19. September 1960 Chubby Checkers "The Twist" erreicht Platz 1
Wo der eine mit seiner wilden und ungehaltenen Musik aneckt, stürmt der andere mit just dieser Musik die Charts. So jedenfalls macht es Chubby Checker. Seine Version von "The Twist" kommt nicht zuletzt deshalb besser an als die von Hank Ballard, weil Checkers Image einfach sauberer ist. Autorin: Carola Zinner
19. September
Dienstag, 19. September 2023
Autor(in): Carola Zinner
Sprecher(in): Caroline Ebner
Redaktion: Susi Weichselbaumer
Tanzen, das ist auf den ersten Blick eine harmlose Angelegenheit: Männer und Frauen drehen sich im Kreise, wiegen sich im Takt der Musik: ach, es könnte so einfach sein! Wenn da nicht dieser verflixte Drang der Jugend wäre, sich ständig dem Neuen, Modernen zuzuwenden und dabei die alten Sitten über den Haufen zu werfen. Das war schon beim Wiener Walzer so: Dass bei den Drehungen die Knöchel der Damen zu sehen waren, und dazu noch diese permanente Anfasserei: ein Skandal. Nicht anders war es in den 1920er Jahren, als der Charleston Po und Busen wackeln ließ, oder in den 50ern, als beim Rock´n Roll die Unterhöschen blitzten. Und dann, fünf Jahre später: der Twist. Was so unanständig daran war, sich unbeeindruckt vom Takt der Musik auf den Fußballen nach links und rechts zu drehen und dabei die angewinkelten Arme zu schwingen, lässt sich heute nicht mehr ganz nachvollziehen. Es hatte wohl etwas mit der Bewegung der Hüfte zu tun: als der Twist Europa erreichte, sprach der italienische Psychologenverband von der "Pantomime eines Sexualtraums". Huiuiui.
Schwingen und kreisen
Angefangen hatte das Ganze in den USA mit dem Song "The Twist" des Afroamerikaners Hank Ballard, der bekannt war für eingängige Rhythmen und leicht frivole Texte. Bei der Aufnahme von "The Twist" allerdings war sogar ihm die Sache wohl ein bisschen zu brenzlig geworden: er änderte die ursprüngliche Zeile "up and down" in "around and around". Ganz verschwunden war das rhythmische "up and down" damit jedoch nicht: der neu zum Song entstandene Tanz, den Ballard bei Auftritten auch vorführte, ließ recht deutlich erkennen, was gemeint war. Und genau das war wohl ein Grund, warum dann nicht ER mit dem Stück den Durchbruch hatte, sondern Chubby Checker, dessen Stärke die Imitation von Rock´n´Roll-Stars war.
Checker verkauft es besser
Mit einer Stimme, die geradezu identisch mit der Ballards war, hatte er auch irgendwann mal "The Twist" aufgenommen. Anders als Ballard besaß Checker jedoch ein blitzsauberes Image, und das war genau das, was die Macher der Fernsehshow American Bandstand brauchten, um das Stück ins Programm zu nehmen. So kam es, dass Chubby Checker amerikaweit zur besten Sendezeit "The Twist" vortrug, was wiederum dazu führte, dass der Song am 19. September des Jahres 1960 an der Spitze der US-Charts landete und eine gigantische "Twistmania" ins Rollen kam.
Bis der Tanz dann allerdings wirklich arriviert war, dauerte es noch ein Weilchen. So beeilte sich etwa das Weiße Hauses mit einer Gegendarstellung, als es von Jackie Kennedy hieß, sie habe in einem Nachtclub Twist getanzt: alles nur eine Verwechslung. Auf so etwas konnte sich hierzulande die Tochter eines CSU-Abgeordneten offenbar nicht berufen: sie wurde, weil sie barfuß Twist getanzt hatte, wegen "sittenwidrigen Verhaltens" zu einer Geldstrafe verurteilt. Und im oberösterreichischen Vorarlberg verbot man den Twist gleich ganz. Und machte ihn - und damit auch Chubby Checker - natürlich so erst recht berühmt.