Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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11. April 1833 Nestroys "Lumpacivagabundus" uraufgeführt

"Der böse Geist Lumpacivagabundus" von Johann Nestroy: eine Zauberposse des Alt-Wiener Volkstheaters ist eine Parabel über die Unwandelbarkeit des menschlichen Charakters, eine satirische Schilderung trostloser Verhältnisse, ein entzaubertes Zauberspiel - das Happy End wurde dem Publikum zuliebe später dazu gedichtet. Autorin: Carola Zinner

Stand: 11.04.2023 | Archiv

11.04.1833: Nestroys "Lumpacivagabundus" uraufgeführt

11 April

Dienstag, 11. April 2023

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Einmal, es war die Zeit der großen Teuerung, kam er in einem Gewand auf die Bühne, an dem die Knöpfe durch Semmeln ersetzt waren. Das Publikum johlte, wusste es doch genau, worauf Nestroy damit anspielte, die Zensur wusste es auch, und Johann Nepomuk Nestroy musste mal wieder für einige Tage in Haft. Im Wien der Metternich-Ära war jede öffentliche Kritik, und sei es die an den immer kleiner werdenden Brötchen, untersagt, und wer sich daran nicht hielt, bekam Ärger. Nestroy aber, dessen Motto lautete, "Stücke, die die Zensur versteht, werden mit Recht verboten", ließ sich seine unbändige Lust am Extemporieren, dem Abweichen vom genehmigten Text, nicht nehmen. Schwebte ihm doch etwas ganz anderes vor als die gemütlich-humorvollen Zauberpossen seines Zeitgenossen Ferdinand Raimund, die das Publikum nicht nur unterhalten, sondern auch - ganz im Sinne der Obrigkeit - zum Schönen und Guten erziehen sollten.

Biedermeierlichen Lebensglück? - Ein Alptraum!

Dagegen zeigten Nestroy Stücke beunruhigend viel von der Kraft des alten, derben Volkstheaters, über das seine Figuren allerdings weit hinausgehen: ihr Sprachwitz und der Realismus ihrer Charaktere prägte alles, was danach für die Wiener Volksbühnen entstand. In der Zauberposse "Der böse Geist Lumpacivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt aus dem Feenreich" etwa werden drei arme Handwerksburschen plötzlich dank eines Lottogewinns, den ihnen die Bewohner des Feenreichs zuschustern, steinreich. Und benehmen sich anschließend genauso, wie man es von heutigen Lottogewinnern kennt, sprich, sie machen ebenso klug oder dumm weiter wie bisher: Der trinkfreudige Schuster Knieriem bleibt ein fröhlicher Säufer, der lustige Schneider Zwirn ein Weiberheld und der Tischlergeselle Leim jener gute Kerl, der er war, bevor er der Liebe wegen abkam vom rechten Weg.
Er ist denn auch der einzige, dem am Ende der Reichtum zum biedermeierlichen Lebensglück verhilft. Das, wie der Schluss andeutet, für die andern beiden halt doch eher ein Alptraum ist.

"D’ Kometen müssten verboten wer’n"

Uraufführung des "Lumpazivagabundus" war am 11. April des Jahres 1833 im Theater an der Wien. Nestroy, ein beweglicher Schlacks mit ausdrucksvollen Augen, der im wahren Leben wohl etwas von allen drei "Lumpazi"-Charakteren hatte, spielte den versoffenen Knieriem und sang das mit Anspielungen auf die Politik durchsetzte "Kometenlied". "Es is kein’ Ordnung mehr jetzt in die Stern’, D’ Kometen müssten sonst verboten wer’n", heißt es im Couplet, das offiziell die Aufregung um den Kometen thematisiert, der in jenen Tagen der Erde gefährlich nahe kam. "Da wird einem halt angst und bang: Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang." Das Stück brachte Nestroy den Durchbruch als Bühnenautor; hunderte Male ist er darin aufgetreten, geliebt vom Publikum, gefürchtet von der Obrigkeit, die seinem Witz einfach nicht beikommen konnte. Als er nach der Haft wegen der so genannten "Semmelaffäre" zum ersten Mal wieder auf der Bühne stand, hat er sich, wie es heißt, als erstes bei den Wiener Bäckern bedankt. Sie hätten ihn im Gefängnis vor dem Verhungern bewahrt - indem sie ihm durchs Schlüsselloch Semmeln zusteckten.   


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