15. November 1868 August Fischer geboren, Klebstofferfinder
August Fischer gab seinen Chefsessel für Bürobedarfsartikel auf, verschwand in seinem geliebten Labor und entwickelte einen Klebstoff, der berühmt werden sollte. Autorin: Silke Wolfrum
15. November
Dienstag, 15. November 2016
Autor(in): Silke Wolfrum
Sprecher(in): Andreas Wimberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Heute wollen wir über das Kleben reden. Denn alles auf der Welt klebt ja irgendwie: Der Kaugummi am Schuh, die Zunge am Gaumen, der Sprecher am Text, die Banken am Geld usw. usw. Beim Kleben kommt zusammen, was nicht unbedingt zusammengehört und zwar dank Adhäsion und Kohäsion. Kohäsion ist das In-sich-selbst-Kleben des Klebrigen. Mit Adhäsion sind die Kräfte gemeint, die zwischen Klebrigem und Geklebtwerdendem wirken. Alles klar? Auch egal.
Artenreiche Klebewesen: Leimkocher, Wespen, Krebse
Kleben gehört jedenfalls zu den ältesten Techniken des Menschen. Aktiv geklebt wurde schon vor 120.000 Jahren. So lange pappt jedenfalls schon Birkenpech an Feuersteinklingen, die auf einem altsteinzeitlichen Lagerplatz entdeckt wurden. In Babylon benutzte man 5.000 v. Chr. tierisches Blut, Eiweiß, verschiedene Pflanzenharze oder Naturasphalt als Klebstoffe, und später wurde Kleben sogar zum eigenen Beruf, Leimkocher genannt. Doch wer glaubt, Kleben sei eine typisch menschliche Kulturtechnik, der irrt. Auch Tiere kleben: So zum Beispiel die Schlupfwespe. Mit ihren Kauwerkzeugen zerkleinert sie Holz, frisst die Späne, fügt Verdauungssekret hinzu, und heraus kommt ein perfekter Nestbaukleber. Oder die Seepocke, eine Krebsart, die sich dank eines selbst hergestellten Zwei-Komponenten-Reaktionsklebstoffs an Muscheln pappen kann.
Und wo wir schon bei der Tierwelt angelangt sind, sollten wir auch endlich über den UHU sprechen, genau, den, mit den drei Großbuchstaben. Sein Erfinder, August Fischer, wurde am 15.11.1868 geboren und klebte nicht an seinem Chefsessel. Bereits mit 56 Jahren übergab er die Leitung seiner Fabrik für Bürobedarfsartikel in Bühl seinem Sohn Hugo und widmete sich von nun an ganz seiner Laborleidenschaft - mit Zähigkeit und Ausdauer. Acht Jahre später gelang es ihm, einen glasklaren Klebstoff herzustellen, der in Haushalt und Büro alles klebte, was es zu kleben galt.
Wer klebt - der lebt
Das Neue an dem Kleber war, dass er nicht auf natürlicher Basis hergestellt wurde, sondern mit Hilfe der Kunstharztechnologie, einem damals noch ganz neuen Verfahren. Mit dem Vogel-Namen UHU reihte sich das Produkt in eine Reihe erfolgreicher Markenartikel im Bürosektor ein, man denke an Pelikan, Greif oder Schwan. Und erfolgreich war der UHU. Auch Dank Fischers Sohn Hugo. Der schrieb dreimal jährlich 36.000 Schulen an, versorgte sie mit Mustern des Wunder-Klebers, inserierte in Jugendzeitschriften und schaffte es, dass jede vernünftige Schreibwarenhandlung UHU vorrätig hatte. Und so wurde die gelbe Tube mit dem schwarzen Schriftzug bald zum Inbegriff des Klebers schlechthin.
Ferdinand Graf Zeppelin ließ sogar sein prestigeträchtiges Luftschiff "die Hindenburg" ganz mit UHU kleben. 1937 ging die Hindenburg bei der Landung allerdings in Flammen auf und das Vertrauen in die Luftschifffahrt war dahin. Nicht jedoch der Glaube an den UHU oder an das Kleben im Allgemeinen. Denn merke: Wer klebt - der lebt.