Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. Juli 1865 Erstbesteigung des Matterhorns

"Ihr Kameraden der Bergeee!!" Ein markiger Ruf, inklusive Echo, doch, wenn's zum Schwur kommt in der herben Welt aus Stein und Eis, zeigt sich, was Kameraden sind. Am 14. Juli 1865 gelang Edward Whymper die Erstbesteigung des Matterhorns, ein echtes Alpen- und Bergfreunddrama!

Stand: 14.07.2011 | Archiv

14.07.1865: Erstbesteigung des Matterhorns

14 Juli

Donnerstag, 14. Juli 2011

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Die einen hören ihn ständig, die anderen nie: Der Ruf der Berge erreicht nicht jedes Ohr ... Früher ging es um nichts anderes, als hinauf zu kommen, egal wie: Hauptsache, man war der erste. Die Bergsteiger konkurrierten um Erstbesteigungen, als ginge es darum, die Liebe einer schönen Frau zu erringen: Alle Mittel schienen erlaubt.

Bergkameradschaft hin oder her: Als der Engländer Edward Whymper im Juni 1865 seinen italienischen Führer und Weggefährten Carrel für eine Erstbesteigung engagierte, sah der die Ehre seines Heimatlandes in Gefahr. Es ging um den "König der Berge", den Monte Cervino. Und Whymper plante doch tatsächlich, diesen von der Schweizer Seite aus zu besteigen, von Zermatt aus, dort, wo der markante Gipfel "Matterhorn" genannt wird. Falls das glückte, hätte die Schweiz eine Touristenattraktion mehr und Italien das Nachsehen. Deswegen verzichtete Carrel auf das Engagement und brach heimlich mit einer eigenen Mannschaft auf - natürlich von seiner italienischen Heimat aus, und zwar zwei Tage bevor Whymper losgehen wollte.

Der hatte damit gleich mehrere Probleme: Erstens war sein Bergführer weg, zweitens war kein Ersatz in Sicht, denn Carrel hatte vorsichtshalber alle in Frage kommenden Kollegen mitgenommen, und drittens lief ihm die Zeit davon. Als Bergführer verpflichteten sie Schweizer, Vater und Sohn Taugwalder.

Die Gruppe machte sich auf den Weg, und am 14. Juli 1865 erreichte sie den Gipfel des Matterhorns. Die Frage war nur: vor oder nach Carrel? Vor ihm, wie sie von der anderen Gipfelseite aus mit einem Blick in die Tiefe feststellen konnten: ca. 200 Meter unter ihnen quälte sich die italienische Seilschaft durch den Fels. Whymper und seine Gefährten konnten es sich in diesem Moment nicht verkneifen, Geröll loszutreten und so die Konkurrenten am Weitergehen zu hindern. 

Aber auch für die siegreiche Mannschaft ging die Sache nicht gut aus: Beim Abstieg stürzte einer der Engländer ab und riss, da die ganze Crew miteinander verseilt war, drei seiner Kollegen mit sich. Vater Taugwalder gelang es, das Seil um eine Felsnase zu schlingen. Doch es riss. Die vier Unglücklichen stürzen mehr als 1.000 Meter hinunter auf den Matterhorngletscher.

Übrig bleiben Vater und Sohn Taugwalder und Edward Whymper, der bis heute als Erstbesteiger des Matterhorns gilt. Viel Freude hat er mit der Ehre wohl nicht gehabt. Immer wieder tauchte der Vorwurf auf, er oder Taugwalder hätten das Seil zerschnitten, um sich selbst zu retten.

Wie wirkliche Bergkameraden sich benehmen, erfahren wir, wenn schon nicht im wahren Leben, dann doch wenigstens auf der Leinwand: in seinem Film "Der Berg ruft" spielt Luis Trenker den Carrel und verleiht der Sache den richtigen Dreh: Wir sehen ihn noch vor uns, wie er im Gerichtssaal erscheint, wo Whymper gerade der Prozess gemacht wird, und dem Richter das soeben unter Lebensgefahr aus der Felswand geholte Seil auf den Tisch legt: eindeutig nicht zerschnitten sondern gerissen! Whymper wird freigesprochen und drückt Carrel markig die Hand. Ach wenn wir nur alle solche Freunde hätten!


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