Garage in Stuttgart zusammengebaut, basierten auf dem Prototyp der Neckarsulmer Fahrzeugvereinigung NSU. (Ein Kürzel, das heute eher Unbehagen auslöst.)

Per Sparschwein zum Eigen-Kfz

Dann wurde ordentlich die Werbetrommel gerührt: "Fünf Mark die Woche musst Du sparen - willst Du im eignen Wagen fahren!" Dem Slogan folgten mehr als 300.000 deutsche Sparer. Dumm nur, dass man den KdF-Wagen gar nicht kaufen konnte! Auf dem 1938 mit großem Getöse gelegten Grundstein im niedersächsischen Fallersleben bei Wolfsburg entstand zwar Europas modernste Autofabrik. Doch ein Jahr später montierten dort Normal- und Zwangsarbeiter statt flotten Volkswagen geländetaugliche Kübelwagen für die Wehrmacht zusammen.

Nach dem Krieg war das Auto mit der gedrungenen Silhouette genau der Wagen, den eine schwierige Zeit verlangte. Schon 1946 wurden 10.000 - nun völlig entnazifizierte - Stück gebaut und drei Jahre später erreichten die ersten "Buckelporsche" die USA. Beetle nannten ihn die Amerikaner nach seiner Form. Auf Deutsch: Käfer. Das letzte blecherne Krabbeltier lief am 30. Juli 2003 in Mexiko vom Band. Es war Käfer Nummer 21.529.464.


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