6. September 1997 Diana, Königin der Herzen, wird beerdigt
Als Diana, Prinzessin von Wales, zu Grabe getragen wurde, schien die ganze Welt in einem Meer von Tränen zu versinken. Diana verkörperte den Charme der Monarchie auf moderne Weise, denn sie gab sich zugewandt und berührbar. Vielen Menschen fehlte sie nach ihrem tragischen Unfalltod. Autorin: Brigitte Kohn
06. September
Freitag, 06. September 2024
Autor(in): Brigitte Kohn
Sprecher(in): Irina Wanka
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Wenige Tage nach dem Unfalltod von Diana, Prinzessin von Wales, pilgerte die Verfasserin dieses Kalenderblatts zur britischen Botschaft, um sich ins Kondolenzbuch einzutragen. Vor ihr in der langen Schlange stand eine ältere Dame mit stapelweise Klatschzeitschriften im Einkaufskorb, hinter ihr ein Männerpaar. Zwanglos kam man ins Gespräch, von Berührungsscheu keine Spur, ganz im Sinne Dianas. Die schöne Prinzessin hatte den Rahmen traditioneller royaler Wohltätigkeit immer wieder gesprengt, sich Aidskranken und Minenopfern zugewandt und sich auch sonst sehr volksnah gegeben. Statt zur Fuchsjagd war sie ins Fitnessstudio gegangen, unter ihren Freunden hatten sich mehr Popstars als Prinzen befunden, und der entschwundenen Aussicht auf den Thron hatte sie nach der Scheidung von Thronfolger Charles nicht nachgetrauert. Viel lieber wolle sie die Königin im Herzen der Menschen sein, so sprach sie in die Kameras.
Königin der Herzen
Doch ohne den Nimbus des Royalen wäre ihr das kaum gelungen. Der romantische Dichter Novalis hat die Mystik der Monarchie mal so beschrieben: Sie befriedige die höhere Sehnsucht aller Menschen, sich selbst thronfähig zu fühlen, wie selbst aus einem Königsstamm entsprungen. Diana gab ihren Glanz an die Menschen weiter, sie vermittelte Wertschätzung und Wärme. Dass sie das Vorbild einer harmonischen Häuslichkeit, das Novalis im 18. Jahrhundert unverzichtbar fand, im Medienzeitalter nicht bieten konnte, steigerte ihre Popularität, statt ihr zu schaden.
Alle auf eine Seite
Charles hatte seine Geliebte Camilla, folglich war die Schuldfrage eindeutig zu seinem Nachteil geklärt und Diana auch noch von der Aura ungestillter Liebessehnsucht umgeben. Die tödliche Paparazzi-Verfolgungsjagd in einem Pariser Tunnel hatte ihre Tragik für alle Ewigkeit versiegelt, und länder- und schichtenübergreifend versanken viele gewöhnliche, aber ebenfalls oft krisengeschüttelte Menschen in einem Meer von Tränen.
Um die aufgepeitschten Emotionen zu beruhigen, musste das Königshaus der toten Prinzessin am 6. September 1997 eine Beerdigung ausrichten, die zwar kein Staatsbegräbnis war, aber genau wie eines aussah. Die Königin beugte ihr Haupt vor dem Sarg. Dianas Söhne, die jungen Prinzen William und Harry, folgten ihm kilometerweit durch die Straßen Londons zur Westminster Abbey, ab und zu scheue Blicke auf die aufgewühlten Menschenmassen am Straßenrand werfend.
William ist seither scheinbar problemlos in seine royalen Pflichten hineingewachsen, während Harry gegen das Königshaus rebelliert und immer wieder an das Schicksal seiner Mutter erinnert. Doch die Monarchie hält einiges aus, und die Krönung von Charles und Camilla im Mai 2023 geriet trotzdem zum Jubelfest.