Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. November 1988 Erster Computerwurm ins Internet gesetzt, "Morris-Worm"

Einen Versuch ist es wert, dachte sich Student Robert T. Morris und ließ einen Wurm aufs Internet los, der sich schneller und hartnäckiger verbreitete als gedacht… Einzige Lösung: Das Internet abschalten. Autorin: Yvonne Maier

Stand: 02.11.2018 | Archiv

02.11.1988: Erster Computerwurm ins Internet gesetzt, "Morris-Worm"

02 November

Mittwoch, 02. November 1988

Autor(in): Yvonne Maier

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wie wird man Informatik-Professor am weltberühmten Massachusetts Institute of Technology, der wahrscheinlich besten Technischen Universität der Welt? Man könnte zum Beispiel ein hervorragender Student sein. Eine brillante Doktorarbeit abgeben. Gute Verbindungen haben. Könnte man. Oder man könnte - noch bevor man seinen Abschluss hat - das Internet kaputt machen.

Das ist der Weg, den Robert T. Morris gewählt hat. Am 2. November 1988 setzte er ein kleines Computerprogramm ins Internet, dass innerhalb von zwei Tagen das gesamte damalige Netz lahmlegen sollte. Gut, das Internet war damals noch ziemlich klein, nur rund 60.000 Rechner waren angeschlossen, es gab nur rund 2 Millionen Nutzer in Unternehmen, Universitäten und im Militär und es war auch keine Absicht, sagte Robert Morris später.

Hoppla…

Was wollte der Student tun? Er wollte eigentlich nur mit einem sehr kleinen Programm herausfinden, wie das damalige Internet aufgebaut war. Dazu programmierte er das, was später als der "Große Wurm" oder der "Morris Wurm" bekannt werden sollte. Das Programm installierte sich auf einem Rechner und infizierte alle anderen Rechner, die an ihn angeschlossen waren. So weit, so gewollt, so harmlos: ein Rechner – ein kleines Datenpaket des Morris Wurms. Eigentlich hatte ihn Robert T. Morris sehr gut programmiert – denn der Wurm checkte vor der Installation immer ab, ob schon eine Version auf der Festplatte drauf war. Der Student wollte ja nicht zu viele Rechner zählen. Doch Robert T. Morris war ein misstrauischer Mensch. Er vermutete, dass man ihm auf die Schliche kommen könnte – und die Computer anweisen würde, seinem Wurm bei der Anfrage immer zu antworten: Hier ist schon eine Version drauf, bitte weiterziehen! Dann hätte der Informatiker zu wenige Rechner gezählt - Robert T. Morris programmierte darum ein Hintertürchen in sein Programm: Bei jeder siebten Anfrage installierte sich der Wurm, egal ob es schon eine Version auf der Festplatte gab, oder nicht.

Jetzt geht´s los…

Und hier begann das Schneeballsystem. Nun war das Programm wirklich klein, es tat auch nicht mehr, als ein wenig Speicherplatz auf dem befallenen Rechner zu belegen. Aber bei einigen Rechnern des damaligen Internets spielte sich das Programm wieder und wieder und wieder auf die Festplatte und legte so den Speicher lahm. 6.000 PCs waren zu nichts mehr zu gebrauchen. Die einzige Lösung: Das gesamte Internet abzuschalten, also alle 60.000 Rechner vom Netz zu nehmen, einzeln vom Wurm zu befreien und erst dann wieder anzuschließen. Zum Glück hat das geklappt. Und Robert T. Morris wurde für eine ganz neue Kategorie Straftat als allererster in der Geschichte der amerikanischen Justiz zu drei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. Seiner Karriere hat das nicht geschadet - heute ist er, wie gesagt, Professor am MIT. Wobei dieser Karriereweg heutzutage nicht wirklich zu empfehlen ist. Denn wir können nicht mehr einfach mal eben alle Computer vom Netz nehmen und von einem fehlgeleiteten Internet-Wurm reinigen. Dazu ist das Netz zu groß geworden.


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