14. September 1972 Die erste Folge der Fernsehfamilie Walton wird ausgestrahlt
Sie sind eine der bekanntesten TV-Familien: Die Waltons. Wenn über ihrem Haus in den Blue Ridge Mountains, Virginia, die Sonne untergeht und sich alle gegenseitig eine gute Nacht wünschen, weiß man: Die Welt ist wieder in Ordnung. Das Publikum in den 1970er Jahren liebt das. Autorin: Susi Weichselbaumer
14. September
Donnerstag, 14. September 2023
Autor(in): Susi Weichselbaumer
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Frank Halbach
Gute Nacht, Mary Ellen! Gute Nacht, Jim Bob! Gute Nacht, Elizabeth! – Es ist das bekannteste Einschlafritual der Fernsehgeschichte: Die Sonne versinkt hinter den bewaldeten Bergen im südlichen Virginia. Im Dachgeschoss des weißabblätternden Farmhauses gehen die Lichter aus. Mama, Papa, Oma, Opa und die sieben Kindern wünschen sich gegenseitig ausgiebig kreuz und quer gute Nacht. Mehr Idylle gibt es nicht.
Einer für alle und alle für einen
Es sind die 1930er/40er Jahre in den USA, die Zeit der Großen Depression. Das kleine Sägewerk von Papa John Walton bringt nicht viel ein, die Kinder laufen barfuß zur Schule, ab und an gibt es für zwei Cent Lakritz im Kramerladen von Ike Godsey. Man ist arm, aber glücklich. Wen Mama Olivia an ihre kochbeschürzte Brust drückt, für den ist die Welt in Ordnung. Neun Staffeln lang. Zehn Jahre wird die Serie laufen. Als "Die Waltons" am 12. September 1972 im USA-Fernsehen starten, prognostizieren Kritiker das schnelle Aus, weil zu idyllisch!
Liebe, Freude, Eierkuchen
Offensichtlich jedoch braucht das Publikum in den Vereinigten Staaten zu dieser Zeit von Vietnamkrieg und Studentenprotesten eben gerade Zusammenhalt, Gemeinschaft, Vertrauen, Familie. Es ist übrigens die von Drehbuchautor Earl Hamner, der seine eigene Biografie erzählt. Er bestimmt bei der Besetzung mit und entscheidet für Darsteller und Darstellerinnen, die gerade keine Idylle mitbringen.
Ralph Waite hat etliche erfolglose Jobs und familiäre Konstellationen durch, als er sich für die Rolle von Papa John Walton bewirbt.
Aus finanziellen Gründen, sein Geld geht hauptsächlich für zu viel Alkohol drauf. Ähnlich ist es bei Michael Learned. Die Theaterdarstellerin quält sich durch eine unschöne Scheidung, alleinerziehend und pleite mit drei noch recht kleinen Jungs. Die Nacht vor dem Vorsprechen verbringt sie in einem Motel am Highway mit einer Flasche Whiskey. Egal, sie ist mit Anfang 30 eh zu jung für den Part von Mama Olivia.
Am nächsten Tag beim Probedreh mit Brummschädel entsteht zwischen ihr und Ralph Waite sofort Magie. Liebe auf den ersten Blick. Waite wird später sagen: Papa John zu verkörpern habe ihm gezeigt, wie man Verantwortung im Leben übernimmt für sich und andere. Zusammen mit Michael hört er auf zu trinken. Die beiden retten sich gegenseitig – und werden zu den innigen Parade-TV-Eltern einer ganzen Nation. Um diese Beziehung nicht zu gefährden, gehen sie übrigens im echten Leben keine ein. Der Plan geht auf.
221 Folgen lang begleitet man Opa Walton auf Truthahnjagd, schimpft mit Oma Walton dem alten Mann hinterher, weil er mit seinen Stiefeln die Küche verdreckt. Mit John Boy besteht man die Aufnahmeprüfung fürs College. Irgendwann wird geheiratet, die Kinder kriegen selber Kinder. Das Haus leert sich. Mama Walton kocht und bügelt weiter. Davon gelangweilt steigt Schauspielerin Michael Learned aus der Serie aus. Und kommt dann doch immer wieder für einzelnen Episoden zurück. Aus Liebe, sagt sie, weil die Waltons-Besetzung ihre zweite Familie geworden ist - wie die vieler Zuschauerinnen und Zuschauer. In diesem Sinne: Gute Nacht, alle!