Bayern 2 - Das Kalenderblatt







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17. August 1868 Neue Maßeinheiten im Norddeutschen Bund

Wer früher das Bier im Eimer bestellte, bekam in Österreich den Eimer à 40 Maß, die Maß zu vier Seidel oder acht Pfiff. In Bayern gab´s im Eimer 60 Maß, die Maß zu drei Gatzl. Die Maßeinheiten waren eine Katastrophe, bis am 17. August 1868 der Norddeutsche Bund endlich neue einführte.

Stand: 17.08.2010 | Archiv |Bildnachweis

17. August 1868: Neue Maßeinheiten im Norddeutschen Bund

17 August

Dienstag, 17. August 2010

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Thomas Morawetz

Früher war alles anders. Einiges war besser, vieles war schlechter, und manches war voll verwirrend. Beim Einkaufen ging's los.

"Drei Eimer Bier bitte."

"Österreichische oder bayerische?"

Ein österreichischer Eimer hatte 40 Maß (kurzes a), die Maß zu vier Seidel oder acht Pfiff, nach heutigem Maß (langes a) waren das 56,589 Liter. Ein Bayer dagegen, wenn der seinen Eimer Bier geleert hatte, dann hatte er mehr intus als sein österreichischer Kollege. Der bayerische Eimer fasste 60 Maß, die Maß zu drei Gatzl oder auch vier Quartl, nach heutigem Maß: 64,1 Liter.

"Dann gebn S' mir doch lieber ein Pfund Hackfleisch."

"Ein preußisches Pfund? Oder lieber ein bayerisches?"

Beide Pfunde fassten 32 Lot oder 128 Quentchen. Ein bayerisches Quentchen jedoch wog 4,4 Gramm, das preußische nur 3,6. Deswegen hatte das preußische Pfund 100 Gramm weniger drauf als das bayerische. "Jedes deutsche Ländchen", sagte man damals, "hat sein eigens Quentchen". Schwer hatten's die Getreidehändler. Sie mussten unterscheiden zwischen rauer Frucht und glatter Frucht.

Im Herzogtum Sachsen-Meiningen-Hildburghausen gab es den sogenannten Hildburghausener Malter für glatte Frucht, der maß 0,93 bayerische Scheffel, der Hildburghausener Malter für raue Frucht dagegen kam auf 1,07 bayerische Scheffel.

"Darf's sonst noch was sein?"

"Ich glaub, ich geh lieber ins Wirtshaus."

Die Entfernung zwischen zwei Orten maß man in Ruten. Eine Rute hatte zwei Klafter, 12 Fuß, 144 Zoll oder 1.728 Linien. Außerdem gab's noch Ellen, Schritt, Faust und Meilen. Und Poststunden.

Dieses Durcheinander kam daher, dass vor Zeiten jeder deutsche Kleinfürst das Recht gehabt hatte, seine eigenen Maße und Gewichte einzuführen. Und als man im 19. Jahrhundert draufkam, dass das alles nur verwirrend war, wollte keiner auf seine alten Gewohnheiten verzichten. In Frankreich dagegen hatte man eine Revolution gehabt, und weil bei einer Revolution meistens sowieso kein Stein auf dem anderen bleibt, nutzten die Franzosen die Gelegenheit und entwarfen ein System neuer Maßeinheiten, das nicht irgendwie ausgedacht, sondern ganz aus der Natur genommen war. Die Französische Akademie der Wissenschaften kam im Jahr 1790 auf die Idee, als Grundlage den Abstand zwischen Nordpol und Äquator zu nehmen. Den zehnmillionsten Teil davon nannten sie "Meter". Von diesem Meter leiteten sie Maße ab wie den Liter oder das Gramm, als Raummaß das Ster, als Flächenmaß Ar und Hektar. Und man zählte im Dezimalsystem: Zehner statt Zwölfer. Das war genial. Und kaum waren 80 Jahre ins Land gegangen, da beschlossen die Staaten des Norddeutschen Bunds, dieses metrische System auch hierzulande einzuführen.

Am 17. August 1868 verabschiedete man das neue Gesetz. Bayern ließ sich nicht lumpen und folgte neun Monate später nach. Seitdem ist alles übersichtlicher, bloß die Post lässt sich nicht in Stunden messen, in unseren Massen (dunkles a) finden wir keine großzügigen 1,06 Liter mehr, und aus dem Eimer schöpft nur noch die Putzfrau das Wischwasser. Ein bissl was war halt dann vielleicht doch noch besser, früher.







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