27. Januar 1850 Titanic-Kapitän Edward John Smith geboren
Gute Manieren, gutes Aussehen, gute Ausbildung: Edward John Smith, geboren am 27. Januar 1850, war der Kapitän der Kapitäne in der Zeit der großen Dampfschiffe. In seiner Karriere machte er nur einen großen Fehler.
27. Januar
Dienstag, 27. Januar 2015
Autor(in): Yvonne Maier
Sprecher(in): Ilse Neubauer
Illustration: Angela Smets
Redaktion: Julia Zöller
"Wenn mich irgendjemand fragt, wie ich meine vierzig Jahre auf See am besten beschreiben würde, ich müsste sagen: ereignisarm. Natürlich habe ich den einen oder anderen Wintersturm, hohen Seegang oder Nebel erlebt, aber in meiner gesamten Karriere war ich in keinen Unfall verwickelt, über den es sich zu berichten lohnte. Ich eigne mich wirklich nicht für eine spannende Geschichte." Das sagte der Kapitän Edward John Smith im Jahr 1907 einem Journalisten in New York. Fünf Jahre später ist E.J., wie ihn seine Kollegen nannten, tot. Untergegangen mit der Titanic, im eiskalten Wasser des Nordatlantik.
Bilderbuchkapitän
Dass aus dem Sohn eines Töpfers, der am 27. Januar 1850 geboren wurde, einmal der "Kapitän der Millionäre" werden sollte, war nicht vorauszusehen. Edward John Smith verbrachte seine Kindheit im Arbeiterviertel des Örtchens Henley, dem heutigen Stoke on Trent. Schon mit 13 verließ er die Schule, vom Unterricht hatte er offensichtlich genug - es zog ihn ans Meer.
Für Eltern heute ist es unvorstellbar, dass ein Kind mit 13 Jahren anfängt in einer fremden Stadt, in Edwards Fall Liverpool, einen Beruf zu erlernen; ganz alleine, und noch dazu auf dem Schiff. Doch der Junge machte Karriere, und mit dreißig bekam er eine Anstellung bei der renommierten Reederei White Star. Seine Kollegen beschrieben ihn durchwegs als fleißig und gewissenhaft, er interessierte sich für Navigation, und er schaute sich, noch in Zeiten der großen Segler, die neuartigen Dampfschiffe genau an.
1887 lief bei White Star das bis dato größte Dampfschiff vom Stapel: die Oceanic. Und Edward John Smith wurde ihr Kapitän. Einer, auf den man sich verlassen konnte. Als Reederei und auch als Passagier: "Wer zu schnell fährt, der verbrennt nur Geld und ist lebensmüde", soll er einmal gesagt haben.
Nach einigen Jahren war er so bekannt und beliebt, dass es Passagiere gegeben haben soll, die ihre Reisen nach dem Kapitän auswählten. Er verdiente nicht schlecht - etwa 6.000 Pfund pro Jahr plus 41.000 Pfund als Bonus, wenn das Schiff nicht in einen Unfall verwickelt wurde. Und den Bonus, den strich er über viele Jahre ein. Ein vorbildlicher Kapitän, gutaussehend, taktvoll, einer, der jedem an Bord, sei es Besatzung oder Gast, ein Lächeln schenkte. Sagten zumindest seine Zeitgenossen nach dem Untergang der Titanic über ihn, vielleicht zeichnen sie das Bild von Edward John Smith in ihren Nachrufen ein bisschen zu rosig.
Eisbergkollision
Denn so beliebt, renommiert und erfahren er auch gewesen sein mag - an diesem einen Abend im April 1912, im Nordatlantik, da hat der legendäre Kapitän versagt. Zu schnell war das als unsinkbar geltende Schiff zwischen den Eisbergen unterwegs, Edward John Smith war nicht durchgehend auf seinem Posten, sondern dinierte mit den Reichen und Schönen. Auch die Evakuierung lief alles andere als reibungslos.
Immerhin: E.J. hielt sich an den Ehrenkodex "Der Kapitän verlässt als Letzter das sinkende Schiff " und blieb bis zum Schluss auf der Brücke.
Was ihm dort durch den Kopf gegangen ist, wissen wir nicht. Aber er starb, wo er fast sein ganzes Leben verbracht hatte, auf dem geliebtenMeer: "Die Liebe zum Meer, die mich als Bub ergriffen hat, hat mich nie mehr verlassen,“hat er einmal gesagt. "Bis heute stehe ich ehrfürchtig auf der Brücke und beobachte, wie das Schiff durch die hohen Wellen pflügt. Ich frage mich, wie es das tut, wie es sein kann, dass es schwimmt und sicher im Hafen ankommt."