Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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26. September 1991 Experiment "Biosphäre 2" beginnt

Theoretisch ist die Sache ganz einfach: Man nimmt alles mit, was man zum Leben braucht, und hält es so munter aus eingesperrt in einem Gewächshaus. Das System erhält sich von selbst. Praktisch tut es das jedoch nicht. Das vielbeworbene Experiment Biosphäre 2 scheitert krachend. Autorin: Julia Devlin

Stand: 26.09.2024 | Archiv

26.09.1991: Experiment "Biosphäre 2" beginnt

26 September

Donnerstag, 26. September 2024

Autor(in): Julia Devlin

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Vier Männer und vier Frauen lassen sich für zwei Jahre in ein Riesengewächshaus sperren. Darin ist das Ökosystem der Erde nachgebildet. Unter den gläsernen Kuppeln gibt es Regenwald, Wüste, Savanne und einen Ozean samt Gezeiten und Korallenriff. Die Gruppe will die Biosphäre der Erde erforschen und erkunden, ob menschliches Leben im All, sagen wir, auf dem Mond oder dem Mars, in der abgeschlossenen Atmosphäre einer künstlichen Welt möglich wäre.

Klappe zu

Was klingt wie ein bizarrer Science-Fiction-Film, ist tatsächlich passiert: Am 26. September 1991 um acht Uhr morgens zogen die acht Freiwilligen, gekleidet in identische Overalls, in ihre neue Heimstatt in der Wüste von Arizona ein. Sie kannten sich schon lange vorher von ihrer Wanderbühne, die sich "Das Theater aller Möglichkeiten" nannte und, wenn sie nicht tourte, auf einer Farm in Arizona versuchte, autark und im Einklang mit dem Ökosystem der Erde zu leben. Daraus erwuchs die Idee zu dem Projekt "Biosphäre Zwei", die Kopie in Kleinformat von "Biosphäre 1", der Erde selbst. Finanziert wurde das Ganze von einem Öl-Magnaten aus Texas, Ed Bass.

Nix mit paradiesisch

Doch es war kein Garten Eden, dort unter dem gläsernen Dach. Schon bald nach dem spektakulären, mit viel medialer Aufmerksamkeit begleiteten Start kamen die Probleme. Nahrung, beispielsweise: Zwar war Biosphäre 2 mit zahlreichen Pflanzen ausgestattet, doch sie wuchsen zu langsam, um acht Menschen zu versorgen. Die wilden Kaffeesträucher brauchten zwei Wochen, um Bohnen für eine Tasse zu produzieren.

Die zum Schlachten vorgesehenen Schweine erwiesen sich als unliebsame Nahrungskonkurrenten. Die Mahlzeiten bestanden schließlich vor allem aus roten Beeten und Süßkartoffeln. Alle verloren deutlich an Körpergewicht. Noch schlimmer war, dass der Sauerstoffgehalt viel rascher abnahm als vorhergesehen und den Idealisten im wahrsten Sinne des Wortes die Luft ausging. Sie wurden müde und apathisch. Und dass es zu einer rasanten Vermehrung von Ungeziefer kommen würde, damit hätte auch niemand gerechnet. Biosphäre 2 entpuppte sich als ein wahres Paradies vor allem für Kakerlaken.

Kein Wunder, dass das zu Konflikten führte. Die Gruppe spaltete sich: In die einen, die verlangten, dass Essen und Sauerstoff von außen zugeführt werden sollten, und die anderen, die das einem Scheitern des Projektes gleichsetzten und strikt dagegen waren. Nach außen versuchte man, die Schwierigkeiten zu überspielen. Doch den Busladungen voller Schaulustiger, die täglich durch die Scheiben starrten, entging es nicht, dass die Menschen hinter dem Glas immer ausgezehrter und angestrengter aussahen.
Exakt zwei Jahre und zwanzig Minuten nach ihrem Einzug kehrten die Acht zur "Biosphäre 1" zurück. War das Projekt nun pseudowissenschaftliches New-Age-Spektakel oder das größte wissenschaftliche Experiment seit der Mondlandung? Darüber ließe sich trefflich streiten. Unbestreitbares Fazit aber ist: Biosphäre 2 ist keine Lösung für den Fall, dass Biosphäre 1 ruiniert ist. Denn Biosphäre 1 ist viel zu komplex – und lässt sich nicht einfach nachbilden in einer Blase.


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