11. März 1907 Endlich Gewicht der Seele ermittelt
Der US-amerikanische Arzt Duncan MacDougall wog in einer Versuchsreihe mehrere sterbende Patienten. Er wollte beweisen, dass die Seele materiell und damit messbar sei. Und tatsächlich: Die von ihm ermittelte Gewichtsdifferenz zwischen lebendem und totem Körper betrug 21 Gramm. Autorin: Prisca Straub
11. März
Montag, 11. März 2024
Autor(in): Prisca Straub
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Um das Gewicht der menschlichen Seele zu messen, braucht es Geduld. Duncan MacDougall ist ganz bei der Sache: Denn jeder Atemzug des vor ihm liegenden Patienten könnte der letzte sein. Dann braucht es Geistesgegenwart. Der Arzt aus Haverhill, Massachusetts, will den exakten Todeszeitpunkt abpassen - und dann mit einem Blick auf die Waage feststellen: Was passiert, wenn die Seele den Körper verlässt? - Nach drei Stunden und 40 Minuten setzt das rasselnde Luftholen des Sterbenden endgültig aus. Im Raum wird es still. - Und mit einem deutlich hörbaren metallischen Klacken, schnellt der Zeiger der Waage an die untere Begrenzung der Mess-Skala - und bleibt dort stehen. Ein schlagartiger Gewichtsverlust von ... 21 Gramm!
Die Seele wiegt 21 Gramm
MacDougall ist elektrisiert. Der erste Durchlauf mit einem Todkranken ist optimal gelaufen. Das könnte der Beginn sein ... von einer wissenschaftlichen Sensation! Fünf weitere Sterbende liegen schon für ihn bereit. Die meisten sind Tuberkulose-Patienten. Die sind MacDougall am liebsten. In ihren letzten Stunden sind sie zu entkräftet, um sich nennenswert zu rühren. So wird die mechanische Präzisionswage, auf der er die Bettlägerigen samt Liege platziert, durch keine abrupte Bewegung aus dem Gleichgewicht gebracht. Und die Messgenauigkeit ist sensationell - plus-minus fünf Gramm!
Doch dann ist es wie verhext: Nach dem gelungenen Auftakt der Seelen-Vermessung häufen sich die Störereignisse. Bei einem Kandidaten fällt das Gewicht nach Eintritt des Todes - aber sinkt später dann noch einmal. Zwei weitere Sterbende verlieren zwar Gewicht - doch das steigt dann wieder.
Und außerdem gibt es Ärger mit der Technik: Bei einer Messung ist die Waage fehlerhaft justiert, der letzte Proband stirbt, noch bevor MacDougall das Bett auf die Waage heben kann.
Doch Duncan MacDougall lässt sich nicht vom Kurs abbringen. Ausführlich korrespondiert er mit Forscherkollegen über die beobachteten Gewichtsdifferenzen. Wie sich die Methode wohl noch verfeinern ließe. Und nein - der Gewichtsverlust sei nicht zurückzuführen auf Schweißabsonderungen oder Flüssigkeitsverlust. Oder einen Rest von Atemluft in den Lungenflügeln.
"Tiere haben keine Seele"
Doch seiner wissenschaftlichen Publikation kommt dem Mediziner dann die New York Times zuvor: Am 11. März 1907 lautet die Schlagzeile: "Endlich Gewicht der Seele ermittelt!" Und: Seelen-Wäger MacDougall habe seine Experimente unter anderem mit Studien an 15 Hunden belegt: Das Ergebnis: "Keine Gewichtsdifferenz!" Denn: "Tiere haben keine Seele!" - Nicht alle Leserinnen und Leser sind einverstanden. Zumal bekannt wird, dass MacDougall die Tiere für seine Messungen höchstwahrscheinlich vergiftet hat.
Duncan MacDougall gelingt kein Durchbruch mehr. Auch nicht, als er versucht, die Seele beim Verlassen des menschlichen Körpers zu fotografieren. Der Gewichtsverlust seiner allerersten Versuchsperson durfte doch einfach kein Zufall gewesen sein! Aber das Messergebnis von damals ließ sich nie mehr wiederholen. Trotzdem: Bis heute geistert die 21-Gramm-Theorie als MacDougalls Vermächtnis durch die Welt.