6. November 1940 Fidel Castro bittet um zehn Dollar
Am 6. November 1940 bat der damals 13-jährige Fidel Castro den US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt in einem Brief um zehn Dollar. Hätte er sie ihm geschenkt, wäre die Geschichte zwischen den Ländern vielleicht anders verlaufen.
06. November
Mittwoch, 06. November 2013
Autor(in): Andreas Miekisch
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Angela Smets
Redaktion: Thomas Morawetz
Der Krieg zwischen den USA und Spanien um dessen Kolonie Kuba ist kaum zu Ende, da kehrt ein ehemaliger spanischer Soldat als Privatperson auf die karibische Insel zurück. Im äußersten Osten, wo zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Zuckerrohrhandel blüht, lässt sich der mittellose Bauer Angel Castro nieder und schafft es in kurzer Zeit zum angesehenen Großgrundbesitzer, der zweimal heiratet und eine fröhliche Schar Kinder in die Welt setzt. Eines von ihnen wird diese später während der Kubakrise zwischen den USA und der Sowjetunion an den Rand eines Atomkrieges führen.
"Thank you very much. Your friend"
Vielleicht wäre es dazu nicht gekommen, wenn der amerikanische Präsident Franklin Delano Roosevelt auf eine Bitte reagiert hätte, die ihm seinerzeit der 13-jährige Fidel Castro vorgetragen hatte: In einem Brief vom 6. November 1940 wünscht sich der kubanische Teenager eine "amerikanische grüne Zehn-Dollar-Note" vom Präsidenten. Warum? Nun, er habe noch nie eine gesehen, "hätte aber sehr gerne eine solche", wie er freimütig in seinen Zeilen bekennt.
Weshalb er sich mit seinem Wunsch ausgerechnet als den Präsidenten der Vereinigten Staaten wendet, lässt er offen. Stattdessen bietet der junge Fidel dem sicherlich nicht schlecht staunenden Roosevelt seine Hilfe an - falls dieser nach Kuba kommen wolle, um Eisen für seine Schiffe abzubauen. Er, Castro, kenne die besten Minen im ganzen Land und würde sie dem Präsidenten auch zeigen. Mit einem "Thank you very much. Your friend" verabschiedet sich der kubanische Teenager schließlich - freilich nicht, ohne seinen Namen und die genaue Adresse anzugeben.
Wie lange Castro auf eine Antwort gewartet hat, ist nicht überliefert. Irgendwann muss es aber zu einem gewaltigen Meinungsumschwung gegenüber den USA gekommen sein: Jedenfalls zettelt er 1956 eine Revolution gegen den von den Vereinigten Staaten unterstützten, kubanischen Diktator Fulgencio Battista an.
Danach enteignet der Commandante alle der sich meist in US-amerikanischer Hand befindlichen Großkonzerne auf Kuba. Als nächstes verdirbt er der italienischen und jüdischen Mafia, die unter dem Namen Kosher Nostra bekannt ist, ihre einträglichen Geschäfte auf der Insel. Meyer-Lansky, der in New York ansässige Boss der Kosher Nostra in den USA, hatte Havanna seit den 40er-Jahren in ein gigantisches Bordell und Glücksspielcasino verwandelt. Nach Castros Durchgreifen ist es damit vorbei. Die verruchten Dollars des Kosher Nostra-Bosses Meyer-Lansky rollen fortan in Kuba nicht mehr - besonders nachdem Castro sie als Zahlungsmittel ganz verbietet.
Hunderte Attentatsversuche
Es folgen schwere Jahre, sowohl für die Kubaner als auch für den Maximo Lider selbst. 638 Attentatsversuche auf Castro zählt das kubanische Innenministerium, die meisten ausgeführt von US-amerikanischen Agenten. Als Castro 2008 - nach beinahe fünfzig Jahren als kubanischer Regierungschef - zurücktritt, war er an so vielen Ereignissen der Weltgeschichte beteiligt, dass sein Jugendbrief an Franklin D. Roosevelt längst in Vergessenheit geraten ist. Dennoch bleibt eine Frage, wie die kubanische Geschichte verlaufen wäre, wenn der US-Präsident ihm die zehn Dollar damals geschenkt hätte - vielleicht wäre es der Anfang einer Freundschaft und die beste Investition der amerikanischen Geschichte geworden.