13. Mai 1862 Robert Smalls stiehlt ein Schiff
Er klaut ein Kriegsschiff und segelt damit in die Freiheit, raus aus der Sklaverei. Auf dieser Fahrt nimmt er auch noch einige andere mit: Robert Smalls. Im amerikanischen Bürgerkrieg wird er zum Helden. Auf sehr ungewöhnliche Art und Weise. Autorin: Ulrike Rückert
13. Mai
Dienstag, 13. Mai 2025
Autor(in): Ulrike Rückert
Sprecher(in): Berenike Beschle
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Jetzt oder nie! Robert Smalls entschied sich für jetzt.
Die "Planter" lag an ihrem üblichen Platz im Hafen von Charleston, South Carolina, wo vor gut einem Jahr der amerikanische Bürgerkrieg begonnen hatte. Die weißen Schiffsoffiziere blieben in dieser Nacht in der Stadt, vorschriftswidrig. An Bord waren nur die Matrosen – allesamt Sklaven.
Die "Planter", ein fünfundvierzig Meter langer Dampfer, war eigentlich ein Küstenfrachter im Baumwollhandel, aber jetzt mitsamt ihrer zivilen Besatzung ans Militär der Südstaaten vermietet. Die Matrosen waren nun also im Kriegseinsatz zur Verteidigung ihrer eigenen Versklavung.
Draußen auf dem Atlantik lagen Schiffe der Nordstaaten, die Charleston blockierten. Vor einigen Tagen hatte es einen großen Tumult gegeben, weil Sklaven dorthin geflohen waren – mit dem Boot des Militärkommandanten.
Aber Robert Smalls stahl kein Ruderboot. Er stahl die "Planter".
Wenn schon, denn schon
Er beförderte sich zum Kapitän und sammelte noch seine Familie und ein paar Freunde auf. Um halb vier Uhr morgens am 13. Mai 1862 waren siebzehn Menschen auf dem Weg aus der Sklaverei in die Freiheit. Vor sich hatten sie zehn Kilometer Fahrt durch die Flussmündung, mit Sandbänken, Schwimmsperren, Seeminen und versunkenen Wracks. Robert Smalls kannte diese Hindernisse genau, viel bedrohlicher waren die Forts an den Ufern.
Langsam, um keinen Verdacht zu wecken, steuerte er die "Planter" durch die Fahrrinne und gab an allen Kontrollstellen die richtigen Signale mit dem Nebelhorn. So passierte er zuletzt auch das kanonenstarrende Fort Sumter. Als die Wache dort sah, dass er nun mit Volldampf schnurstracks auf die Blockadeschiffe zuhielt, war es zu spät.
Mitten durch
Auf dem großen Segler, auf den er im Morgennebel zufuhr, brach Alarm aus. Der Kapitän glaubte, die Konföderierten wollten sein Schiff rammen und versenken. Die Geschütze waren schon bereit zum Feuern, als jemand eine weiße Fahne an der "Planter" entdeckte. Der Kapitän ließ sie herankommen.
Die Presse der Nordstaaten feierte Robert Smalls - den Sklaven, der sich selbst befreit und ein Kriegsschiff entführt hatte - als Helden. Bis zum Kriegsende diente er als Lotse und Kapitän für die Marine der Union. Für die "Planter" bekam er eine Belohnung, und damit kaufte er das Haus, in dessen Sklavenquartier er geboren worden war.
In den Jahren der sogenannten "Reconstruction" wählten die aus der Sklaverei befreiten Afroamerikaner viele schwarze Politiker. Zwei Jahrzehnte lang war Robert Smalls einer der bekanntesten, im Parlament von South Carolina und als Kongressabgeordneter in Washington.
Die Weißen in den Südstaaten wollten die alte Ordnung so weit wie möglich wiederherstellen, und dieses Ziel verfolgten sie mit allen Mitteln – Gesetze, die Afroamerikaner entrechteten, Wahlbetrug und Gewalt. Der Ku Klux Klan und ähnliche Terrorbanden ermordeten Tausende, auch Robert Smalls entging dem zweimal nur knapp.
Als er 1915 starb, waren viele Errungenschaften des Aufbruchs nach dem Bürgerkrieg wieder verloren, Rassentrennung und Diskriminierung fest zementiert. Politische Karrieren wie seine waren nun für Jahrzehnte undenkbar.