16. September 1964 Gründung von Stiftung Warentest beschlossen
Taugt das was, oder lohnt sich die Anschaffung gar nicht? Am 16. September 1964 beschloss die Bundesregierung die Gründung der Stiftung Warentest. Seitdem tut sich der Verbraucher leichter, gute Produkte von giftigen und unnütze von völlig unbrauchbaren zu unterscheiden. Autorin: Isabella Arcucci
16. September
Montag, 16. September 2024
Autor(in): Isabella Arcucci
Sprecher(in): Andreas Wimberger
Redaktion: Thomas Morawetz
Der deutsche Verbraucher versteht keinen Spaß. Mögen sie sich in anderen Ländern über humorige Werbespots beömmeln vor Lachen. Der deutsche Verbraucher bleibt unbestechlich für all zu viel Klamauk in der Warenanpreisung. Anstatt in spontane Kauflust zu geraten, fragt sich der deutsche Verbraucher mit unbewegter Miene bei jedem Produkt: Braucht`s das überhaupt? Wer den deutschen Verbraucher begeistern will, der muss stichhaltige Informationen liefern: die "Extraportion Milch" kombiniert mit dem "Plus an Reinheit" und "Supersaugfähigkeit", das alles zum "kleinen Preis" und "in limitierter Edition" "nur so lange der Vorrat reicht". Dann aber ist der deutsche Verbraucher nicht mehr zu halten. Mit glasigen Augen stürmt er los ins nächste Kaufhaus - und möglicherweise geradewegs in sein Verderben.
Unabhängig und gnadenlos
Stopp! Das muss nicht sein! Die Stiftung Warentest hilft dem deutschen Verbraucher, sich im unübersichtlichen Warenangebot zu Recht zu finden und gute Produkte von giftigen, und unnütze von völlig unbrauchbaren zu unterscheiden. Egal ob Handys, Urlaubsreisen oder Fahrradhelme - die Stiftung Warentest ermittelt stets unabhängig - und gnadenlos. In guter Tradition seit 1964. Finanziert durch die eigenen anzeigenfreien Testberichtshefte und einen jährlichen Bundeszuschuss.
Und seit 1964 hat die Stiftung schon manch Gräuliches zu Tage gefördert: Weichmacher in Slipeinlagen und Mineralölrückstände in Adventskalenderschokolade. Zerberstende Elektrofahrräder und gemeingefährliche Komposthäcksler. Die regelmäßigen Berichte der Stiftung Warentest: für den deutschen Verbraucher ein ähnlich schauriges Vergnügen wie der Sonntagstatort.
Sollen andere ruhig der Werbung auf den Leim gehen! Der deutsche Verbraucher achtet nicht auf launige Slogans, sondern vor allem auf das Gütesiegel der Stiftung Warentest. Denn ihr vertrauen die Deutschen laut einer Forsa-Umfrage mehr als Polizei, Kirche und Greenpeace.
Der deutsche Verbraucher: ein schutzbedürftiges Wesen
Zu verdanken hat der deutsche Verbraucher das alles vor allem dem einstigen Wirtschaftsminister und späteren Bundeskanzler Ludwig Ehrhard. Der erkannte, dass der deutsche Verbraucher inmitten der Verlockungen des Wirtschaftswunders ein schutzbedürftiges Wesen war. Schon damals gingen die Testkäufer diskret vor. Anonyme Agenten, die sich in Kaufhäusern und Fachhandlungen unter die Masse der Kunden schmuggeln, kaufen die Produkte. In bar. Damit der Zahlungsverlauf nicht nachvollzogen werden kann. Die Stiftung will so ausschließen, dass ihr manipulierte Ware untergeschoben wird. In unabhängigen Instituten werden die Produkte dann mehreren Härtetests unterzogen. Sehr zum Leidwesen vieler Hersteller. Jedes Jahr wird die Stiftung Warentest durchschnittlich 10 Mal verklagt. Doch sie bleibt unerschrocken.
Bis auf das Jahr 2002 vielleicht. Da wurde die September Ausgabe von Finanztest zurückgerufen. Die Prüfer hatten sich bei der Bewertung der Riesterrente etwas zu sehr vertan. Der deutsche Verbraucher musste sich mit aufrichtiger Empörung fragen: Wer testet eigentlich die Stiftung Warentest?
Aber: Schwamm´ drüber! Am 16. September 1964 wurde die Gründung der Stiftung Warentest durch die Bundesregierung beschlossen. Ein Glückstag für Verbraucher! Und ein Grund, um anzustoßen.
Am besten mit deutschem Bier, nach dem Reinheitsgebot gebraut. Da weiß man was man hat. Obwohl ... vielleicht doch noch mal testen.. ...?