Bayern 2 - Das Kalenderblatt


6

29. November 1864 Massaker am Sand Creek

Sie hatten keine Chance. Die friedlichen Cheyenne- und Arapaho-Indianer, die sich am 29. November 1864 am Sand Creek versammelt hatten, wurden gnadenlos von Kavallerie-Soldaten umgebracht.

Stand: 29.11.2013 | Archiv

29.11.1864: Massaker am Sand Creek

29 November

Freitag, 29. November 2013

Autor(in): Ulrike Rückert

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

Von der Anhöhe herunter sahen sie im ersten Morgenlicht des
29. November 1864 ihr Ziel vor sich: hundert helle Punkte in der graubraunen Einöde der Prärie - die Zelte der Cheyenne. Dann folgten die siebenhundertfünfzig Reiter in der Uniform der US-Kavallerie dem trockenen Flussbett des Sand Creek bis zum Lager. Als die Vorhuttrupps begannen, die Pferde der Indianer zusammenzutreiben, schliefen die Cheyenne noch arglos in ihren Büffelfelldecken, im Glauben, sie stünden unter dem Schutz der Armee, die eben ihre Feldhaubitzen gegen sie in Stellung brachte.

Unterschiedslos alle umgebracht

Dann brach das Inferno los. Gewehrsalven krachten, Granaten explodierten, schreiende Menschen stürzten aus den Zelten. Hastig band Häuptling Black Kettle eine amerikanische Flagge an einen Pfahl und eine weiße Fahne dazu. White Antelope lief mit erhobenen Händen auf die Soldaten zu und schrie: „Stop! Stop!“ Sie schossen auf ihn.

Panisch flohen die Indianer. Wer ein Pferd fand, jagte über die Prärie davon. Die meisten liefen ins Flussbett, um an der Uferböschung Schutz zu suchen, aber die Soldaten schossen von beiden Seiten. Frauen und Kinder verkrochen sich in Erdlöcher, Krieger versuchten sie zu schützen. Die meisten Männer waren auf der Jagd, nur wenige im Lager. Die Weißen töteten unterschiedslos alle, die sie finden konnten.

Lange hatten die Cheyenne und die verbündeten Arapaho einen Krieg mit den Weißen vermieden. 1851 schloss die US-Regierung mit großer Fanfare einen Vertrag mit den Präriestämmen: Er garantierte den Indianern ihre Jagdgebiete, und diese gewährten den Siedlertrecks nach Kalifornien und Oregon freien Durchzug. Doch für die Cheyenne und Arapaho war das Papier schon wenige Jahre später wertlos. Als in den Rocky Mountains Gold gefunden wurde, stürmten Zehntausende in ihr Territorium, und gleichzeitig schwoll der Strom der Siedler stetig an. Washington schickte die Armee - nicht um die verbürgten Rechte der Indianer, sondern um die weißen Eindringlinge zu schützen.

Barbarisches Massaker

1861 gaben die beiden Stämme auf. Sie schlossen einen neuen Vertrag, der ihnen nur einen kleinen Bruchteil des Landes ließ - zu klein, um noch von der Jagd zu leben. Gruppen von Cheyenne-Kriegern erkannten ihn nicht an und überfielen Siedlungen und Trecks, um die Weißen zu vertreiben.

Ihnen standen mit dem Gouverneur des neu gegründeten Colorado-Territoriums und dem Kommandanten des Militärs zwei eingefleischte Indianerhasser gegenüber. Als sie 1864 harte "Vergeltungsschläge" gegen die Cheyenne und Arapaho führten, wollte Black Kettle seinen friedlichen Clan schützen. Man sagte ihm, er solle sein Winterlager beim Armeefort am Sand Creek aufschlagen, um Friedensverhandlungen zu führen. Drei Tage nach ihrer Ankunft dort brach die Hölle über sie herein.

Die Presse feierte den Überfall als großen Sieg. Doch als bekannt wurde, dass die meisten Opfer Frauen und Kinder waren und die Soldaten die Leichen geschändet hatten, verurteilten Armee und Kongress die Aktion als barbarisches Massaker.

Aber niemand wurde bestraft, die versprochene Entschädigung erhielten die Cheyenne nie, und bald wurden sie ganz aus Colorado vertrieben und in ein winziges Reservat gezwungen. Der Vertreibungs- und Vernichtungskrieg im Westen dauerte noch ein Vierteljahrhundert, aber für die Indianer war der Verrat am Sand Creek ein Fanal, das bis heute unvergessen ist.


6