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Das Bienenvolk Perfekte Aufgabenteilung unter Bienen

Ein Bienenvolk ist perfekt durchorganisiert und ähnelt einem "Superorganismus" mit einer ganz eigenen, kollektiven Intelligenz - und verschiedenen Persönlichkeiten.

Stand: 18.05.2021

Warum brauchen wir Bienen?: Die wunderbare Organisation der Bienen

Ein Bienenvolk besteht fast ausschließlich aus unfruchtbaren Weibchen, den Arbeiterinnen. Sie erfüllen viele verschiedene Aufgaben, von der Brutpflege bis hin zum Futtersammeln. Das einzige vermehrungsfähige weibliche Wesen in einem Bienenvolk ist die Königin, genauso wie übrigens auch beim Nacktmull.

Drohnen haben nur den einen Zweck

Männliche Tiere, die sogenannten Drohnen, gibt es nur für ein paar Wochen im Jahr. Sie haben nur einen Lebenszweck: die Königin auf ihrem Hochzeitsflug zu begatten. Und dabei sterben sie. Drohnen, die dieses Schicksal nicht ereilt hat, werden nach der Begattungssaison aus dem Stock geworfen.

Arbeitsbienen und ihr besonderes Schlafverhalten

Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen Bienen nicht als Sammlerinnen, sondern im Dunkel des Bienenstocks als "Innendienst-Bienen": Sie bewachen den Eingang zum Stock, legen Futtervorräte für den Winter an, pflegen die Brut - jede Arbeiterin hat eine Aufgabe, die je nach Lebensalter wechselt.

Eine Studie zeigt, dass Bienen je nach "Berufsgruppe" getrennt voneinander schlafen.

Dabei verändert sich auch ihr Schlafverhalten, wie eine Studie 2014 zeigte: Junge Honigbienen sind beispielsweise für die Reinigung von Waben zuständig. Sie schlafen nahe dem Brutbereich, wo reges Treiben herrscht. Dabei schlüpfen sie in leerstehende Wabenzellen und haben mehrere Schlafphasen. Die älteren Nahrungs-Sammlerinnen, die auch aus dem Stock herausfliegen, schlafen dagegen eher an seinem Rand und in der Regel außerhalb von Zellen. Zudem halten diese Sammlerinnen ein klares Tag-Nacht-Schema ein, weil sie sich mehr Informationen merken müssen als die Bienen im Zentrum des Stocks. Durchgehender Schlaf diene nun mal der Konsolidierung des Gedächtnisses, so der Bienenforscher Jürgen Tautz. Sein Team vom Bienenzentrum in Würzburg hatte das Schlafverhalten von rund hundert Tieren beobachtet.

Heizer- und Tankwartbienen

Die Bienenkönigin mit Arbeiterinnen

In Bienenstöcken wird nicht nur zwischen Arbeiterin und Königin unterschieden. Für Spezialaufgaben haben sich ganze Berufsgruppen herausgebildet. Ein Beispiel für besondere Arbeitsteilung haben Würzburger Forscher 2008 beobachtet. Weil im Brutnest der Honigbienen während der zehntägigen Puppenphase immer konstant 35 Grad Celsius herrschen müssen, gibt es "Heizerbienen". Sie schlagen mit ihren Flügeln und erzeugen damit die nötige Wärme.

Nach 30 Minuten sind die Heizerbienen völlig erschöpft und brauchen dringend Honig. Der Weg zu den honiggefüllten Waben im Stock ist für sie dann allerdings zu weit. Deshalb kommen "Tankwartbienen" ins Spiel. Sie verteilen von Mund zu Mund Honig an die Heizerbienen. Die Forscherin Rebecca Basile hat diese Berufsgruppe beim Verfassen ihrer Doktorarbeit entdeckt. Die Tankwartbiene kann demnach in 20 Minuten und mit sechs Umläufen bis zu 30 Heizerbienen versorgen. Zwischendrin kehrt sie zum Nachtanken in das Honiglager zurück.

Die Bienenkönigin: Der Duft macht sie einzigartig

Dafür, dass sie die Einzige ihrer Art bleibt, sorgt die Bienenkönigin durch ein spezielles Pheromon, einen Duftstoff. Es unterdrückt bei den Arbeiterinnen die Eiablage. Sollte es doch einmal dazu kommen, dass eine Arbeiterin Eier legt, werden sie von den anderen Arbeiterinnen oder der Königin sofort zerstört. Außerdem beeinflusst der Duftstoff das Lernverhalten der Bienen.

Wann stechen Bienen?

Pheromon als Signal

Bei den Bienen haben nur die Weibchen einen Giftstachel.

Bienen stechen, um sich gegen Angreifer zu verteidigen. Und das passiert in einem Bienenvolk sehr koordiniert. Bei Gefahr fangen die ersten Bienen an zu stechen. Dabei verströmen sie einen Duftstoff, ein sogenanntes Pheromon. Das veranlasst weitere Bienen dazu, zuzustechen. Also: Je mehr Pheromon, desto heftiger wird zugestochen? Nicht ganz.

