12. Mai 1721 Hans Egede will Wikinger missionieren
Die Wikinger warteten dringend auf das Wort Gottes warten, da war sich der Norweger Hans Egede ganz sicher. Am 12. Mai 1721 stach er in See und fand statt Wikingern in Grönland die Inuit. Autorin: Isabella Arcucci
12. Mai
Freitag, 12. Mai 2017
Autor(in): Isabella Arcucci
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
"Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist mein nicht wert."
Familientaugliche Wikinger?
Dieser Ausspruch Jesu aus Matthäus 10, Vers 37 lastete seit zwei Jahren wie Blei auf dem Gewissen von Hans Egede. Seine Arbeit, sein Heim, sein treues Weib, die prächtig gedeihenden Kinder, all das schien ihm nur noch leerer Wahn. Seit er in einem alten Buch von der Wikingersiedlung auf der sagenumwobenen Insel Grönland gelesen hatte, dröhnten die Worte von Matthäus 10, Vers 37 in seinem Kopf und marterten sein Herz. Der Pfarrer Hans Egede erkannte, dass sein Wirken in einer norwegischen Gemeinde im Grunde Zeitverschwendung war. Denn weit weg im tiefen Eis und unter Schneestürmen warteten vom Glauben abgefallene, verwilderte Wikingerstämme darauf, von ihm wieder das Wort Gottes zu vernehmen! Aber seine Frau Gertrud, seine Kinder, die alten Eltern? Würden sie mit ihm in diese ungewisse Zukunft ziehen? Die Antwort lautete: nein!
Hans Egede konnte es ihnen nicht verdenken. Anfang des 18. Jahrhunderts war der Alltag daheim in Norwegen schon unberechenbar genug. Die Abenteuerlust der Familie, zu einer Insel aufzubrechen, die seit 300 Jahren kein Christenmensch mehr betreten hatte, hielt sich daher sehr in Grenzen. Hans Egede blieb also nichts anderes übrig, als sich zu fügen und mit der Sünde zu leben, seine Familie mehr zu lieben als Gott. Doch dann konnte es Gertrud nicht mehr mit ansehen, wie ihr Mann nach und nach in Gram verfiel, und schließlich willigte sie ein: Wir fahren nach Grönland.
Familientaugliche Inuit!
Am 12. Mai 1721 stach Hans Egede mit Frau, Kindern, Gottvertrauen und der Unterstützung des dänischen Königs in See. Doch die Wege des Herrn sind oft wunderlich.
Hans Egede glaubte schon, Gott habe sein Schiff gar nicht nach Grönland gelenkt, denn statt dort auf blondmähnige Wikinger mit Metschaum vor dem Mund zu stoßen, begegneten ihm zierliche Menschen, deren runde Wangen von blauschwarzem Haar umrahmt waren. Ihre schmalen, funkelnden Augen schienen über Hans Egedes Naivität zu lächeln. Der Pfarrer erkannte, dass Gott ihm wohl einen Streich gespielt hatte und ihm noch viel mehr abverlangen würde, als er vermutet hatte.
Denn er musste nicht nur die Sprache der Inuit, sondern auch deren Kultur verstehen lernen. Beispielsweise konnten die Bewohner Grönlands mit dem "täglichen Brot" im Vaterunser rein gar nichts anfangen, weshalb Egede den Text auf grönländisch umschrieb und beten ließ: "Unseren täglichen Seehund gib uns heute." Hans Egede stand den Einheimischen in Krankheit und Not bei und gewann so ihr Vertrauen. Nach und nach erwuchs eine Gemeinde mit der er die Kolonie Godthaab, "gute Hoffnung", gründete.
Doch Gott war vielleicht noch nicht überzeugt, dass Hans Egede ihn wirklich mehr liebte als die Menschen, die ihm nahe standen. 1734 brachen die Pocken in Godthaab aus. Egedes gesamte Inuitgemeinde wurde von der Krankheit hinweg gerafft. Gertrud kümmerte sich um Sterbende. Ein Akt der Nächstenliebe, der sie schließlich das Leben kostete. Einzig seine Kinder waren Hans Egede noch geblieben. Doch sein Vertrauen und seine Liebe zu Gott blieben ungebrochen. Er kehrte nach Kopenhagen zurück, wo er noch lange Jahre Männer für die Grönlandmission ausbildete.
Bis heute wacht die steinerne Statue des Pfarrers über Grönlands Hauptstadt Nuuk, dem ehemaligen Godthaab, jenem Ort, wo sich Hans Egede einst dem Paradies so nah gefühlt hatte.