Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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4. Juli 1999 Raubgräber finden Himmelsscheibe von Nebra

Zwei Raubgräber finden bei Nebra in Sachsen-Anhalt eine tellergroße Scheibe. Auf dem Schwarzmarkt lässt sich ein Museumsdirektor zum Schein auf einen Kauf ein. Mithilfe der Polizei findet die Scheibe Einzug in sein Museum. Die "Himmelsscheibe von Nebra" wird UNESCO Welterbe. Autorin: Lavina Stauber

Stand: 04.07.2024 | Archiv

04.07.1999: Raubgräber finden Himmelsscheibe von Nebra

04 Juli

Donnerstag, 04. Juli 2024

Autor(in): Lavina Stauber

Sprecher(in): Caroline Ebner

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Möglichst unbemerkt schleichen zwei Männer über das Plateau des Mittelbergs zwischen Nebra und Roßleben in Sachsen-Anhalt. Es ist ein sonniger Sonntag im Jahr 1999, doch die Bäume spenden Schutz vor ungewollten Beobachtern. Die Männer tragen ein Metallsuchgerät bei sich. Unter stetigem Piepsen fahren sie damit langsam über den Waldboden.

Die beiden sind Raubgräber und haben es auf unentdeckte, historische Fundstücke abgesehen. Sie wissen, das Gebiet, in dem sie unterwegs sind, wird archäologisch untersucht. Es ist ein sogenanntes Bodendenkmal, in dem sich auch Hügelgräber befinden. Sie wissen auch, dass Gefängnisstrafen drohen, wenn sie Fundstücke mitgehen lassen. Doch das ist ihnen egal.

Gesucht und gefunden

An diesem 4. Juli 1999 machen sie einen erfolgreichen Fund: zwei Schwerter mit goldverzierten Griffen, Beile, zwei Armreifen und einen Meißel. Und dann ist da noch dieser schimmernde, 32 Zentimeter große Deckel – vielleicht ein Schild und ein Teller? Er klemmt im Boden fest. Als sie die Scheibe endlich freibekommen, verschwinden sie mit ihrer Beute.

Später wird dieser „Teller“ - die „Himmelscheibe von Nebra“ – als ein archäologischer Jahrtausendfund in die Geschichte eingehen. Denn die Scheibe mit Darstellungen von Himmel, Mond und Sternen ist über 3.600 Jahre alt und die bis heute älteste Abbildung unseres Sternenhimmels, die je entdeckt wurde.

Ein Jahrtausendfund wechselt die Besitzer

Doch die beiden Sondengänger ahnen davon nichts und möchten die den räuberischen Fund samt Scheib möglichst schnell loswerden. Für 31.000 DM wandert der Schatz also in die Hand eines Hehlers. Dieser hofft den Fund für gutes Geld weiterzuverkaufen und bietet ihn im Netz, aber auch Museen an. Es dauert schließlich drei Jahre, bis sich jemand auf das illegale Geschäft einlässt und die Himmelscheibe für knapp eine Viertelmillionen DM erwirbt. Auch der neue Besitzer will Gewinn machen und bietet die Scheibe zum Weiterverkauf an.

Nur wenige Leute wissen von dem Fund, doch in Onlineforen von Sondengängern wird getuschelt, dass an diesem 4. Juli im Jahr 1999 etwas ganz besonders gefunden wurde. Dass diese Scheibe eine „absolute Weltsensation“ ist, das ahnt auch Harald Meller, der Direktor des Landesmuseums in Halle an der Saale. Als ihm ein Foto von der Himmelscheibe zugespielt wird, will er sie auf jeden Fall für sein Museum erwerben – aber nicht um jeden Preis.

Er lässt sich zum Schein auf das Angebot einer Vermittlerin ein und gibt vor, die Scheibe kaufen zu wollen. Doch zur Übergabe in einem Basler Hotel begleiten ihn verdeckte Ermittler der Polizei. Die greifen zu.

Ein letztes Mal wechselt die Scheibe ihren Besitzer - ins archäologische Landesmuseum Sachsen-Anhalt. Dort bestätigt sich: Die Scheibe vermittelt astronomischen Wissen aus der Vorzeit. In der Bronzezeit wurde sie als astronomisches Instrument genutzt, über Jahrzehnte immer wieder überarbeitet, bis sie als rituelle Beigabe begraben wurde.

Heute zählt sie zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Dem Landesmuseum in Halle brachte der Fund der Himmelscheibe jährlich zehnttausende neue Besucher ein, den beiden Raubgräbern jedoch Bewährungsstrafen.


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