23. Dezember 1880 Billy the Kid wird festgenommen
Er ist eine der bekanntesten legendären Figuren des Wilden Westens: der Revolverheld Billy the Kid. Die einen sagen, er sei ein skrupelloser Verbrecher gewesen, die anderen, er sei ein Opfer der Umstände gewesen. Und natürlich gingen Gerüchte um, Billy sei 1881 gar nicht erschossen worden… Autor: Thomas Grasberger
23. Dezember
Donnerstag, 23. Dezember 2021
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Irina Wanka
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Wohlorganisierte Weltgegenden zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie für nahezu jeden Lebensbereich eine Expertenkommission haben. Solche Kommissionen legen alle paar Jahre einen wissenschaftlich fundierten Bericht vor und liefern Handlungsoptionen für den politischen Gestaltungsprozess. So gibt zum Beispiel der sogenannte Kinder- und Jugendbericht Auskunft "über die Lebenssituation junger Menschen". In Deutschland erscheint er seit 1965.
Ein verhaltensauffälliger Jugendlicher
Im Wilden Westen hingegen gab es keinen Kinder- und Jugendbericht. Obwohl das nicht geschadet hätte, wie das Beispiel von William Bonney zeigt, besser bekannt als Billy the Kid. Der Namenszusatz verrät es schon: "The Kid", zu Deutsch "das Kind", wäre eindeutig ein Fall für die Kinder- und Jugendhilfe gewesen. Wobei nicht geklärt ist, unter welche Rubrik Billy gefallen wäre. Jugendlicher Intensivtäter vielleicht? Immerhin war er ein Revolverheld, also ein Verbrecher – schon in ganz jungen Jahren. Vielleicht hätte Billy aber auch gut in die Abteilung unschuldiges "Opfer der sozialen Umstände" gepasst.
Geboren im Jahr 1859, wahrscheinlich in New York, zog Klein-Billy mit seiner Mutter und dem jüngeren Bruder in den Wilden Westen. Wegen der guten Luft! Mutter Catherine litt nämlich an Tuberkulose, da konnte das trockene Klima des Westens nicht schaden. Über Billys Vater ist nichts bekannt. Die alleinerziehende Mutter musste sich also mehr schlecht als recht durchschlagen, vermietete Zimmer an Durchreisende oder verkaufte selbstgemachten Kuchen. Trotz ihrer Schwindsucht!
Als Catherine wieder heiratet, hat Billy dauernd Stress mit dem Stiefvater, weshalb er sich lieber aushäusig herumtreibt, vorzugsweise in Kneipen, wo er früh sein Talent fürs Kartenspiel entdeckt und scharfe alkoholische Getränke zu sich nimmt. Spätestens hier hätte das Jugendamt eingreifen müssen. Aber wie, wenn´s keines gibt. Eines Tages jedenfalls beleidigt irgendein Besoffener im Saloon Billys Mutter – ob es dabei um selbstgemachten Kuchen ging, ist nicht überliefert. Jedenfalls ersticht der 12-Jährige den Stänkerer und ist fortan auf der Flucht.
Stoff von Legenden
Im Lauf der Jahre sollte dann noch der ein oder andere Mord hinzu kommen. Wobei niemand genau sagen kann, ob es nun vier, neun oder gar einundzwanzig Kerben waren, die den Griff von Billys Colt zierten. Allzu viele Legenden kreisen bis heute um den jungen Mann. Dabei war er eigentlich ein freundlicher und hilfsbereiter Kerl. Die Herzen der Frauen seien ihm regelrecht zugeflogen, und auch seinen Arbeitgebern gegenüber sei Billy stets loyal gewesen. Als sein Boss, der Rinderzüchter John Tunstall von Geschäftsfeinden umgelegt wurde, rächte ihn Billy auf seine ganz eigene unbürokratische Weise. Doch ausgerechnet Pat Garrett, ein früherer Freund, der nun als Sheriff sein Geld verdiente, sollte Billy am 23.12.1880 verhaften. Einmal noch konnte er aus dem Gefängnis fliehen. Ein paar Monate später aber wurde er von Garrett gestellt und erschossen. Da war Billy 21 Jahre alt. Gerüchten zufolge soll er aber gar nicht gestorben sein, sondern bis 1950 in Texas gelebt haben. Da wäre "The Kid" dann über 90 gewesen. Und wohl kein Fall mehr für die Jugendhilfe.