12. April 1978 Uraufführung von Ligetis "Le Grand Macabre"
Gerüchte von einer Porno-Oper machten die Runde. Aber in Wahrheit ist Ligetis "La Grand Macabre" eine Cartoon- oder Comic-Oper. Autor: Frank Halbach
12. April
Mittwoch, 12. April 2017
Autor(in): Frank Halbach
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Wer ihn nicht kennt, kennt ihn wahrscheinlich doch. Also wenigstens ein bisschen. Seine Musik untermalt den Beginn der Menschheit und illustriert den rätselhaften schwarzen Monolithen in Stanley Kubricks Science-Fiction-Meisterwerk "2001: Odyssee im Weltraum": György Ligeti, "der Erneuerer der Neuen Musik". Spaßig fand es Ligeti nicht, dass Kubrick seine Werke "Atmosphères"," Aventures" und "Lux Aeterna" für den Streifen verwendete, ohne zu fragen. Und er fand es auch nicht lustig, dass Kubricks Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer seine nachträgliche Honorarforderung lapidar beantwortete: "Ligeti soll froh sein, dass er durch diesen Film in den USA bekannt geworden ist."
Minus mal Minus ergibt Plus
Dabei zeigte Ligeti doch Humor - der konnte allerdings schwarz, ja gar makaber sein. Wie in seiner Oper "Le Grand Macabre", uraufgeführt am 12. April 1978 in Stockholm. Oper? Nein!... Oder…? Doch! Ligeti erklärte, "Le Grand Macabre" sei eine "Anti-Anti-Oper", um sich vom bereits etablierten Begriff "Anti-Oper" der Avantgarde abzugrenzen: "Ich sage also, es ist keine Anti-Oper mehr, sondern eine Anti-Anti-Oper. So wie zweimal Minus, die heben sich gegenseitig auf. Also, ist die Gattung doch Oper."
Wer jetzt fürchtet, Ligetis Humor sei mit der Bezeichnung "Doch-Oper" erschöpft und in "Le Grand Macabre" würde einen jetzt doch nur bierernste Avantgarde-Musik erwarten, den belehrt schon das aus Autohupen ertönende Vorspiel eines Besseren. Und was folgt, ist eine grell absurde, pralle Revue, pausen- und atemlose zwei Stunden kurz. Schauplatz der Handlung: ein bizarr verkommenes Fantasy-Alt-Flandern, wo nichts klappt, aber wo die Leute trotzdem glücklich leben - weil sie Liebe machen und trinken - obwohl alles durch die Geheimpolizei kontrolliert wird, die aber glücklicherweise auch nicht funktioniert.
Und die Moral von der Geschicht‘?
Die Handlung: Le Grand Macabre, Nekrotzar, entsteigt dem Grab und prophezeit die Apokalypse, sein leeres Grab ist der ideale Ort für Amando und Amanda, um dort … äh…Le Grand Macabre jedenfalls macht sich auf den Weg zum Hof des Fürsten Go-Go. Dort warnt der Chef der Gepopo, also der Geheimen Politischen Polizei, schon vor dem Nahen des Grand Macabre. Und tatsächlich, der erscheint, verkündet donnernd das Ende der Welt und… Prost!...genehmigt sich erst mal einen … und… Skål!…dann noch einen…und…Wohlsein!...noch einen…und sieht sich dann leider nicht mehr so recht in der Verfassung, das Ende der Menschheit einzuläuten. Die Apokalypse muss entfallen, und die Odyssee der Menschheit geht weiter.
Erste Probenberichte heizten vor der Premiere übrigens die Erwartung an: Das Ensemble weigere sich "Ficken" und "Vögeln" oder gar das Wort "Schwanz" in den Mund zu nehmen, hieß es. Schon war das Gerücht einer Porno-Oper in der Welt. Und da hört der Spaß ja wohl auf - von wegen Humor! Entsprechend riesig war der Zulauf bei der Premiere. Dabei war doch die Moral von der Geschicht'…:
"… das Beste, was es gibt,
ist, wenn man sich ausführlich liebt."