28. Juli 1966 Beatles-Album "Revolver" erscheint in Deutschland
Ein Cover für das neue Beatles-Album entwerfen - als Klaus Voormann diesen Auftrag bekommt, ist er überwältigt. Eigentlich hatte sich der Grafiker längst selbst aufs Musikmachen verlegt. Dann greift er doch zum Stift und gewinnt für sein Design des "Revolver"-Albums den Grammy. Autor: Hartmut E. Lange
28. Juli
Donnerstag, 28. Juli 2022
Autor(in): Hartmut E. Lange
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
London, Frühjahr 1966. Ein junger Mann liegt in der Badewanne, seine Gitarre lehnt am Wannenrand, ab und zu klimpert er auf den Seiten rum.
Am Vormittag! Was für ein Lotterleben! Nein - Künstlerleben! Der 28-jährige Klaus Voormann verdient sein Geld nachts, als Musiker. Er schrammelt aber nicht in einer Vorstadtcombo. Er ist einer der wenigen Deutschen, die es nach ganz oben in der britischen Rock-Musik-Szene geschafft haben: als Bassist in der Manfred Mann Band.
Das Telefon klingelt, Ehefrau Christine geht ran, reicht dem verkaterten Mann in der Wanne den Hörer. Irgendein John will dich sprechen, flüstert sie. Am andren Ende der Leitung ist nicht irgendein John, es ist John Lennon. Er hält sich nicht mit Smalltalk auf: Hey Klaus, hast du eine Idee für unser neues Album-Cover?
Die Beatles, Freunde fürs Leben
John und Klaus - Begonnen hat es 1960 in Hamburg. Der gelernte Grafiker ist begeistert von der Musik einer wilden Truppe aus Liverpool, die sich Silver Beatles nennt. Die noch unbekannten Musiker spielen im Kaiserkeller, einem angesagten Club in St. Pauli. Voormann trifft die Jungs backstage, sie werden Freunde, und die coolen Rocker aus UK stellen fest, dass German Klaus ein Doppeltalent ist: er spielt nicht nur hervorragend Gitarre, er kann auch wunderbar zeichnen.
Zurück nach London. Die Beatles spielen Voormann im Abbey Road Studio ihre neuen Songs vor, darunter "Yellow Submarine" und "Eleanor Rigby". Klaus ist überwältigt von der grandiosen Musik, von diesen experimentellen Tongebilden.
Und - ihm rutscht das Herz in die Hose: Das schaff ich nie! Zu diesen visionären Klängen das Cover gestalten! Seit zwei Jahren hat er keinen Stift mehr angefasst, immer nur die Gitarre. Ich kann das nicht, niemals!
Doch, er kann.
Die Plattenhüllen der 60 er Jahre sind knallbunt. Voormann gestaltet gegen den Trend, arbeitet in Schwarz-weiß - vier Tuschezeichnungen dominieren das Cover. Und aus den Pilzköpfen quillt eine Wimmel-Collage aus Fotos der Musiker. Am 28. Juli 1966 erscheint das 7. Studio-Album der Beatles in Deutschland. Fans und Kritiker sind begeistert, sowohl von der Musik als auch von der Verpackung.
Das REVOLVER-Cover schreibt Rock-Geschichte. Eine Plattenhülle OHNE den Namen der Band, das gab’s noch nie. Vier gezeichnete Porträts genügen - die Gesichter der Beatles kennt man inzwischen auf der ganzen Welt.
Es folgt die höchste Anerkennung der Branche, der Künstler erhält als erster Deutscher den Grammy: Bestes Platten-Cover des Jahres.
Grafiker und Musiker
Voormann fährt weiter zweispurig. Als Grafiker entwirft er Cover für namhafte Bands wie die Bee Gees, als Bassist spielt er an der Seite von Pop-Größen: John Lennon, Ringo Starr und George Harrison, in der Plastic Ono Band, mit Lou Reed, Carly Simon, BB King, u.v.a.
Zum 50. Jubiläum der REVOLVER-LP erscheint 2016 die Graphic Novel
"Birth of an icon". In einer Art Making off erzählt Voormann mit viel Witz und einer Prise Selbstironie die Entstehungsgeschichte des legendären Covers, vom Telefonat in der Wanne bis hin zum Grammy. Für Beatles-Fans ein Must-have, in dem Klaus Voormann beweist, dass er noch immer ein großartiger Zeichner ist.