Angriff und Abbruch

Pheromon in der Umgebungsluft steuert das Verhalten der Bienen.

Je mehr Pheromon in der Umgebungsluft ist, desto aggressiver werden die Bienen zunächst. Wenn ein Peak erreicht ist, also ab einer bestimmten Konzentration, lässt die Aggressivität nach. Das geschieht dann, wenn noch mehr Stiche nichts mehr bewirken.

Opferzahlen niedrig halten

Der ausgestopfte Bär "Bruno" mit Bienen auf der Schnauze.

Mit diesem Verhalten sorgt das Bienenvolk dafür, dass möglichst wenige Bienen geopfert werden. Bienen bezahlen den Stich nämlich mit ihrem Leben. Entscheidend für die Verteidigungsreaktion ist auch die "Gefährlichkeit" des Angreifers. Ein Bär bekommt sicher mehr Stiche ab als zum Beispiel ein kleines Kind.

Wenn es zu voll wird: der Bienenschwarm sorgt für Entlastung

Löwe im Pelzmantel?

Wird es einem Bienenvolk zu eng in seiner Behausung, bildet es einen Schwarm: Arbeiterinnen bereiten spezielle Zellen vor, sogenannte Weiselzellen, in die die Königin jeweils ein Ei ablegt. Die Arbeiterinnen versorgen die Larven in diesen Zellen ausschließlich mit Gelée Royale, sodass aus ihnen neue Königinnen schlüpfen können. Bevor es allerdings soweit ist, verlässt die alte Königin mit Tausenden von Bienen den Bienenstock. Sie lassen sich in der Umgebung in einer großen Traube nieder und suchen sich eine neue Behausung. Den alten Bienenstock übernimmt diejenige der neuen Königinnen, die zuerst schlüpft. Ihrer Konkurrentinnen entledigt sie sich, indem sie sie tötet.

Die Dynamik eines Bienenschwarms

Bei der Entscheidung für einen neuen Nistplatz liegen größere Bienenschwärme möglicherweise häufiger richtig als kleinere. Dies liegt nicht an der höheren "Intelligenz" der Schwärme, sondern an der größeren und schnelleren Auswahl durch die Zahl ihrer Kundschafter, berichteten australische Biologen von der Universität Sydney im Juli 2013.

So teilt der Imker einen Bienenschwarm

Wenn der Imker eingreift

Wenn ein gutgenährtes Bienenvolk sich stark vermehrt hat und spürt, dass es im Stock allmählich eng wird, züchtet es im Sommer neue Königinnen heran. Normalerweise teilt es sich jetzt alleine, schwärmt aus - und kann oft nicht überleben, weil ihm der geeignete Lebensraum fehlt. Deshalb greift der Imker ein und bietet dem neuen Volk optimale Startbedingungen.

Einen Schwarm teilen

Der Imker kehrt beim Teilen des Schwarms rund eineinhalb bis zwei Kilogramm Jungbienen von den Waben ab und setzt sie in einen Extra-Kasten ohne Königin. Deren Fehlen bemerken die Bienen schnell. Der Imker bietet ihnen eine junge Königin an, indem er sie in einem kleinen Käfig, der mit Zuckerteig verschlossen ist, in den Kasten stellt. Zwei bis drei Tage brauchen die Bienen, bis sie sich aneinander gewöhnen, dann fressen sie den Teigverschluss ab und befreien ihre neue Königin. Innerhalb von acht Wochen kann so ein neues 20.000 bis 30.000 Bienen starkes Volk angelegt werden.

Hilfe gegen Bienensterben

Durch Kunstschwärme versuchen Imker die Verluste durch das Bienensterben ausgleichen. So wird zwar eine durch das Bienensterben ausgelöste ökologische und wirtschaftliche Katastrophe verhindert - aber eben auch nur das Symptom, nicht die Ursache, kuriert.

Einmal Kunstschwarm per Express

Der Vorteil der Kunstschwärme: Sie können sogar per Post samt Königin verschickt werden. Für Hobbyimker ist das allerdings ein teurer Spaß: Ein Kunstschwarm, der per Post geliefert wird, kostet um die hundert Euro.

Tanzende Kundschafterinnen und wartende Sammlerinen

Sogenannte Kundschafterinnen suchen nach neuen Nahrungsquellen, Wasservorkommen oder einer neuen Heimat für ihren Schwarm. Das sind ältere Bienen, erst ab dem 22. Lebenstag verlassen sie erstmals ihren Stock. Dabei entfernen sie sich bis zu vier Kilometer von ihrem Bienenbau. Wenn die Kundschafterinnen eine ergiebige Nahrungsquelle gefunden haben, kehren sie in den Bienenstock zurück. Dort warten schon die Sammlerinnen und werden mit verschiedenen Tänzen über die Futterstelle informiert.

