Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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23. Oktober 4004 v.Chr. Gott vollendet die Schöpfung der Welt!

Erzbischof James Ussher wurde einst durch eine Vielzahl theologischer und historischer Schriften bekannt, am berühmtesten jedoch durch seine Weltgeschichte, in der er den Tag der Schöpfung datiert hat. Autor: Simon Demmelhuber

Stand: 23.10.2018 | Archiv

23 Oktober

Dienstag, 23. Oktober 2018

Autor(in): Simon Demmelhuber

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Ja, so geht die Rechnung auf! Jetzt reicht die Kette hinab bis auf den Urgrund der Zeit. Jetzt kann James Ussher seine Geschichte der Menschheit schreiben: Die ganze Geschichte, in lückenloser Jahresreihe vom ersten Welttag an.

Präzisionsfanatismus: Jahr…

Das ist nichts Neues. Schon viele Gelehrte haben vor ihm versucht, die Zeugungs-, Krönungs-, Königs-, Lebens- und Sterbejahre des Alten Testaments zusammenzuzählen. Doch keine zwei kommen zum selben Ergebnis, keiner kennt das Schöpfungsdatum.

Damit gibt sich Erzbischof Ussher nicht zufrieden. Das Oberhaupt der Kirche von Irland ist ein Präzisionsfanatiker. Er duldet kein Ungefähr: Zehn Jahre braucht er, um das Zifferndickicht zu roden. Zuletzt zählt er exakt 3442 Jahre vom Schöpfungstag bis zur Zerstörung Jerusalems. Dann stürzt er ins Nichts. Die hebräische Bibel endet abrupt mit dem babylonischen Exil. Aber wann war das? Und wie viele Jahre vergehen danach bis zu Christi Geburt?

Der Bischof steckt fest. Sein Zeitstrang hat ein loses, frei schlackerndes Ende und lässt sich nicht straffen. Das Stück bis zur Zeitenwende fehlt. Niemand weiß, wie groß die Lücke ist. Aber aufgeben? Nie und nimmer. Schließlich lohnt eine versteckte Kleinigkeit im 2. Buch der Könige das ausdauernde Ackern. Die bisher unbeachtete Stelle berichtet beiläufig, wie Babylons König Ewil-Merodach im Jahr seiner Thronbesteigung den König vom Juda begnadigt.

Endlich! Die Brücke ist geschlagen: Da Ewil-Merodach der Sohn und Nachfolger Nebukadnezars ist, muss der Vater im selben Jahr gestorben sein. Mit Hilfe babylonischer, griechischer, römischer Quellen legt er 562 vor Christus als Sterbejahr Nebukadnezars fest.

Nun hat er den Hebel, um seine Annalen in die Angeln zu hieven: 3442 Jahre bis zum Tod Nebukadnezars plus 562 Jahre bis zur Zeitenwende. Macht summa summarum 4004!

…und Tag.

Aber Ussher will mehr: er will den Monat, den Tag, die Stunde. Dazu nutzt er die große Schultafel des Himmels, auf der Gott seine Geheimnisse im Lauf der Gestirne festgeschrieben hat. Der Erzbischof ist gewitzt genug, die himmlische Botschaft richtig zu lesen: Weil die Zeit zugleich mit dem Licht beginnt, muss ein jährlich wiederkehrendes Himmelsereignis auf den Schöpfungsmoment weisen. Dafür kommen nur die Tagundnachtgleichen im Herbst und Frühjahr in Frage. Aber welche ist es? Ussher wählt das Herbstäquinoktikum: Denn waren nicht die Früchte reif, als der Herr Adam und Eva in den Garten Eden setzte? Und ruhte Gott nicht am siebten Tag, der seither als Sabbat heilig ist? Da dieser erste Sabbat, wie jeder Sabbat seitdem, ein Samstag ist, fällt die Schöpfungsstunde zwingend auf einen Sonntag vor oder nach der Tagundnachtgleiche im Herbst.

Das ist der Schlussstein, das Gebäude steht: Denn dieser Sonntag lässt sich mit Keplers astronomischen Tafeln exakt berechnen: Und so kann Ussher schließlich verkünden: Am 23. Oktober 4004 vor Christus setzt Gott zur Mittagsstunde die Sonne im Scheitel des Himmels auf ihren Thron und spricht: "Es werde Licht!"


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