22. März 1948 Dänische Rechtschreibreform tritt in Kraft
Was war die Rechtschreibreform in Deutschland für ein Chaos. Dabei wollte sie doch so vollkommen perfekt daherkommen. Womöglich deshalb konnten sich viele damit nicht anfreunden. Die dänische Rechtschreibreform hatte sich da einst weit weniger verausgabt und wurde gemocht. Autorin: Carola Zinner
22. März
Freitag, 22. März 2024
Autor(in): Carola Zinner
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Was den Altbayern ihr Eichhörnchenschwanz ist, sind den Dänen die rote Grütze mit Sahne – zumindest in sprachlicher Hinsicht. Denn so wie im tiefen Süden Deutschlands die korrekte Aussprache des Wortes "Oachkatzlschwoaf" als Prüfstein gilt zur Einteilung in In- und Outsider, sprich in die von "da" und die von "dort", sind es im kleinen feinen Land zwischen Nord- und Ostsee die rødgrød med fløde - ein Schibboleth, wie die Fachsprache solche Codewörter nennt, die Zugehörigkeit beweisen sollen.
Sag, woher du bist
Während allerdings der Oachkatzlschwoaf im wahren Leben weder bei denen, die ihn perfekt über die Lippen bringen, noch bei allen anderen eine große Rolle spielt, sind die rødgrød med fløde in Dänemark eine wichtige Sache, weil es sich hier um eine landestypische Leckerei handelt: Rote Beeren, mit etwas Speisestärke, Geliermittel oder Haferflocken angedickt, dann kühl gestellt und schließlich mit süßer Sahne übergossen – das ist lichtdurchfluteter nordischer Sommer, transformiert ins Kulinarische. Was die Schreibweise des einfachen Gerichtes mit dem schwierigen Namen angeht, gibt es abgesehen vom ö, das - wie in vielen nördlichen Ländern - als schräg durchgestrichenes o daherkommt, keine Schwierigkeiten: Alles wird klein geschrieben, genauso wie es sich gehört nach den dänischen Rechtschreibregeln, die am 22. März des Jahres 1948 veröffentlicht wurden.
Hauptsache mit "ö"
Wichtigste Änderung war neben der weitgehenden Kleinschreibung aller Wörter innerhalb eines Satzes, dass das bis dahin übliche Doppel-A durch das so genannte „Bolle-Å“ ersetzt wurde: ein „A“ mit darüber gesetztem Kringel, der ein wenig nach Heiligenschein aussieht.
Als netter Nebeneffekt geht, weil das so spät dazugekommene Bolle a ganz hinten ans ABC angefügt wurde, das dänische Alphabet nun von a bis å. Und wenn einige Städte wie etwa "Aarhus" in ihrem Namen unbedingt das Doppel-a behalten wollten… bitte sehr, kein Problem.
So wie die dänische Rechtschreibreform wohl insgesamt alles in allem keine große Sache war und offenbar irgendwie sogar ganz schick; die linke Presse jedenfalls stellte noch am selben Tag auf die neuen Regeln um, obwohl die eigentlich erst eine Woche später in Kraft traten. Im konservativen Lager zierte man sich noch etwas, doch auch da fielen nach und nach die Traditionsbastionen, und ab 1965 war das Ganze kein Thema mehr. So leicht also kann´s gehen, wenn es nicht immer gleich der ganz große, allumfassende Wurf sein soll. Wie etwa 1996 bei der deutschen …. – aber halt! Auch wenn es an dieser Stelle sich noch so sehr anbieten mag, das babylonische Tohuwabohu der hiesigen Rechtschreibreform aufs Korn zu nehmen, ihre bemühten Rückgriffe auf sprachliche Wurzeln, die beflissenen Anpassungen an moderne Zeiten, all die Regeln und Ausnahmen, eingeführt und wieder zurückgenommen…: Schluss damit, es führt einfach zu weit. Und außerdem sollte man sich in Zeiten wie diesen WIRKLICH aufs Positive konzentrieren. Eine Portion rødgrød med fløde, bitte!