Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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4. Dezember 1872 Die "Mary Celeste" wird gesichtet

Das Schiffsinnere ist verwüstet, von der Mannschaft fehlt jede Spur, als am 4. Dezember 1872 der Frachter "Mary Celeste" auf dem Atlantik gesichtet wird. Was ist passiert auf dem Geisterschiff? Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 04.12.2019 | Archiv

04.12.1872: Die "Mary Celeste" wird gesichtet

04 Dezember

Mittwoch, 04. Dezember 2019

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Groß - war sie nicht. 31 Meter lang, acht Mann Besatzung, unter Deck zweitausend Fässer Rohalkohol mit Bestimmungsort Genua, und ihr Name war "Mary Celeste". Einen Monat lang war der Frachter "Mary Celeste" auf dem Atlantik unterwegs. Dann, am 4. Dezember 1872, wurde das Schiff von der Bark "Dei Gratia" vor der Küste Portugals gesichtet. Irgendetwas jedoch war damit nicht in Ordnung. Die "Mary Celeste" trieb sinnlos hin und her. Offensichtlich war sie führerlos. Ein Kommando setzte über und fand an Bord ein totales Durcheinander. Alles war nass, in der Kombüse war der Ofen aus seinem Platz gerissen, überall lagen Kochutensilien herum. Lukentüren waren aus den Angeln gehoben, der Kompass zerstört. An Bord musste irgendetwas Heftiges vorgefallen sein. Von der Mannschaft keine Spur, das Rettungsboot fehlte, Sextant und Chronometer ebenfalls, das sah nach einem planmäßigen Verlassen aus. Aber warum? Warum hatte die Mannschaft das Schiff im Stich gelassen, und wo war sie geblieben? Man stand vor einem Rätsel.

Mord? Seeschlangen? Bermudadreieck?

Die Crew der "Dei Gratia" steuerte die "Mary Celeste" nach Gibraltar, dort wurde das Schiff untersucht, und die britische Admiralität befragte die Mannschaft des Rettungsschiffes vor Gericht. Und hier nun hat man angefangen zu spekulieren. Der Generalstaatsanwalt nämlich versuchte, der Bergungscrew ein Verbrechen unterzuschieben. Hatte sie womöglich die Besatzung umgebracht, um den Bergelohn einzustecken? Und warum waren im Laderaum neun leere Fässer? Hatten die Matrosen womöglich angefangen, die fremde Ladung zu löschen? Letztendlich aber hat man den Männern der "Dei Gratia" nichts nachweisen können, sie wurden freigesprochen und bekamen ihren Bergelohn. Die Presse jedoch bemühte weiterhin wilde Theorien von Piraten, Seeschlangen oder dem Bermudadreieck. Sogar der Sherlock Holmes-Autor Arthur Conan Doyle begann sich dafür zu interessieren, er schrieb ein Buch über den Fall, und die kleine "Mary Celeste" wurde zum berühmtesten Geisterschiff in der Geschichte der westlichen Seefahrt.

Physik?

Dabei war die Lösung des Rätsels gar nicht so schwer. Aus neun Fässern auf der "Mary Celeste" war der Rohalkohol verschwunden. Nehmen wir an, sie seien bei schwerer See leckgeschlagen. Der Alkohol wäre verdunstet und hätte sich mit der Luft im geschlossenen Laderaum zu einem Gasgemisch vereint. Und dieses Gas wäre dann durch irgendeinen kleinen Funken, beispielsweise durch den Kombüsenofen, explodiert. Das würde die Verwüstungen an Bord erklären. Eine Alkoholverpuffung ist zwar heftig, aber nicht besonders heiß, sie hinterlässt keine Brandspuren. Und wenn das Gas einmal explodiert ist, dann ist die Gefahr vorbei. Was aber, wenn die Mannschaft das nicht gewusst hat? Die Männer sprangen ins Rettungsboot und ruderten weg, um in sicherer Entfernung abzuwarten, ob da nicht noch mehr explodieren würde. Danach hat stürmische See das Boot vom Schiff getrennt, die Mannschaft kam um, und die "Mary Celeste" trieb führerlos auf dem Ozean, bis sie von der "Dei Gratia" geborgen wurde.

So erklären die Fachleute unserer Tage das Rätsel des berühmten Geisterschiffs. Was aber die Welt nicht daran hindert, weiterhin über die "Mary Celeste" herum zu fantasieren. Seeungeheuer und Piraten sind halt einfach spannender als simple Physik.


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