23. August 1926 Rodolfo Valentino stirbt - der erste "Latin Lover"
Massenhysterie unter den weiblichen Fans, der Scheich, der Latin Lover, Sexsymbol und Weltruhm - all das bedeutete Rodolfo Valentino. Autorin: Isabella Arcucci
23. August
Montag, 23. August 2021
Autor(in): Isabella Arcucci
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Schwarze Augen, in denen animalische Begierde flackert! Der Scheich greift mit starker Hand nach der Taille der blonden Schönen. Angst blickt aus ihren Veilchenaugen. Und Verzückung! Genau wie aus den Augen des weiblichen Kinopublikums. Ach wie himmlisch wäre es, mit roher Leidenschaft auf das plüschige Zeltbett geworfen zu werden….von Rodolfo Valentino, dem großen Stummfilmstar - dem ersten Latin Lover! Oh, Rodolfo!
Wenn Hormone Tango tanzen
Geboren wurde Rodolfo Alfonso Raffaello Pierre Filibert Guglielmi di Valentina d'Antonguella 1895 als Sohn einer gutbürgerlichen Familie in einem kleinen Nest in Süditalien. Doch ihn lockte Amerika! Mit 18 Jahren fuhr er mit einem Ticket dritter Klasse nach Nuova York! Rodolfo konnte kein Wort Englisch. In New York schlief er auf Parkbänken und wusch Teller in einem Nachtclub. Bis man dort seine Talente erkannte: das Tanzen und die Schönheit. Oh Rodolfo! Er wurde Tanzpartner nicht mehr ganz taufrischer reicher Damen, die sich im Wiegeschritt an seinen jungen Körper schmiegten und ihm dicke Trinkgelder zusteckten. Eine der Damen legte ihren Gatten kurzerhand um, damit sie frei war für Rodolfo. Der hatte mit so viel Sympathie gar nicht gerechnet, floh so schnell er konnte nach San Francisco und wurde entdeckt – von Hollywood! Er hieß nun Rodolfo Valentino, bzw. (engl.) Rudolph, das erste männliche Sexsymbol. Die Hormone tanzten Tango, wenn Rodolfo mit schwarzem Lackhaar und gespanntem Bizeps wie ein Panther über das Parkett der Filmkulisse glitt. Das weibliche sexuelle Verlangen, bisher unterdrückt und tabuisiert, hatte endlich ein Ventil: Oh Rodolfo! Frauen gerieten in Hysterie, verloren sich in unzüchtigen Tagträumen.
Liebeskummer eines Latin Lovers
Amerikas Männer waren stinksauer. Zeitungen beschimpften Rodolfo als "pinke Puderquaste" und fragten gar, warum ihn noch niemand bei Zeiten ertränkt hätte. Rodolfo war verletzt – und oft einsam. Seine Berühmtheit überforderte ihn.
Rodolfos erste Frau, die Schauspielerin Jean Acker, ließ sich von ihm in der Hochzeitsnacht nicht aufs Bett werfen. Sie warf ihn - und zwar aus dem Zimmer. Jean Acker stand nicht auf Latin Lover, sie liebte Frauen. Doch dann kam Natacha Rambova, die große Künstlerin. Oh, Natacha! Rodolfo liebte sie so sehr, dass es weh tat, bis tief in den Bauch hinein. Natacha wollte aus dem Sexobjekt Rodolfo ihr Kunstobjekt machen, fotografierte ihn als nackten Faun und steckte ihn in rosa Rokoko-Klamotten. Dann verlor sie das Interesse. Während seine Fans im Kino hyperventilierten, drohte Rodolfo an der Trennung zu zerbrechen. Er versuchte sich das Leben zu nehmen. Auch die Affäre mit dem Filmstar Pola Negri konnte ihm Natacha nicht ersetzen. Der Liebeskummer fraß sich tief in seine Eingeweide. Am 23. August 1926 starb Rodolfo Valentino, der erste Latin Lover, an den Folgen mehrerer Magengeschwüre, mit nur 31 Jahren. 100.000 verzweifelte weibliche Fans folgten dem Leichenzug durch die Straßen von New York.
Was uns heute von Rodolfo bleibt sind verzappelte Stummfilmaufnahmen von leidenschaftlichen Gesten und rollenden Augen. Ach je, Rodolfo…