Der Bienentanz - vom Rundtanz bis zum Schwänzeltanz

Getanzte Informationen

Zoologe Karl von Frisch

In den 1940er-Jahren erforscht der Zoologe Karl von Frisch, wie Bienen miteinander kommunizieren. Er stellt fest: Mit dem sogenannten Schwänzeltanz geben Kundschafterinnen an ihre Artgenossinnen weiter, wo Futter zu finden ist. Die anderen Bienen können die codierten Informationen, die in der Choreografie stecken, entschlüsseln und zielgenau die angegebene Futterquelle ansteuern, das sind die Sammelbienen. Doch ganz so einfach ist der Bienentanz nicht.

Rundtanz

Wenn sich in der näheren Umgebung eine Futterquelle befindet, tanzt die Kundschafterin den sogenannten "Rundtanz". Dabei läuft die Biene mehrere Minuten in einem kleinen Kreis und ändert dann ihre Drehrichtung. Die Sammlerinnen werden dadurch aufmerksam und nehmen den Geruch der Pflanze wahr, indem sie mir ihren Fühlern den Hinterleib der Kundschafterin berühren. Die Kundschafterin tanzt den Rundtanz an mehreren Stellen im Bienenstock, um so viele Sammlerinnen, wie möglich zu informieren. Beim Rundtanz ist die Nahrungsquelle nur etwa 100 Meter vom Stock entfernt, die Sammlerinnen orientieren sich dann weitgehend am Duft der Blüten.

Schwänzeltanz

Ist die Nahrungsquelle weiter entfernt, führt die Kundschafterin im Bienenstock den "Schwänzeltanz" auf. Sie läuft ein kurzes Stück geradeaus und schwänzelt dabei mit dem Hinterleib hin und her. Dann kehrt sie in einem Bogen zum Ausgangspunkt zurück. Laut Karl von Frisch können die anderen Bienen anhand der kurzen "Schwänzelstrecke" ermitteln, in welchem Winkel zur Sonne sie fliegen müssen, um die Futterquelle zu finden. Die Länge der Schwänzelphase gibt ihnen an, wie weit das Futter entfernt ist.

Kundschafterbiene beim Schwänzeltanz

Inzwischen gehen Forscher davon aus, dass der Schwänzeltanz für die Futtersuche längst keine so große Bedeutung hat, wie von dem Zoologen Karl von Frisch angenommen wurde. Jürgen Tautz, Vorsitzender der Bienenforschung Würzburg e.V., ist der Ansicht, dass die Länge der Schwänzelphase nicht die Länge der Flugstrecke wiedergibt, sondern die Anzahl der Bilder, die während des Fluges am Auge der Biene vorbeiziehen. Eine große Rolle bei der Futtersuche spielen Düfte. Eine Biene, die Futter gefunden hat, bringt den Duft der Futterstelle mit in den Bienenstock. Außerdem kann sie mit einer Drüse am Hinterleib die Futterquelle mit einem speziellen Duftstoff markieren, der andere Bienen anlockt.

Zahlen über die Bienen

2

Schon 2 Tage nach ihrer Geburt erlernen Bienen ihren ersten Beruf: Sie werden Arbeitsbienen und sind für das Putzen der Wabe und das Heizen zuständig.

12

Ab dem 12. Lebenstag schulen die Bienen um: Jetzt bauen sie die Waben, vermauern Ritzen und Fugen mit Propolis. Mit dem desinfizierenden Propolis balsamieren sie auch ihre Toten ein und schaffen sie gefahrlos aus dem Stock.

18

Ab dem 18. Lebenstag wird die Arbeitsbiene zur Kriegerin: Sie bewacht das Einflugloch und opfert, wenn ein Feind eindringt, notfalls sogar ihr eigenes Leben. Vor allem dunkle Kleidung reizt sie - sie vermutet dann einen Bären und greift an. Aus diesem Grund tragen Imker helle Kleidung.

22

Nach dem 22. Lebenstag gehört die Biene bereits zu den Seniorinnen. Jetzt erst verlässt sie erstmals ihren Stock, um draußen Nektar und Pollen zu sammeln. Begleitet wird sie dabei anfangs von einer erfahrenen Kollegin.

40

Auf 40 Grad kann eine Arbeitsbiene ihren Körper erwärmen, um damit ihre Umgebung zu heizen. Das hält sie allerdings nicht lange aus: Nach 30 Minuten ist sie so erschöpft, dass Futterbienen ihr helfen müssen, wieder zu Kräften zu kommen.

3.000

Eine einzige Biene bestäubt in ihrem Leben rund 3.000 Blüten. Fast 80 Prozent all unserer Obst- und Gemüsesorten verdanken wir dem Arbeitseifer der Bienen.

100.000.000

100 Millionen Jahre ist es her, dass die Bienen entstanden sind. Damals gab es noch keine Säugetiere, nur Kaltblüter, bei denen ein Stich für die Biene ohne Folgen blieb. Denn nur bei Säugetieren wie dem Menschen bleibt der Stachel stecken und zerreißt die Biene.

Sendungen über Bienen: