12. März 1928 Spanish Marie wird beim Alkoholschmuggeln verhaftet
Die wilden 1920er Jahre – die Zeit knallharter Gangster wie Al Capone, eine Zeit für Männer, denkt man. Falsch gedacht, wie nicht nur die berüchtigte Spanish Marie beweist. Autorin: Ulrike Rückert
12. März
Freitag, 12. März 2021
Autor(in): Ulrike Rückert
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
"Spanish Marie" Waite übernahm das Geschäft ihres Mannes, nachdem seine Leiche am Strand angespült worden war: Sie kommandierte eine Flotte von Schnellbooten, die Rum von Kuba nach Florida schmuggelten, im Katz-und-Maus-Spiel mit der Küstenwache. Die erwischte sie am 12. März 1928 am Strand von Miami, als sie mit ihren Männern ein paar tausend Flaschen von einem Boot auf Lastwagen verlud. Auf Kaution frei, tauchte sie unter und ward nicht mehr gesehen.
Beinharte Banditinnen
Amerika während der Prohibition war nicht nur der Tummelplatz von Al Capone und Lucky Luciano. Im Schwarzbrenner- und Schmuggelgeschäft waren auch Scharen von Frauen aktiv: Hausfrauen, die Schnaps in der Küche brannten und die Ware im Kinderwagen auslieferten, Abenteurerinnen, beinharte Geschäftsfrauen und skrupellose Banditinnen.Willie Carter Sharpe war ein As unter den Fahrern in den Bergen von Virginia, wo tausende Destillen in den Wäldern versteckt waren und mit Whisky beladene Trucks in Kolonnen über die Landstraßen donnerten. Willie, in deren Schneidezähnen Diamanten blitzten, fuhr mit einem hochgetunten Auto voraus und lockte Polizeipatrouillen auf wilde Verfolgungsjagden. Doch dann krachte sie bei einem halsbrecherischen Manöver in einen Polizeiwagen. Sie musste ins Gefängnis – wegen gemeingefährlichen Fahrens.
Gloria de Casares, Gattin eines reichen argentinischen Geschäftsmanns in London, kaufte einen Fünfmastschoner und belud ihn mit zehntausend Kisten Scotch. "Wir sind Schmuggler", verkündete der Kapitän freimütig, und Gloria fand, es sei ein großer Spaß.
Leider wollte die Regierung gerade den Amerikanern guten Willen im Kampf gegen den Schmuggel beweisen, und so landete der schöne Stoff in einem englischen Zolllager.
Verehrte Gangsterladies
Die Briten taten aber nichts dagegen, dass ihre Kolonie Bahamas die große Drehscheibe für Sprit aus Europa war. Hier liefen die Frachtschiffe an, von hier brachten Dampfer die Ware zu den "Rum Rows", schwimmenden Spirituosengroßmärkten vor der Küste der USA. Ganz groß in diesem Geschäft war Gertrude Lythgoe, die glamouröse, geheimnisumwitterte Diva von Nassau – tatsächlich eine ehemalige Stenotypistin aus Ohio.
Im Männerclub der Mafia kam keine Frau so weit nach oben wie Bessie Starkman. Ihr italienischer Liebhaber galt als Al Capone von Kanada. Von Ontario aus lieferte er Whisky nach Detroit, Chicago und New York. Aber der wirkliche Kopf der Bande war Bessie, und sie nahm ein stilgerechtes Ende: Eines schönen Sommerabends wurde sie vor ihrer Neunzehn-Zimmer-Villa erschossen. Ruth Adele Smith führte ein mondänes Partyleben in San Francisco und importierte schiffsladungsweise Schnaps aus Kuba, bis sie vor einem Haftbefehl floh. Zwei Jahre lang waren ihr Bundesagenten auf den Fersen. Sie tauchte in Havanna, auf den Bahamas und in New York auf. In Miami wurde sie schließlich gefasst und eine exorbitante Kaution festgesetzt. Sie zahlte sofort, stieg in ihr Auto und war wieder verschwunden.
Einige dieser Gangsterladies gaben Interviews und erhielten Fanpost. "Ich würde Sie heiraten", schrieb ein Verehrer an Lythgoe, "denn ein häusliches Leben wäre passender für Sie als Ihre derzeitige Tätigkeit."