Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. September 1953 Der zweite Kinsey-Report erscheint in den USA

Am 14. September 1953 wurde der zweite Kinsey-Report zum Sexualleben der amerikanischen Frau veröffentlicht. Schon im Voraus stand das Land Kopf. War ein Angriff auf die Ehre der amerikanischen Frau zu befürchten?

Stand: 14.09.2012 | Archiv

14.09.1953: Der zweite Kinsey-Report erscheint in den USA

14 September

Freitag, 14. September 2012

Autor(in): Tina Nachtmann

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz

Die Enthüllungen waren skandalös: Jede zweite Braut geht nicht unschuldig in die Ehe, jede vierte Ehefrau war ihrem Mann untreu, und außerdem macht der Geschlechtsverkehr den Frauen auch noch Spaß! Mit diesen und vielen weiteren Fakten schockierte der Amerikaner Alfred Charles Kinsey seine Landsleute: Sein Report über "Das sexuelle Verhalten der Frau" erschien am 14. September 1953.

Intimste Einzelheiten

Dafür hatten Kinsey und sein Team aus rund 6.000 weißen Amerikanerinnen die intimsten Einzelheiten ihres Sexlebens herausgelockt und die Antworten ausgewertet. In Zeiten, in denen außereheliche Beziehungen, Oralverkehr und Homosexualität in weiten Teilen Amerikas strafbar waren, war das revolutionär und für die gängigen Moralvorstellungen inakzeptabel. Kinsey machte sich damit viele Feinde. "Sein Verbrechen ist dies: Dr. Kinsey hat entdeckt, dass die amerikanische Frau ein Geschlechtsleben hat" spottete die Süddeutsche Zeitung 1953.

Fünf Jahre zuvor hatte bereits Kinseys erster Report über das sexuelle Verhalten des Mannes für Aufregung gesorgt. Nach seinen Erkenntnissen waren es nämlich nicht nur einige männliche Ausnahmefälle, die vom rechten Weg abgekommen waren und masturbierten, ihre Frauen betrogen und mit eigenen Geschlechtsgenossen, Prostituierten oder gar Tieren verkehrten. Vielmehr hätten gemäß Kinseys Statistik 95 Prozent der Amerikaner wegen Sittlichkeitsdelikten eingesperrt werden müssen, wären die Details ihres Sexuallebens den Ordnungshütern bekannt geworden.

Vor seinem Durchbruch als "Vater der sexuellen Revolution" hatte der Biologe Kinsey seine Studien jahrelang dem Verhalten der Gallwespe gewidmet.

Für die Wespenjagd legte er insgesamt rund 120.000 Kilometer zurück.

Auf die Sache mit dem Sex kam er dann 1938, als er gebeten wurde, Eheberatungskurse an der Universität abzuhalten.

Die wissenschaftliche Literatur über das Thema erschien ihm nicht ausreichend. Also beschloss Kinsey, das Gebiet selbst zu erforschen. Er sammelte eigene Daten: Zusammen mit einem Team interviewte der bienenfleißige Mann dafür 18.000 Menschen über ihr Intimleben. Drei Jahre später begann die Rockefeller Foundation, das Projekt zu fördern, und 1947 gründete Kinsey das "Institut für Sexualforschung", das noch heute existiert.

Angriff auf die Ehre der amerikanischen Frau

Nach dem ersten sensationellen Report über "Das sexuelle Verhalten der Männer" wurde der nächste Report über die Frauen mit Furcht und Spannung erwartet. Tagelang beherrschte er die Titelseiten der Zeitungen in aller Welt. Die Amerikaner bestellten mehr als eine Million Exemplare des Reports vor. Frauenverbände, kirchliche Kreise, politische Parteien, Forscher und die Presse entrüsteten sich und befürchteten einen Angriff auf die Ehre der amerikanischen Frau. Die Empörung dauerte einige Zeit an und die Rockefeller Foundation stellte kurz nach dem Erscheinen der Studie sogar ihre Unterstützung ein.

Heute steht die gesellschaftliche Bedeutung von Kinseys Report fest: Die amerikanische Gesellschaft verlor durch ihn ihre vermeintliche Unschuld. Kinsey befreite aber auch viele Menschen von ihren Schuldgefühlen. Seine Methoden und Ergebnisse gelten allerdings nach wie vor als fragwürdig. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, keine repräsentativen Stichproben ausgewählt zu haben.

Im August 1956 starb Alfred Charles Kinsey im Alter von 62 Jahren. Sein Tod kam dem dritten Report zuvor - leider, muss man sagen. Denn darin wollte Kinsey die Sexualgewohnheiten der Europäer genau beleuchten.


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